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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von dem es hieß, er litte an Liebeswahn. »Kaltes Wasser in die Hose!« riefen wir damals im Chor und lachten uns krumm. Wie unrecht taten wir dem armen Kranken. Ich verstehe ihn jetzt … ich könnte mich selbst auszehren vor Liebe. Ich würde Corinna zu Füßen fallen, wenn sie mich streichelte. Ich würde auf allen vieren hinter ihr herkriechen, wenn sie mich dafür küssen würde.
    Ich bin verrückt in dieser Liebe. Ich kann nicht anders.
    Er stand mit dem Rücken zu Corinna und starrte gegen die Hüttenwand. Es war Malangas Hütte, in die man die Kisten mit den medizinischen Geräten und den Medikamenten getragen hatte. Vor der Hütte hatte man das Zelt aufgespannt; hier wollte er Kranke behandeln und die besten Krieger gegen Cholera, Typhus und Malaria impfen.
    »Sie sollen wissen, was ich Ihnen schrieb«, sagte Malanga plötzlich. »Es waren Bilder meiner Zukunft. Ein Haus am Victoria-See mit einem großen Garten. Eine Arztpraxis. Eine Frau mit zwei oder drei Kindern, die immer glauben sollten, daß sie in einem Paradies leben. Ein Leben voll Liebe und Glück. Abends, wenn die Sonne blutrot untergeht, sah ich uns auf der Terrasse des Hauses sitzen und über den See blicken. Die Wellen wurden violett, die Bäume blau, der Garten wie verzaubert. Wir saßen da, Hand in Hand, und waren glücklich. Was konnte uns die Welt noch Schöneres bieten?« Malanga machte eine Pause, ehe er weitersprach. »Das erzählte ich alles in dem Brief … und dann zerriß und verbrannte ich ihn.«
    »Es war auch besser so, Malanga«, sagte Corinna.
    Malanga zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Jetzt werde ich zerrissen, dachte er. Jetzt verliere ich mein Leben. Jetzt stirbt Dr. Julius Malanga. Mach es kurz, Corinna.
    »Ich bedeute Ihnen gar nichts, nicht wahr?« fragte er mühsam.
    »Sie sind mir ein lieber Freund, das wissen Sie.«
    »Auch ein Hund kann ein Freund sein.«
    »Sie haben mir das Leben gerettet, ich habe Ihr Blut in meinen Adern, Sie haben mir meine Geschwister wiedergegeben – meine Schuld Ihnen gegenüber ist so groß, daß ich sie gar nicht abtragen kann.«
    »Es gibt keine Schuld. Ich habe alles mit dem Herzen getan, Corinna.« Malanga fuhr herum. »Als ich Sie damals auf dem Dachgarten des ›Apolo‹ sah, erfuhr ich zum erstenmal, was es heißt: Der Blitz schlägt in das Herz. Sie waren so schön und so mutig. Ich war nach Uganda zurückgekommen, um zu kämpfen. Als ich Sie sah, verlor ich das Gefühl für meine Aufgabe. Ich erkannte, daß ich zurückgekommen war, um zu lieben.«
    »Malanga, bitte!« Corinna hob flehend beide Hände. Malanga nickte schwer.
    »Ich weiß. Ich habe mich verzaubert mit einer Illusion. Ich hätte jeden Tag das tun müssen, was mir Ihr Bruder ins Gesicht warf: In den Spiegel sehen und meine schwarze Haut erkennen.«
    »So ist das nicht, Malanga«, sagte Corinna gequält.
    »Doch, so ist es, Corinna! Könnten Sie mich lieben, könnten Sie meine Frau werden? Könnten Sie mir Kinder schenken? Ekelt es Sie nicht, wenn meine schwarze Hand über Ihren weißen Körper streicht?«
    »Malanga!«
    »Warum verstecken wir uns? Ich bin ein Neger; ich bin ein Wesen, ein Unwesen von einem anderen Stern!«
    »Das ist nicht wahr, Malanga. Es gab Augenblicke, draußen in der Savanne, wo ich dachte …«
    »… warum ist er kein weißer Mann? Dann läge ich jetzt selig in seinen Armen! War es so, Corinna?« Das Gesicht Malangas überzog sich mit Schweiß. Seine Augen flimmerten. »Warum lügen wir uns an? Lieben Sie Thorwaldsen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Natürlich lieben Sie ihn! Er ist ein grober Klotz, aber er hat zwei gute Eigenschaften: Er mißachtet die Schwarzen und hat selbst eine weiße Haut!« Durch Malanga lief ein Zittern. Er warf den Zettel auf den Boden und zertrat ihn. Mit der Sohle seines Stiefels zermahlte er das Papier zu Staub. »Warum sagen Sie nicht zu mir: Geh weg, du schwarzes Aas! Warum drücken Sie sich vor der Entscheidung?«
    Corinna sah ihn starr an, dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    »Jetzt sind Sie nicht mehr Malanga«, sagte sie stockend. »Jetzt sind Sie ein Fremder.«
    »Ich bin ein Nigger!« schrie Malanga. Sein Herz war zerplatzt. Die Welt des Dr. Malanga ging unter, wie er es erwartet hatte. »Ich bin ein dreckiger Nigger, und wie ein Nigger werde ich auch handeln! Ich werde dir die weiße Haut deines Hendrik Thorwaldsen vor die Füße legen … sie kannst du lieben! Ohne Haut aber, das werde ich dir zeigen, wird auch er nicht anders aussehen als

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