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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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glücklich oder erschrocken über diese Neuigkeit sein sollte.
    „Aber ich sah, wie er zusammenbrach und wie sie ihn wegschleppten. Du meinst … er lebt noch?“
    „Einstweilen ja.“
    „Einstweilen? Was meinst du damit?“
    Rodena zögerte einen Augenblick, aber es hatte im Grunde wenig Zweck, die Wahrheit vor Papia zu verbergen. Besser war, wenn sie sich auf das Kommende vorbereiten konnte.
    „Alain Schiefbart wird die Wikinger nicht am Leben lassen.“
    „Er wird sie töten? Aber wozu hat er sie dann gefangen genommen? Warum haben seine Männer sie nicht gleich erschlagen?“
    „Er wird sie foltern lassen, um ihren Stolz zu brechen.“
    Papia senkte den Kopf und vergrub das Gesicht in den Händen. „Das ist schrecklich“, flüsterte sie. „Ich hoffe, wir müssen nicht dabei zusehen.“
    Rodena antwortete nichts, denn nun stieg auch in ihr die Verzweiflung auf. Thore der Wikinger war sehenden Auges in diese Falle gelaufen, seine Sturheit und seine Gier nach Beute hatten ihn so weit getrieben, er hatte sein Schicksal herausgefordert, und es hatte ihn eingeholt. Und doch wünschte sie nichts mehr, als dass er am Leben bliebe. Aber was konnte sie für ihn tun? Nichts – sie war selbst dem bretonischen König Alain ausgeliefert und konnte nur hoffen, dass er sie unbehelligt wieder ziehen ließ.
    Es musste bereits Nachmittag sein, denn das Licht nahm ab, und der blasse Himmel, der durch die Baumkronen schimmerte, färbte sich immer grauer. Endlich erreichte der lange Zug der Reiter und Wagen eine breite Lichtung, und die Palisaden einer befestigten Burg waren zu erkennen. Hoch auf einem aufgeworfenen Erdhügel thronte der viereckige, hölzerne Turm, von den übrigen Gebäuden innerhalb der Befestigung ragte nur hie und da ein Strohdach über die Umfriedung hinaus. Rauchschwaden, die über der Burganlage schwebten, zeigten an, dass man trotz des Regens einige Feuer in Gang hielt.
    Ein Tor im Palisadenzaun wurde aufgeschoben, Männer, Frauen und Kinder empfingen die heimkehrenden Krieger mit lauten Rufen der Begeisterung, Knechte liefen herbei, um die Pferde abzusatteln, Frauen und Mägde starrten begierig auf die Kisten und Bündel auf den Wagen. Rodena glaubte, einen der beraubten Händler in der Menge zu erkennen, der voller Freude in die Hände klatschte, denn er hatte anscheinend einen Teil seines gestohlenen Eigentums vor Augen.
    Rodena zweifelte allerdings daran, dass ihm Alain Schiefbart die Beute zurückerstatten würde. Vermutlich erhielt der arme Bursche höchstens einen winzigen Teil davon, denn der König würde den Löwenanteil für sich und seine Krieger beanspruchen. Schließlich hatten sie diese gestohlene Ware den Dieben unter Einsatz ihres Lebens abgejagt.
    Die beiden Wagen mit den Gefangenen waren bald so dicht umlagert, dass Rodena nichts mehr von ihnen sah. Schmährufe waren zu hören, Fäuste erhoben sich gegen die wehrlosen Kämpfer, einige Knaben lasen Steine auf, um sie auf die besiegten Wikinger zu werfen. Rodena war froh, als man Papia und sie in eines der kleineren Holzhäuser führte. Die Unterbringung war nicht gerade großartig, denn in dem Häuschen gab es nur einige niedrige Bänke längs der Wände und eine Feuerstelle, die jetzt jedoch nicht brannte, denn man hatte wegen des Regens den Abzug im Dach mit Strohbündeln verschlossen. Die Wände waren fensterlos, das einzige Tageslicht drang durch die Tür ein, die vermutlich am Abend verschlossen wurde. Immerhin empfing sie eine alte Frau mit wohlwollendem, zahnlosen Lächeln und deutete auf zwei schmale Lagerstätten am Boden, die sie aus Decken und Fellen für die beiden Frauen zurechtgemacht hatte.
    „Ich danke dir“, sagte Rodena und lächelte zurück.
    Doch die Frau nickte nur, ohne zu antworten, und Rodena begriff, dass sie taubstumm war. Geschäftig humpelte sie nun aus der Hütte und kehrte mit zwei Holztellern zurück, auf denen Brot, Käse und geschnittene Äpfel lagen. Dazu stellte sie Becher auf die Bank und goss klares Wasser ein, dann sah sie freundlich nickend dabei zu, wie die beiden Frauen sich über die Lebensmittel hermachten.
    Was weiter an diesem Abend geschah, entzog sich Rodenas Wissen, denn nach diesem Mahl sank sie auf das Lager und schlief sofort ein. Weder der Gestank des Talglichtes, noch Papias Bemühungen, ihr Gewand mit Nadel und Faden zu flicken, noch der Lärm auf dem Burghof, wo der Sieg über die Wikinger gefeiert wurde, konnten sie aus ihrem tiefen Schlummer wecken. Die Göttin hatte

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