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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Wurfmesser meiner Mutter aufblitzen, die in ihrem Gurt fest auf meinen Rippen saßen. Schmuck oder Waffen, es gab keinen Unterschied, wenn es darum ging, den Trost von etwas Vertrautem auf unseren Körpern zu spüren. Ich verstand es, mir ging es ja genauso.
    »Wie zwei Erbsen in einem Topf«, murmelte Grant und berührte eines der Messer. Seine Knöchel streiften meine Brust und verharrten dort.
    Hinter uns hüstelte jemand. Grant zuckte zusammen. Ich schloss meine Lederjacke und drehte mich um. Die Frau von der Bar steckte den Kopf durch die Toilettentür. Ihre pinkfarbenen Antennen wackelten. Der Blick ihrer dunklen Augen war ernst, doch sie verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Dafür habe ich hier Zimmer«, erklärte sie in breitem Texas-Slang. »Genau genommen habe ich bereits einen Raum für euch beide reserviert.«
    »Wir wurden von …«, begann ich, aber sie schnitt mir mit einem Kopfschütteln das Wort ab.
    »Von Vater Frank geschickt«, erklärte sie, und ihr Lächeln erlosch. »Ich weiß. Er hat mich gewarnt.«
    »Wovor hat er Sie denn gewarnt?«, erkundigte sich Grant behutsam.
    »Oh«, die Augen der Frau funkelten geheimnisvoll, »vor fast gar nichts.«
    Sie zog den Kopf zurück, doch ihre melodische Stimme drang in den Waschraum. »Ich bin übrigens Killy. Und jetzt kommen Sie bitte. In Kürze erwarte ich einen Dämon.«

11
    K illy führte uns durch die Tür am Ende des Flurs und eine schmale, knarrende Treppe hinauf. Ihre Cowboystiefel machten genauso viel Lärm wie meine; auf dem Weg in den ersten Stock waren wir laut genug, um Tote aufzuwecken. Unter ihrem Jeans-Minirock blitzte Killys rosa Höschen auf, und Dek und Mal reckten ihre Hälse, um besser sehen zu können. Ich gab ihnen jeweils einen Klaps auf die Köpfe und schob sie in mein Haar zurück. Sie knurrten leise am meinem Ohr, zogen sich dann jedoch zurück und schmiegten sich warm und schwer an meine Kopfhaut.
    Es gelang mir, so lange den Mund zu halten, bis ich mir sicher war, dass wir vollkommen ungestört waren.
    »Was haben Sie damit gemeint«, fragte ich dann, »als Sie sagten, Sie erwarteten in Kürze einen Dämon?«
    Killy summte und sah an mir vorbei zu Grant hinüber, der sehr vorsichtig mit seinem Gehstock die Treppe hinaufging. »Brauchen Sie dafür ein Heizkissen, Honey?«
    »Ich glaube, sie hat Ihnen gerade eine Frage gestellt«, erwiderte er düster, als er die Treppe endlich geschafft hatte. Auf dem Treppenabsatz stapelten sich Kisten mit Whiskyflaschen und Zigarettenpackungen.

    Sie ignorierte seine Worte. »Jemand hat Sie mit einem Vorschlaghammer bearbeitet, stimmt’s?«
    Grant blieb stehen und stützte sich mit vollem Gewicht auf den Stock. Dabei war sein Blick abwägend und bedrohlich. »Eigentlich sind Sie ganz nett, aber treiben Sie es bloß nicht zu weit.«
    Killy hob die Hände. »Schon gut. Aber mein Angebot steht. Seit wann können Sie denn wieder gehen? Seit etwas mehr als einem Jahr? Ich wette, Ihr Bein schmerzt höllisch.«
    »Dämonen«, antwortete ich und trat vor Grant hin. Es beunruhigte mich, dass sie so viel über ihn wusste, und es gab da auch noch zahlreiche andere Dinge, die mir Unbehagen bereiteten.
    Killy presste die Lippen zusammen, trat rückwärts zu einer Tür und tastete nach dem Griff. »Das ist aber ein recht vages Wort, mit dem man viele Dinge verschleiern kann.«
    Das Zimmer war ein Schlafraum, nichts Schickes. Eine Matratze auf dem Fliesenboden, auf der Decken gestapelt waren. Hinter einem halb geschlossenen Vorhang verbarg sich ein großes Fenster. Die Decken waren niedrig, die Wände schmutzig weiß, und der Geruch von scharfen Reinigungsmitteln konnte den alten Gestank von Erbrochenem nicht ganz überdecken.
    »Manchmal lasse ich die Leute hier oben ihren Rausch ausschlafen«, sagte Killy. »Keine Angst, hinterher mach ich mit Bleiche wieder sauber.«
    »Das interessiert mich überhaupt nicht«, gab ich zurück. »Wer sind Sie, und woher wissen Sie so viel?«
    Sie warf mir einen langen, gelassenen Blick zu, und in diesem Augenblick bemerkte ich, dass es ihre Augen waren, die ihr Erscheinungsbild störten. Sie waren groß, haselnussbraun und unter schweren Lidern verborgen. Es fiel schwer, diesem
Blick standzuhalten, es war ganz so, als würde ich einen Teil von mir selbst vor ihm enthüllen. Langsam dämmerte mir, dass vielleicht genau das der Fall sein konnte. Es fiel mir gar nicht schwer, daran zu glauben, nicht nach all dem, was ich mittlerweile über die Welt wusste.
    Fast konnte

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