In den Armen des Feindes
gestorben waren.
"Gerade weil ich weiß, dass Ihr Euch um Eure Pächter und Bediensteten sorgt, glaube ich auch, dass Ihr es ihnen leichter machen werdet, meine Anwesenheit zu akzeptieren." Er schien ihren Protest vorauszuahnen, denn er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. "Ich weiß, Ihr wollt die Wirklichkeit nicht sehen. Ihr wollt nicht wahrhaben, dass jetzt Euer gefürchteter Feind über Beaumont herrscht. Aber es ist nun einmal so. Wenn Ihr mich bei Euren Leuten in Verruf bringt, werdet Ihr ihnen nur Kummer und Verdruss bringen. Wollt Ihr wirklich, dass Eure Pächter revoltieren und ihr Leben riskieren im Kampf gegen kriegserfahrene Ritter, nur um Euch als Herrin zu behalten? Und versteht mich recht, sie würden tatsächlich ihr Leben riskieren."
"Scheusal!" Rosalind sprang auf, so dass sie auf ihn hinuntersehen konnte. "Wie könnt Ihr es wagen, diesen guten Leuten zu drohen, wo sie doch schon alles für Euch getan haben! Alles, außer Euch die blutigen schottischen Stiefel zu küssen."
Er blieb gelassen sitzen, als hätte ihr Zornesausbruch keinerlei Eindruck auf ihn gemacht.
"Ihr wisst sehr gut, dass ich niemanden bedroht habe. Ich wollte Euch nur darum bitten, mich zu unterstützen und nicht Euren ganzen Haushalt gegen mich aufzuhetzen. Wenn Ihr bereit wäret, die Sache vernünftig zu betrachten, würdet Ihr erkennen, dass ich Recht habe."
"Vernünftig?" Eine erneute Welle des Zorns drohte sie zu überwältigen. "Es war mehr als vernünftig von mir, dass ich Euch erlaubt habe, mein Gemach zu betreten. Jeden Augenblick, in dem ich Euch nicht ins Gesicht spucke, bin ich vernünftig. Es ist völlig unvernünftig von Euch zu glauben, nur weil Ihr im Moment im Vorteil seid, würde ich mich unterwerfen, wie sich ein gehorsames kleines Mädchen einem bösen Feind unterwirft."
"Wegen Eures verletzten Stolzes seid Ihr bereit, das Leben der Menschen von Beaumont zu riskieren?" Seine Stimme bebte vor verhaltener Wut, und seine Hand umklammerte den Trinkbecher.
"Ich riskiere nicht das Leben meiner Leute, Barbar!" Irgendwann während ihrer Unterhaltung hatte sie erkannt, dass sie diesen Mann beschimpfen konnte, ohne um das Wohl der Bewohner von Beaumont fürchten zu müssen. Er konnte vielleicht ihr Heim an sich reißen, aber er würde seine Gefühle nicht an ihren Leuten auslassen. Seltsam, sie hatte bereits begonnen, ihm ein wenig zu vertrauen. "In Kürze werde ich Euch los sein. Wenn der König uns nicht zu Hilfe kommt, so hat Will noch andere Verbündete, an die er sich wenden kann."
Sie starrten einander an. Die strahlend blauen Augen ließen Rosalind nicht los. Mit ihrer Verhandlung waren sie nun beide in einer Sackgasse gelandet.
"Ich denke, unser Gespräch ist damit beendet", sagte Rosalind endlich und wendete sich von Malcolm ab.
Er erhob sich und stellte seinen Becher so heftig auf das Tablett, dass es knallte. "Nein, Rosalind."
Die tiefe Stimme, das Selbstbewusstsein, mit dem er ihr widersprach, ließ sie innehalten. Ihr war, als würde ihr Herzschlag aussetzen.
Er trat näher, und bevor sie wusste, was er vorhatte, packte er sie an den Schultern und zog sie dicht an sich heran.
Durch den dünnen Stoff ihrer Tunika fühlte sie seine warmen Hände. Die Berührung verwirrte sie, obwohl sie nicht gerade sanft war. Doch bedrohlich wirkte sie auch nicht.
"Wenn unser Gespräch erfolgreicher verlaufen wäre, wäre das hier jetzt nicht nötig." Für einen Augenblick war etwas wie Bedauern in seiner Miene zu lesen. "Doch wie die Dinge stehen, werdet Ihr in Eurem Gemach eingesperrt bleiben, bis wir uns besser verstehen."
Ihr Herz schlug so heftig, dass es ihr in den Ohren dröhnte. "Besser für wen?"
"Für mich natürlich." Er grinste sie selbstbewusst an. "Früher oder später werdet Ihr nachgeben."
Und er zwinkerte ihr tatsächlich auch noch zu, bevor er aus dem Turmzimmer schritt.
Rosalind schnappte sich ein Kissen vom Stuhl und warf es gegen die Tür. Ihr Zorn ließ dadurch ein wenig nach, aber nicht dieses Kribbeln, das sie immer noch an den Stellen fühlte, wo er sie berührt hatte.
4. Kapitel
"Verdammt noch mal! Wenn der Verwalter hier geblieben wäre, könnte er sich jetzt um die Ernte kümmern." Malcolm musterte blinzelnd die reifen Getreidefelder von Beaumont. Sein Bruder stand neben ihm.
Kaum sieben Tage nannte er Beaumont sein Eigen, und schon gab es nichts als Probleme – Streitigkeiten unter den Pächtern, zorniges Geflüster unter den Bediensteten wegen der Art, wie er
Weitere Kostenlose Bücher