In den Armen des Scheichs
Geisteskrankheit?
Xavian rollte sich auf die Seite und schloss die Augen.
Akmal konnte er ebenso wenig trauen. Wie hätte er seinem Minister auch gestehen können, dass er, der König von Qusay, befürchtete, wahnsinnig zu werden?
„Xavian?“ Layla hatte es langsam satt, auf eine Einladung oder wenigstens ein kleines Zeichen ihres Mannes zu warten, aus dem sie schließen konnte, dass er ihr nicht mehr grollte. Es war nur die namenlose Angst um ihn gewesen, die sie so kratzbürstig auf seine späte Heimkehr hatte reagieren lassen. Doch als sie eine Hand auf seine abgewandte Schulter legte, schüttelte er sie ab und rückte noch ein Stück weiter von ihr weg.
Ganz fest presste er die Lider zusammen, um das Bild auszuschalten, wie er lang ausgestreckt auf dem Wüstensand lag und Wasser unter seinen Fingern spürte. Den Ozean, dessen Wellen über ihm zusammenzuschlagen drohten … und darüber die sengende Sonne, die seine salzwasserverkrustete Haut ausdörrte. Furcht und aufsteigende Panik schnürten ihm den Hals zu.
Und dann war er es, der sich umwandte, die Hand nach seiner Frau ausstreckte und sie ganz fest in seine Arme zog. Sie war so weich, so warm … sanft und real.
„Xavian, was ist mit dir?“, flüsterte Layla.
Natürlich hörte er sie, konnte aber nicht antworten, weil er selbst nicht wusste, was mit ihm geschah.
Layla hatte sich um ihn gesorgt, weil er so lange in der Wüste geblieben war, und fühlte sich jetzt noch mehr durch seine düstere Stimmung verängstigt. Und erst recht, seit er sich stumm neben sie gelegt und den leisesten Annäherungsversuch von ihrer Seite abgewiesen hatte.
Doch all das war in der Sekunde vergessen, als er sich ihrer Lippen bemächtigte und sie mit einem hungrigen, fast verzweifelten Kuss verschloss. Plötzlich war das Gefühl dieser unglaublichen Vertrautheit und Nähe wieder da, als würden sich nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen berühren.
Layla war verwirrt, aber nicht ängstlich und nur zu bereit, ihrem Mann zu geben, was er verlangte. Als Xavian den Saum ihres Nachthemdes hochstreifte, hob sie die Arme, um es ihm zu erleichtern, die zarte Seide über den Kopf zu ziehen.
Er schmeckte nach Salz, nach Wüste und unglaublich männlich. Seine rauen Wangen zerkratzten ihre zarte Haut, doch Layla empfand es als reine Liebkosung. Eine romantische, gefühlvolle Vereinigung war es ganz offensichtlich nicht, was Xavian in diesem Moment brauchte.
Vielleicht später, dachte Layla mit zärtlichem Lächeln, wenn sich die ersten stürmischen Liebeswogen wieder geglättet hatten. Jetzt verlangten sein Geist und Körper nach einer Katharsis, und sie war bereit, ihm auf dem wilden Ritt hinauf zu den Gipfeln der Ekstase zu folgen …
Viel später in der Nacht lag Xavian zu Tode erschöpft und gleichzeitig erfüllt von einem Frieden, wie er ihn nie zuvor verspürt hatte, auf dem Rücken und strich Layla, deren Kopf auf seiner Brust ruhte, eine feuchte dunkle Haarsträhne aus der Stirn. Der Duft ihres geölten Körpers hüllte ihn ein, ihr süßer Atem streichelte seine Haut.
Und unerwartet hörte Xavian seine eigene Stimme fragen: „Warum sollten sie mich mit einem rauen Seil an mein Bett gefesselt haben …?“
Es folgte ein langes Schweigen. Dann griff Layla nach seiner Hand, und er fühlte den Druck ihrer weichen Lippen auf der Narbe.
„Ich fange an, mich zu erinnern …“
Laylas Atem stockte. „Erinnern? Woran?“, fragte sie rau.
„Ich weiß nicht.“
Doch Layla wusste plötzlich, wie wichtig und existenziell dieser Moment für ihn … für sie beide war, als Ehepaar, als Herrscher ihrer beider Königreiche und als Liebende. Langsam setzte sie sich auf, zündete eine Öllampe an und schaute Xavian aufmerksam an. In Sekundenbruchteilen erstarrte sein aufgelöstes Gesicht zu einer dunklen, undurchdringlichen Maske, und Layla wusste, dass sie einen schweren Fehler begangen hatte. Sie versuchte es trotzdem noch einmal.
„Woran beginnst du dich zu erinnern?“
„Vergiss es“, gab er kalt zurück und wandte ihr den Rücken zu.
„Xavian …?“
„Schlaf!“
Layla spürte einen heftigen Stich im Herzen und wusste, sie hatte ihn verloren …
4. KAPITEL
Der Anblick des Palastes aus dem Helikopterfenster raubte Layla den Atem. In der späten Morgensonne funkelte und glänzte er wie ein kostbares Juwel. Sie hatte den stolzen Prachtbau schon bei ihrer Ankunft in Qusay bewundert, war aber zu nervös gewesen, einzelne Details in sich aufzunehmen.
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