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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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ihr lästig, und sie wünschte sich, man hätte Häute über dem Wagen aufgespannt, um sie vor Wind und ungebetenen Blicken zu schützen. Zudem schien es ihr, als ließe er ihr Gefährt nun auch viel strenger bewachen als zuvor, denn selbst wenn der Herzog sich entfernte, um am Anfang oder Ende des Zuges zu reiten, wurde der Wagen von etlichen aufmerksam dreinschauenden Normannenkriegern begleitet. Das war doppelt ärgerlich, denn auf diese Weise konnte sie alle Fluchtpläne von vornherein vergessen.
    Immerhin musste sie zugeben, das Wilhelm Langschwert überall voller Ehrfurcht empfangen wurde, die Mönche im Kloster von Bayeux eilten dem Reiterzug entgegen, um den Herzog der Normandie zu begrüßen und Rodena hatte den Eindruck, dass ihre Freundlichkeit nicht erzwungen, sondern echt war. Auch die Bauern und Händler, auf die man unterwegs traf, grüßten den Herzog ohne Scheu, einige trugen ihm Anliegen vor, und Wilhelm nahm sich die Zeit, sie genau anzuhören. Was er danach entschied, konnte Rodena nicht hören, doch kam es ihr vor, als gingen die Bittsteller recht zufrieden wieder ihres Weges.
    Unter dem Schutz ihrer Decke schaute sie heimlich zu ihm hinüber, wenn er neben dem Wagen einherritt. Wilhelms Züge waren fast immer verschlossen, er redete wenig, nur selten hörte sie ihn lachen, dann war es das kurze, harte Lachen eines Kriegers. Er saß ein wenig vornübergeneigt auf dem Pferd, so als ruhe er sich aus, doch das war eine Täuschung, denn er hatte seine Augen überall, nicht der kleinste Vorgang entging seiner wachen Aufmerksamkeit. Sobald es ihm notwendig erschien, gab er seinem Pferd die Sporen und sprengte dorthin, wo sein Eingreifen nötig war.
    Einige Tage nachdem man Bayeux verlassen hatte, hielt Wilhelm in Falaise Einzug, eine starke Befestigung, die auf einem Felsen über einer ausgedehnten Siedlung thronte. Hier wurden die beiden Frauen in einem der kleinen Häuser innerhalb der Festungsmauer untergebracht, und wie üblich standen Wächter vor ihrer Tür. Dennoch sorgte der Herzog gut für die beiden Frauen, er schickte ihnen eine Magd zu ihrer Bedienung und ließ ihnen Decken, Schuhe und warme Gewänder bringen.
    „Das ist freundlich von ihm“, sagte Papia erstaunt. „Vielleicht haben wir uns ja doch in ihm getäuscht, und er ist gar nicht solch ein Griesgram. Schau doch, dieses Kleid ist aus teurem, gutem Stoff genäht, der stammt gewiss aus Friesland oder gar aus England.“
    „Zieh an, was du magst. Ich will das Zeug nicht haben!“
    „Aber das Haar könntest du dir wenigstens kämmen. Du siehst aus wie eine Windsbraut, Rodena.“
    „Und wenn schon ...“
    Doch Papia, die sich mit warmem Wasser gewaschen und in ein neues Gewand gekleidet hatte, ruhte nicht eher, als bis Rodena sich ebenfalls wusch, umkleidete und von ihr kämmen ließ.
    „Wozu sollen wir hübsch aussehen, wenn Wilhelm ja doch vorhat, uns als Sklavinnen zu verschenken?“, nörgelte Rodena.
    „Vielleicht tut er das ja gar nicht ...“
    Rodena seufzte tief. Papias naiver Glaube an einen glücklichen Ausgang war rührend, aber was sollte Wilhelm wohl sonst mit ihnen vorhaben? Ganz sicher würde er ihnen nicht ohne Weiteres die Freiheit schenken, viel wahrscheinlicher war, dass sie das Los der gefangenen Wikinger teilen würden. Und falls es Wilhelm gelingen würde, Thore Eishammer in seine Gewalt zu bringen, wusste Rodena ganz genau, was ihr bevorstand.
    Die Magd erschien, um den hölzernen Wassereimer hinauszutragen, dann kehrte sie zurück und bediente die beiden Frauen mit Brei, gekochten Bohnen und gesottenem Fisch.
    „Der Herr hat befohlen, dass du dich um einige Gefangene kümmern sollst“, sagte sie zu Rodena. „Sie liegen seit Wochen hier in der Festung und können sich nicht von ihren Wunden erholen.“
    Papia wurde blass und starrte Rodena mit großen, aufgeregten Augen an. Auch Rodena war verblüfft – wie kam Wilhelm darauf, sie mit solch einer Aufgabe zu betrauen?
    „Gefangene? Was für Männer sind das?“
    Die Magd, die alt und hässlich war, verzog den Mund und grinste. Es sah nicht hübsch aus, denn sie besaß nur noch wenige gelbliche Zähne. „Es sind Wikinger. Du wirst dich ja mit ihnen auskennen. Von uns mag keine an die Burschen herangehen, denn sie sind wilde Kerle und wenig dankbar für Nahrung und Pflege.“
    Papia zitterte am ganzen Körper. Das arme Mädchen machte sich vermutlich Hoffnungen, Ubbe könne unter den Gefangenen sein. Aber Ubbe war an der Seine in Wilhelms Hände gefallen

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