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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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bewusst, die sich in der Blässe ihres Gesichts, in dem kleinen Stolpern, als sie den Zeugenstand erklomm, und in dem Beben ihrer Stimme, als sie den Eid leistete, zeigte.
    Wieder hatte Hester neben Judith Platz genommen. Monk hatte seine Aussage gemacht und nun die Möglichkeit, sich wieder der Suche nach Informationen über Shearer zu widmen und nach allem, was beweisen würde, dass er es allein gewesen war, der den Raub und die Morde geplant hatte, um die Waffen an Breeland verkaufen zu können, ohne dass dieser von den Umständen erfahren würde.
    Rathbone begann, Merrit durch ihre Geschichte zu führen, wobei er mit den Ereignissen des Tages begann, an dem die Morde verübt worden waren. Er wollte das Thema ihrer früheren Bekanntschaft mit Breeland nicht anschneiden, für den Fall, Deverill wollte versuchen, daraus den Anschein zu konstruieren, Breeland hätte ihr nicht wegen ihrer selbst den Hof gemacht, sondern nur, um sie dazu zu verführen, ihm bei dem Kauf der Waffen zu helfen.
    An Hesters Seite sitzend, hatte Judith sich nach vorn gebeugt. Ihre Hände, die in schwarzen Spitzenhandschuhen steckten, waren in ihrem Schoß ineinander geschlungen. Sie lauschte jedem Wort, beobachtete Gestik und Mimik ihrer Tochter. Hester wusste, sie suchte nach einem Sinn, nach Hoffnung, und kämpfte gleichzeitig gegen ihre Angst an.
    Auf der anderen Seite neben Judith bot Casbolt, der seine Aussage ebenfalls schon gemacht hatte, stillschweigende Unterstützung an.
    Er war zu klug, um tröstende Worte auszusprechen, die ohne jegliche Bedeutung gewesen wären. Alles hing nun von Rathbone und Merrit ab.
    »An jenem Abend hatten Sie mit Ihrem Vater einen Streit«, sagte Rathbone und sah zu Merrit im Zeugenstand hinauf. »Worum ging es… genau?«
    Sie räusperte sich. »Es ging darum, dass er die Waffen an die Konföderierten verkaufen wollte anstatt an die Union«, antwortete sie. »Ich dachte, er hätte einen Weg finden müssen, die Verpflichtung zu lösen, an Mr. Trace zu verkaufen, obwohl er dies versprochen hatte. Er hätte Mr. Trace das Geld zurückbezahlen müssen, das dieser als Anzahlung hinterlegt hatte.«
    »Hatte Ihr Vater denn das Geld noch?«, fragte Rathbone neugierig.
    »Ich…« Es war offensichtlich, dass sie darüber nie nachgedacht hatte. »Ich… ich weiß es nicht. Ich vermutete…«
    »Dass er mit diesem Geld die Waffen nicht bezahlt hatte?«, fragte er. »Aber er stellte die Gewehre doch nicht selbst her?«
    »Nein…«
    »Dann könnte es doch sein, dass er das Geld nicht mehr hatte.«
    »Nun… ich nahm an, ich dachte, er hätte sie bereits bezahlt.«
    Unabsichtlich warf sie einen Blick auf Casbolt, während sie sprach, dann wandte sie sich wieder Rathbone zu.
    »Aber wenn er noch Schulden gehabt hätte –, dann bin ich sicher, er hätte einen Weg gefunden, wenn Lyman… wenn Mr. Breeland ihm die volle Summe bezahlt hätte – wozu er in der Lage gewesen war –, dann wäre doch alles, was mein Vater noch schuldig gewesen wäre, bezahlt gewesen, nicht wahr?« Sie sprach voller Vertrauen, sicher, die Lösung gefunden zu haben.
    »Falls Breeland das Geld gehabt hatte«, stimmte Rathbone zu.
    Hester wusste, was Rathbone tat – er demonstrierte den Geschworenen Merrits Vertrauen, ihre Naivität und ihren offenkundigen Glauben, dass das Geschäftsgebaren ihres Vaters legal gewesen war. Noch wusste sie nicht, wie er Breeland vom Vorwurf der Betrügerei befreien würde.
    »Aber Mr. Breeland verfügte über das Geld!«, rief Merrit eindringlich. »Er übergab es doch am Bahnhof Mr. Shearer, als er den Empfang der Waffen quittierte.«
    »Haben Sie das gesehen?«, fragte Rathbone.
    »Nun… nein. Ich saß bereits im Waggon. Aber Mr. Shearer hätte die Waffen doch nicht aus der Hand gegeben, ohne das Geld zu erhalten, nicht wahr?« Letzteres war als Herausforderung, nicht als Frage gemeint.
    »Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich«, nickte Rathbone lächelnd. »Aber wenden wir uns wieder der Auseinandersetzung mit Ihrem Vater zu. Sie beschuldigten ihn, die Sklaverei zu favorisieren, ist das richtig?«
    Sie sah beschämt aus. »Ja. Ich wünschte, ich hätte diese Dinge nicht gesagt, aber damals glaubte ich daran. Ich war schrecklich wütend.«
    »Und Sie waren der Meinung, Lyman Breeland wollte die Waffen einer höchst ehrenhaften Sache wegen kaufen, weit ehrenhafter als das Anliegen von Mr. Trace?«
    Ihr Kopf fuhr in die Höhe. »Ich wusste es. Ich war in Amerika. Ich habe diese schreckliche Schlacht mit

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