In den Armen des Eroberers
entschied sich für eine besonnene Vorgehensweise. »Informiere meinen Gatten sofort über das, was Carter gehört hat.«
Sligo biß sich auf die Unterlippe.
Fassungslos forschte Honoria in seinem Gesicht. »Sligo. Wo ist er?«
Sligo straffte die Schultern. »Der Capt'n muß von unserem Plan erfahren haben. Als die Jungs ihm heute morgen gefolgt sind, hat er sie abgehängt. War nicht wieder aufzufinden.«
Honoria war empört. Da hatten sie endlich einmal eine Spur, und ihr Gatte war wie vom Erdboden verschwunden. Mit schmalen Augen sah sie Sligo an. »Wo pflegt mein Gatte mittags zu speisen?«
»In einem seiner Clubs, Madam. White's, Watier's oder Boodle's.«
»Schicke Leute hin. Sie sollen meinen Gatten, sobald er eintrifft, informieren, daß ich unverzüglich mit ihm sprechen muß.«
»Jawohl, Madam.«
22
Es wurde zwei Uhr nachmittags, und Honoria schritt rastlos auf und ab. Um vier rief sie Sligo zu sich.
»Habt ihr meinen Gatten gefunden?«
»Nein, Madam. Ich habe Leute zu White's, Watier's und Boodle's geschickt – wenn er kommt, erfahren wir es sogleich.«
»Würde Carter die Rabauken, denen er gefolgt ist, wiedererkennen?«
»Aye – er sagt, er würde sie auf Anhieb erkennen.«
»Wie lange liegen die Schiffe gewöhnlich in den Docks vor Anker?«
»Zwei, höchstens drei Tage.«
Honoria holte tief Luft. »Laß die Kutsche vorfahren – die ohne Wappen.«
Sligo blinzelte. »Wie bitte?«
»Carter ist doch so weit wiederhergestellt, daß er uns helfen kann?«
»Uns helfen kann?« Sligo schien nicht zu begreifen.
Honoria runzelte die Stirn. »Die Männer zu identifizieren, die Seine Gnaden überfallen haben. Sofern sie sich im Anchor's Arms aufhalten.«
»Im Anchor's Arms ?« Ein Ausdruck des Entsetzens trat in Sligos Augen. »Da könnt Ihr nicht hingehen, Madam.«
»Warum nicht?«
»Ihr … das geht einfach nicht. Das ist eine Hafenkneipe – Ihr würdet Euch dort nicht wohl fühlen.«
»Im Augenblick geht es nicht darum, ob ich mich wohl fühle oder nicht.«
Sligos Verzweiflung wuchs. »Der Capt'n wäre nicht damit einverstanden.«
Honoria bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, der Sligos Herrn zur Ehre gereicht hätte. »Sligo, dein Capt'n ist nicht hier. Er hat sich davongestohlen und treibt sich Gott weiß wo herum. Wir aber haben Informationen, die, sofern wir schnell handeln, dazu dienen können, seinen Mörder zu stellen. Falls wir warten, bis dein Capt'n heimzukommen geruht, hat sich diese günstige Gelegenheit womöglich schon mit der Abendflut davongemacht. In der Abwesenheit Seiner Gnaden werden wir – du und ich – Carter zum Anchor's Arms begleiten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
Sligo öffnete den Mund – und schloß ihn wieder.
Honoria nickte. »Die Kutsche, bitte. Ich gehe mich umkleiden.«
Der Schwachpunkt in Honorias Plan wurde offenbar, sobald sie vor dem Anchor's Arms angelangt waren, einer Kneipe in einer schäbigen, engen Straße in den Docks. Schwefliger Nebel hüllte das Dach des Hauses ein. Durch die offene Tür waren tiefe Männerstimmen zu hören, gelegentlich auch das Kreischen einer Frau.
Sligo und Carter hatten auf dem Kutschbock gesessen. Jetzt sprang Sligo geschickt aufs Pflaster, schaute sich um und öffnete den Schlag.
Im Licht der Kutschenlaterne zog Honoria eine Braue hoch.
»Es gibt ein Problem.«
»Ein Problem?« Honoria spähte durch die Tür ins Innere des Gasthauses. Die Ledervorhänge vor den Kutschenfenstern waren geschlossen. »Was für ein Problem?«
»Diese Gegend ist gefährlich.« Sligo blickte sich gehetzt um. »Wir hätten mehr Männer mitnehmen sollen.«
»Warum? Ich bleibe hier, während du mit Carter hineingehst. Falls die Männer drinnen sind, bringt ihr sie hierher zu mir.«
»Wer paßt auf Euch auf, solange wir in der Kneipe sind?«
Honoria blinzelte. »Der Kutscher ist ja auch noch da.« Noch während sie sprach, spürte sie Sligos Unbehagen.
Er schüttelte den Kopf. »Der hat genug mit den Pferden zu tun. Falls jemand Euch packen will, braucht er nur die Pferde zu erschrecken. Und ich will Carter auch nicht allein in die Kneipe schicken. Falls die Männer dort sind, kommt er womöglich nicht zurück.«
Honoria verstand wohl, mußte aber dennoch unbedingt herausfinden, ob die Männer anwesend waren. »Dann komme ich mit. Da drinnen ist es nicht sonderlich hell – wenn ich mich im Schatten halte, wird kein Mensch mich beachten.« Mit diesen Worten erhob sie sich von ihrem Sitz.
Sligo riß den Mund
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