In den Armen des Spions
verzweifelt, beinahe besinnungslos -, aber er wollte, dass sie ihn aus denselben Gründen wollte.
Einfach darum.
Darum, weil er der Mann war, den sie wirklich haben wollte. Auf eine Weise, die sich nicht leugnen oder unterdrücken ließ.
Er wollte, dass sie ihn wollte.
Ihn. Seinetwegen.
Nicht, weil er einfach gerade da war und sie bei einem Mann liegen wollte, in den Armen eines Mannes lebendig werden wollte, um ein Gegengewicht zu finden für die Begegnung mit dem Tod.
Nicht, weil er Ersatz für einen gefallenen Kameraden abgab.
Keine dieser Möglichkeiten würde gehen. Nicht für ihn.
Nicht für sie.
Sie verdienten beide etwas Besseres.
Sein Problem bestand darin, dass wenn er mit ihr zusammen war, er sich nicht vorstellen konnte, dass für ihn etwas Besseres möglich sein würde.
Dazustehen und die dunkle Tür anzustarren würde ihm nicht helfen. Er seufzte, reckte die Schultern, öffnete die Tür und ging, um Mullins abzulösen und herauszufinden, welchen Trost er in der Stille der Nacht finden konnte.
11
18. November 1822
Am Morgen
ln meinem Zimmer im Gasthof in Tunis sitzend
Liebes Tagebuch,
ich habe es versucht. Letzte Nacht habe ich versucht, ihm die Augen zu öffnen, ihm zu zeigen, was ich für ihn empfinde, dass er der Eine für mich ist und wie sehr ich zu ihm gehöre, und ich dachte wirklich - hoffte und glaubte es -, dass ich erfolgreich war, aber dann hat uns diese dumme Ziege gestört und der Augenblick war verflogen.
Fort.
Aber das war gar nicht das Schlimmste. Am Ende, als er sich entschied, lieber Wache zu stehen, als mit mir die Treppe hochzugehen, kam mir der schrecklichste Gedanke: Was, wenn er mich gar nicht - mit seinem ganzen Herzen - will?
Ich weiß, meine Schwestern hätten dafür nur ein ungläubiges Lächeln übrig, aber sie sind auch parteiisch.
Wenn ich darüber nachdenke, muss ich zugeben, mein eigentliches Problem besteht daraus, dass ich nicht sagen kann, bis zu welchem Ausmaß seine hochfliegenden Ideen über das, was für mich das Beste ist - was sich wiederum ganz erheblich von dem unterscheidet, was ich ganz of fensichtlich will - ihn treiben. Das, was ich als Mangel an echtem Interesse gedeutet habe, war einmal mehr der Versuch seinerseits, edelmütig zu verzichten und mich davor zu bewahren, etwas zu tun, was er als Narrheit ansieht.
Das Geräusch, das ich eben gemacht habe, lässt sich nicht mit Buchstaben wiedergeben.
Aber was jetzt?
Nach reiflicher Überlegung glaube ich, ich sollte sein Beharren auf Abstand auf Anwandlungen von Edelmut zurückführen. Er ist - und das weiß ich über alle Zweifel hinweg - so ehrlich und ehrenwert, dass ich nicht glaube, wenn er sich nicht zu mir als Frau hingezogen fühlte und keine weitergehende Beziehung zu mir wollte, dass es zu Zwischenfällen wie dem gestern Nacht gekommen wäre, gleichgültig, wie sehr ich ihm zusetzte. Er ist schließlich körperlich deutlich stärker als ich und kann in keiner Hinsicht als schwacher Mann bezeichnet werden. Nichtsdestotrotz ist es nicht verwunderlich, dass ich, nachdem meine unausgesprochene Einladung gestern abgelehnt wurde, dass ich nun nach einem Zeichen suche, das mir bestätigt, dass ich nicht irre. Dass ich richtig vermute, was die unterschwellige Natur seiner Sicht auf mich ist. Wenn er wirklich der Eine für mich ist, dann sollte das nicht unmöglich sein, denn gerechterweise sollte ich dann auch die Eine für ihn sein.
Sobald ich jedoch dieses Zeichen gesehen habe, diese Bestätigung, und das Selbstvertrauen gewonnen habe, das daraus entspringen wird, schwöre ich, dass nichts mich davon abhalten wird, die Beziehung mit ihm zu formen, die ich mir wünsche.
Ich bin weiterhin fest entschlossen.
E.
An dem Nachmittag saß ihre kleine Reisegesellschaft auf für Arabien typischen Sitzkissen um den niedrigen Tisch im Gastraum unten versammelt und verließ sich darauf, dass die postierten Wachen draußen sie vor etwaigen Eindringlingen warnen würden: Sie feierten Gareths und Bisters Erfolg dabei, den Kapitän ausfindig zu machen, den Laboule ihnen empfohlen hatte, und sein Schiff - wiederum eine Schebecke - für die Überfahrt nach Marseille zu buchen.
Sie würden am folgenden Tag aufbrechen und mit der Vormittagsflut auslaufen.
Eben gerade hatten sie mit Orangensaft darauf angestoßen, dass sie in Kürze den nächsten Abschnitt ihrer Rückreise antreten konnten, als sich das Tor öffnete und die inzwischen vertraute Gestalt des Hauptmanns sichtbar wurde. Sie hatten
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