In den Armen des Feindes
auch zufrieden mit ihm. Sie hingegen hatte sich diesem ritterlichen Engländer hier anverlobt, schon lange bevor sie entdeckte, wie angenehm Malcolms Küsse waren. Sie schuldete Gregory die Treue. Schließlich hatte er ihr über die dunkelste Zeit ihres Lebens hinweggeholfen.
Während die Stimmen näher kamen, traf sie einen Entschluss und wählte den einzig ehrenvollen Weg.
Sie griff nach Gregorys Hand und zog sich hinter ihm aufs Pferd, als Gerta und Balfour auch schon nach ihr riefen.
"Los!", drängte sie ihn mit vor Angst wild klopfendem Herzen.
Er brauchte keine weitere Aufforderung, und Sekunden später galoppierten sie bereits durch den Wald und über die dahinter liegende Weide. Bald war Beaumont zwischen den Hügeln verschwunden.
"Er wird uns verfolgen", schrie Rosalind ihm zu, um das Donnern der Hufe zu übertönen. "Wir müssen bald irgendwo Schutz suchen."
Gregory lachte. "Du überschätzt deinen Wert für die Schotten. Warum sollte ihm etwas an dir gelegen sein?"
Ja, warum? Vielleicht hatte Gregory Recht. Malcolm konnte ihre Flucht sehr willkommen sein. Das Ergebnis war am Ende das gleiche, als wenn er sie fortgejagt hätte. Sie wäre von Beaumont verschwunden und stünde ihm nicht mehr im Weg.
Die Vorstellung traf sie heftiger, als sie gedacht hatte. Indem sie ihn verließ, tat sie ihm auch noch einen Gefallen. Jetzt konnte er mit Beaumont verfahren, wie es ihm beliebte.
"Ärgere dich nicht, Rosalind." Gregory wandte sich im Sattel um und schenkte ihr ein Lächeln. "Du bist entkommen. In einer Stunde werden wir in einer englischen Festung in Sicherheit sein, inmitten all unserer Verbündeten."
Rosalind hielt sich an Gregory fest und wünschte, der Gedanke daran würde sie beruhigen. Während sie nach Süden ritten und sich immer weiter von der Burg entfernten, hoffte sie, dass sie das Richtige getan hatte. Ihr Körper protestierte gegen den rauen Ritt, und sie blickte immer wieder über die Schulter zurück, halb in der Hoffnung, Malcolms Männer würden auftauchen, um sie nach Beaumont zurückzubringen. Doch auf dem Pfad hinter ihnen blieb alles ruhig.
Sie wagte nicht daran zu denken, was sie alles auf Beaumont zurückgelassen hatte. Gertas Freundschaft. Die Leute von Beaumont, die ihre Familie waren.
Und vor allem verbot sie es sich, über Malcolm nachzudenken und darüber, dass sie nun niemals mehr seine himmlischen Küsse erleben würde.
Während Malcolm auf den nördlichen Feldern von Beaumont eine weitere Reihe goldener Ähren schnitt, dachte er darüber nach, dass es eigentlich eine willkommene Abwechslung war, das Schwert einmal gegen die Sense auszutauschen. Er genoss die tiefe Befriedigung beim Anblick der vielen Garben, die sich als sichtbarer Beweis seiner Arbeit am Ende des Tages vor ihm aufstapelten. Das Ritterhandwerk fuhr eine viel schrecklichere Ernte ein.
Seine Muskeln schmerzten wegen der ungewohnten Bewegungen, doch er wusste, dass er sich an dieses Leben würde gewöhnen können. Falls Robert the Bruce ihm Beaumont schenkte, würde er seine Zeit mit solch einfachen Freuden verbringen – die Felder abernten, mit den einfachen Leuten Bier trinken, bei Rosalind liegen …
Die Gedanken an sie verfolgten ihn bis in seine Träume und raubten ihm den Schlaf. Zu den unmöglichsten Gelegenheiten erinnerte er sich an den Rosenduft. Verdammt wollte er sein, wenn er wusste, wieso er sich von einer so starrköpfigen Frau angezogen fühlte. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass er sich vor Verlangen nach ihr verzehrte. Sobald er die Befestigungen Beaumonts wieder instand gesetzt hatte, würde er dafür sorgen, dass sie ihren englischen Knappen vergaß.
"Herr!" Ein aufgeregter Ruf, mit leicht schottischer Färbung, scholl über die sanft geschwungenen Hügel.
Malcolm warf die Sense beiseite und pfiff nach seinem Pferd. Als er sich in den Sattel schwang, war auch schon der Reiter in Sicht. Der junge Balfour Dugan? Er hatte zusammen mit Lachlan die südlichen Felder überwacht.
"Es geht um die Burgherrin", schrie Dugan mit von der Hitze gerötetem Gesicht. "Sie wird vermisst, und einer der Leibeigenen schwört, dass sie mit einem englischen Ritter davongeritten ist."
Malcolm war, als würde ihm ein Messer im Bauch umgedreht. Das war Verrat, da war er sich sicher. Doch die Angst um Rosalind traf ihn noch tiefer.
"Habt Ihr gefragt, ob der Ritter eine Standarte mit sich führte?" Wenn er die Identität ihres Entführers – oder noch schlimmer, ihres Mitverschwörers –
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