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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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wiedersehen würde.
    „Immer warten“, hörte sie Papia seufzen. Das Mädchen war auch aus der Höhle gekrochen und lehnte missmutig mit dem Rücken gegen den dunklen Fels.
    „Auch Ubbe hat gesagt, ich solle auf ihn warten ...“
    Rodena presste die Lippen zusammen und nickte. Wie einfach machten es sich die Männer – sie stürzten sich in die Gefahr und dachten nicht daran, wie viel Kummer sie über diejenigen brachten, die tatenlos sitzen und um sie bangen mussten.
    „Du hast recht, Papia. Wir werden nicht warten. Ich will sehen, was geschieht.“
    Das Morgenlicht war fahl. Die Sonne wurde von grauen Schleiern verdeckt, als habe dort oben ein heftiger Wind alle Wolken zu Dunst zerstäubt. Auch im Wald wehten feine Nebel, ließen die dunklen Stämme und das Gespinst der Äste immer wieder verschwinden und enthüllten urplötzlich bizarre Formen, die auf den ersten Blick wie menschliche Wesen aussahen, sich jedoch beim genaueren Hinsehen als abgestorbene Bäume oder niedrige Felsblöcke entpuppten. Die beiden Frauen bewegten sich langsam durch den Wald, erstarrten, wenn von irgendwo her ein Knistern oder Knacken zu vernehmen war, und hielten sich bei den Händen, um sich gegenseitig Mut zu machen.
    Als sie den Waldrand erreicht hatten, blieben sie stehen und verbargen sich hinter den dicken Stämmen, um das Grasland zu überblicken. Feiner Dunst wehte über dem Boden, hie und da sah man das dunkle Gras, trockene Halme stachen hervor, ab und zu ein niedriger Busch, an dem noch ein paar welke Blättchen hingen. Kein Tier war zu sehen, nicht einmal eine Krähe krächzte, über der weiten Fläche lag eine lauernde Stille.
    „Gehen wir zum Meer hinüber?“, flüsterte Papia.
    Rodena kniff die Augen zusammen und blickte misstrauisch über das ruhig daliegende Land. Jenseits der Wiese, im Nebel kaum zu erkennen, lagen die ersten dunklen Felsblöcke in den Dünen, dort war der Strand, wo Thores Männer vermutlich den Feind erwarteten.
    „Was ist das?“, hauchte Papia neben ihr.
    Sie deutete nach rechts, wo jetzt ein breiter Schatten in der Ferne zu sehen war, der zusehends größer wurde. Dann erkannten sie die Konturen von Reitern, die sich dicht nebeneinander hielten, Lanzen stachen empor, Helme und hohe Schilde wurden sichtbar.
    „Es sind Wilhelms Männer“, sagte Rodena atemlos. „Sie rücken über das Grasland vor, um Thores Kämpfer zum Meer hin abzudrängen.“
    Die Normannen näherten sich so rasch, dass es den Anschein hatte, sie flögen auf sie zu. Schon war das dumpfe Geräusch der Pferdehufe auf dem Grasland zu hören, das zunächst wie ein leises Trommeln klang, dann wie ferner Donner grollte, und man spürte, wie der Boden vibrierte. „Sie tragen Kettenhemden“, flüsterte Papia. „Oh Gott, es sind viele!  Schau, sie haben mächtige Schilde und lange Schwerter.“
    „Wir müssen Thore warnen! Ich laufe zum Strand hinüber. Bleib du hier und verbirg dich im Wald!“
    Doch Papia klammerte sich so fest an sie, dass es ihr nicht gelang, sich loszureißen.
    „Das wäre dein sicherer Tod!“, jammerte sie. „Sie sind schon viel zu nah! Willst du von einer dieser Lanzen aufgespießt werden? Bleib um Himmels willen hier!“
    Rodena rang wütend mit ihr, überzeugt, dass jeder Augenblick, den sie verlor, Thore dem Tod näherbringen würde. Doch dann hielt sie erschrocken inne, und beide Frauen erstarrten.
    Urplötzlich erfüllte ein donnerndes Gebrüll aus zahllosen Männerkehlen die Luft, und zwischen den Felsbrocken quollen Thores Krieger hervor. Allen voran stürmte der Anführer selbst, Thore Eishammer, das Schwert zum Schlag erhoben, den kräftigen, muskulösen Körper vor den Waffen der Feinde kaum geschützt. Der Ansturm war so überraschend , dass die Pferde der Normannen scheuten und die Kämpfer einen Augenblick lang beschäftigt waren, ihre Reittiere wieder in die Gewalt zu bekommen. Dann jedoch ertönte auf normannischer Seite eine wuchtige Stimme: „Roger nach links, Bertrand nach rechts, die anderen folgen mir!“
    Rodena erzitterte und starrte auf den Krieger, der diesen Befehl gegeben hatte. Das also war der Herzog der Normandie, Wilhelm Langschwert. Er ritt inmitten einer dichten Kämpfergruppe, überragte jedoch die meisten seiner Männer, trug einen dunklen Helm mit Nasenschutz und einen langen Kettenpanzer. Jetzt gaben die Reiter den Pferden die Sporen, und die enge Formation löste sich auf. Für einen kleinen Moment hatte Rodena freien Blick auf den Anführer, der inzwischen

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