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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Vaters.«
    »Gewiss überraschte Sie das! Schließlich war Ihr Vater noch wenige Stunden zuvor unerbittlich gewesen und hatte es als unmöglich bezeichnet, seine Meinung zu ändern. Schließlich war es eine Ehrensache«, sagte Rathbone.
    »Ja, natürlich war ich überrascht«, stimmte sie zu. »Aber ich war zu glücklich, um es in Frage zu stellen. Für mich bedeutete es, dass er die Ideale der Union doch noch anerkannt hatte und sich auf die richtige Seite schlug. Ich dachte, vielleicht… vielleicht hätten ihm meine Argumente doch etwas bedeutet…«
    Rathbone lächelte wehmütig. »Also fuhren Sie mit Mr. Breeland zum Bahnhof?«
    »Ja.«
    »Würden Sie die Reise bitte für uns beschreiben, Miss Alberton?«
    Schritt für Schritt und in ermüdenden Details tat sie dies. Das Gericht vertagte sich bis nach der Mittagspause und nahm dann die Verhandlung wieder auf. Um die Mitte des Nachmittags, als sie ihren Bericht beendete, musste jeder, der ihren Ausführungen immer noch aufmerksam folgte, das Gefühl haben, die Zugreise nach Liverpool selbst unternommen zu haben, selbst in einer Pension übernachtet und sich dann auf einem Dampfer eingeschifft zu haben, um den Atlantik zu überqueren.
    »Ich danke Ihnen, Miss Alberton. Nur um sicherzugehen, dass wir Sie nicht missverstanden haben: Befand Mr. Breeland sich während der Todesnacht Ihres Vaters zu irgendeinem Zeitpunkt einmal nicht in Ihrer Gesellschaft?«
    »Nein, nie.«
    »Sahen Sie denn Ihren Vater noch einmal, nachdem Sie Ihr Zuhause verlassen hatten, oder begaben Sie sich irgendwie in die Nähe des Lagerhauses an der Tooley Street?«
    »Nein!«
    »Oh… eine Sache noch, Miss Alberton…«
    »Ja, bitte?«
    »Sahen Sie Shearer am Bahnhof Euston Square mit eigenen Augen? Ich nehme an, Sie kennen ihn zumindest vom Sehen?«
    »Ja. Ich sah ihn ganz kurz, als er mit einem der Schaffner sprach.«
    »Verstehe. Ich danke Ihnen.« Damit wandte er sich zu Deverill um und lud ihn ein, fortzufahren.
    Deverill dachte eingehend nach, vielleicht eher, um Rathbone auf die Folter zu spannen, als um eine tatsächliche Entscheidung zu treffen. Merrit hatte bereits klar gemacht, dass sie Breeland bis zum Letzten verteidigen würde, und je mehr sie dies tat, desto mehr gewann sie die Achtung der Geschworenen, ob sie ihr nun glaubten oder nicht. Sie glaubten nicht, dass sie log, höchstens vielleicht bezüglich der Uhr in Breelands Wohnung, aber es konnte gut sein, dass die Geschworenen Merrit für ein getäuschtes und von einem Mann ausgenutztes, junges Mädchen hielten, der ihrer nicht würdig war. Deverill würde die Geschworenen nur verlieren, wenn er diesen Umstand vor der Öffentlichkeit noch mehr betonte.
    Es war eine harte Nacht. Die Anspannung machte es schwierig, zu schlafen, trotz der Erschöpfung. Monk war den ganzen Tag flussauf und flussabwärts gelaufen und hatte die Absicht, das auch am folgenden Tag zu tun, entschlossen, irgendetwas zu finden. Hester fragte ihn nicht nach eventuellen Fortschritten, denn sie musste sich um Judiths willen die Hoffnung erhalten.
    Am Freitag rief Rathbone Lyman Breeland in den Zeugenstand. Dies war der gefährlichste Zug der ganzen Verteidigungsstrategie, aber ihm blieb keine Wahl. Breeland nicht aussagen zu lassen, hätte seine Befürchtungen nicht nur Deverill demonstriert, sondern, was viel wichtiger war, auch den Geschworenen. Deverill hätte gewusst, sich diese Unterlassung in seinem Schlussplädoyer zu Nutze zu machen.
    Am meisten wünschte Rathbone sich, Merrit in den Köpfen der Juroren von Breeland separieren und für sie eine getrennte Verhandlung erreichen zu können, doch das war unmöglich. Er hatte bereits zu oft auf die Uhr Bezug genommen. Er hatte es akzeptiert, Breeland zu verteidigen, also musste er nun seinen Fähigkeiten entsprechend das Beste tun.
    Mit gestrafften Schultern und erhobenem Kopf stand Breeland im Zeugenstand und schwor, die Wahrheit zu sagen. Sodann nannte er seinen Namen und Rang in der Armee der Union.
    Rathbone fragte ihn nach den Tatsachen seiner Reise nach England und den Gründen dafür. Er fragte nicht, warum er bereit war, für sein Anliegen eine derartig lange Reise auf sich zu nehmen, denn er wusste, Breeland würde es ihnen ohnehin spontan und mit einer Leidenschaft berichten, die niemandem entgehen würde, ob er ihm nun glaubte oder nicht.
    »Sie wurden also bei Daniel Alberton in der Hoffnung vorstellig, die Waffen, die Sie brauchten, erwerben zu können?«, fragte Rathbone, wobei er Breeland

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