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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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impulsiver, als du es gerne glauben möchtest.« Er lächelte und raubte damit seinen Worten die Schärfe. Er hegte eine tiefe Zuneigung zu seinem Sohn, und Oliver hatte diese nie in Zweifel gezogen.
    »Ich werde Mrs. Alberton aufsuchen müssen«, erklärte er.
    »Vielleicht möchte sie mich gar nicht mit dem Fall betrauen.«
    Henry machte sich nicht die Mühe, etwas zu entgegnen. Er hatte ebenso viel Achtung vor den beruflichen Qualitäten seines Sohnes wie jeder andere.
    »Was meint Monk?«, fragte er stattdessen.
    »Ich habe ihn nicht gefragt«, gab Oliver ein wenig patzig zurück.
    »Interessant, dass er es dir nicht sagte«, sagte Henry und studierte dabei seine Pfeife. »Für gewöhnlich geht er mit seinen Ansichten wenig diskret um. Entweder ist er unaufrichtig, oder er weiß es nicht.«
    »Ich werde mehr wissen, sobald ich Merrit Alberton gesprochen habe und höre, was sie zu sagen hat«, fuhr Oliver fort, vielleicht mehr zu sich selbst sprechend als zu seinem Vater. »Dann werde ich wenigstens ihren Charakter einschätzen können. Und selbstverständlich werde ich, ob ich ihn nun vertrete oder nicht, mit Breeland sprechen müssen.«
    »Beabsichtigst du, auch ihn zu vertreten?«
    »Ich würde es lieber vermeiden, aber wenn er auch nur einen Funken von Verstand hat, wird er alles in seiner Macht Stehende tun, damit sie beide gemeinsam unter Anklage gestellt und verteidigt werden.«
    »Was ist, wenn er darauf vorbereitet ist, sie zu verteidigen, indem er die ganze Verantwortung auf sich nimmt?«, fragte Henry ruhig. »Wenn er sie liebt, ist das wahrscheinlich. Wirst du ihm das erlauben?«
    Oliver dachte einige Augenblicke lang nach. Was würde er tun, wenn Breeland gewillt wäre, die Verantwortung auf sich zu nehmen, um Merrit zu entlasten, und er selbst Merrit aber für schuldig hielt?
    »Du denkst wohl besser noch einmal darüber nach«, warnte Henry »Wenn sie sich wirklich lieben, kann es sehr gut sein, dass beide versuchen werden, die Schuld für den anderen auf sich zu nehmen und dir damit die Aufgabe noch schwieriger machen, egal, wen du vertrittst. Daran hast du wohl noch nicht gedacht?«, fragte er überrascht.
    »Nein«, gab Oliver zu. »Es war nichts, was Monk gesagt hatte, sondern eher etwas, was er zu erwähnen vergaß, aber ich gewann den Eindruck, Breeland würde sich für niemanden opfern. Doch ich muss erst noch einiges in Erfahrung bringen, ansonsten riskiere ich, mich in diesem Fall zu verheddern.«
    »Stimmt«, nickte Henry. »Einerseits könnte Breelands Geschichte stimmen, auch wenn sie unwahrscheinlich klingt?«
    »Du meinst, die Geschichte mit dem Unterhändler Shearer? Ich weiß es nicht. Ich kenne aber keinen Grund, die sie völlig unwahrscheinlich macht – ich werde Monk bitten, herauszufinden, ob es diesen Shearer wirklich gibt, und wenn ja, was er für ein Mensch ist. Könnte er Alberton selbst ermordet und das Geld für sich behalten haben?« Er fuhr fort, laut zu denken. »Das wäre die natürlichste Verteidigungsstrategie und ist vermutlich auch das, was Breeland behaupten wird. Wenn ich die aber benutze, muss ich sichergehen, dass sie nicht widerlegt werden kann.«
    Schweigend betrachtete Henry ihn. Oliver erkannte, dass er eng mit Monk zusammenarbeiten müsste, ein Gedanke, den er bis jetzt beiseite geschoben hatte. Er wollte den Fall übernehmen, aber er wäre lieber unabhängig gewesen und hätte Hester und Monk die fertige Verteidigung präsentiert, anstatt die beiden um ihre Unterstützung bitten zu müssen.
    »Hältst du es für möglich, dass Breeland schuldig ist und die Tochter sich dessen nicht bewusst ist?«, fragte Henry »Wenn sie davon wusste und nicht gewaltsam nach Amerika entführt wurde, dann ist sie eine Komplizin und dem Gesetz nach eine Mittäterin.«
    Schnell fügte Oliver hinzu: »Ich weiß es nicht zweifelsfrei, aber nach dem, was Monk mir sagte, kann es nicht sein, dass sie sich der Wahrheit nicht bewusst ist. Sie und Breeland waren die Nacht zusammen, in der Alberton ermordet wurde, und sie war ganz gewiss nicht gezwungenermaßen in Amerika.« Er zögerte. »Außerdem wurde im Hof des Lagerhauses eine Uhr gefunden, die Breeland ihr als Andenken geschenkt hatte.«
    Henry erwiderte nichts, aber sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
    Draußen wurden die Schatten auf dem Rasen länger, und die Luft war merklich kühler geworden. Ein Dreiviertel-Mond leuchtete am dunkel werdenden Himmel. Die Sonne hatte nun auch die Pappeln verlassen.
    »Ich bin

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