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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich!«
    »Malanga!«
    Corinna schrie auf und warf sich ihm in den Weg, als er die Hütte verlassen wollte. Er schob sie zur Seite, und als sie sich an ihn klammerte, gab er ihr einen Stoß. Sie taumelte, fiel in einen Stapel Säcke hinein und schlug mit dem kranken Bein auf die Erde. Noch einmal schrie sie auf, diesmal vor Schmerzen, dann wurde es dunkel um sie.
    Vier Bantus trugen die ohnmächtige Corinna wenig später zu dem aufgestellten Operationstisch im Zelt. Die Beinwunde war aufgeplatzt.
    Am Abend dieses Tages, in einem Kreis lodernder Feuer, vollzog sich das Schauspiel der Entzauberung Budumbas.
    Es war der gleiche Abend, an dem die Gefangenen in den Toro-Sümpfen endlich festen Boden erreichten und von Regierungstruppen in Empfang genommen wurden, Pater Fritz einen Dankgottesdienst abhielt und Ingeborg Kraemer den Kommandanten anflehte, Robert Sander zu suchen. Es war der Abend, an dem eine Patrouille des III. Bataillons von Fort Portal den herumirrenden Mike Harris in der Savanne auflas, einen Mann, der halb wahnsinnig war und dem man eine Beruhigungsspritze geben mußte, um ihn weiter zu transportieren ins Lazarett von Fort Portal, wo die Ärzte einen Sonnenstich feststellten und eine gefährliche Austrocknung bestimmter Hirnteile. Es war der Abend, an dem Oberst McCallen in Kampala widerwillig, aber einem Befehl aus London gehorchend, das – heimliche – Kommando über die Streitkräfte von Uganda übernahm. »Es ist im Interesse des Friedens erforderlich, daß der Aufstand der Bwambas so schnell und so gründlich wie möglich niedergeschlagen wird«, hieß es in einem verschlüsselten Telegramm des britischen Kriegsministeriums. McCallen wußte, was das bedeutete.
    Zweitausend Bwambas umstanden den Feuerkreis, in den man Budumba gebracht hatte. Malanga hatte ihm die Zaubererkleidung wiedergegeben. In seinem Leopardenfell, behängt mit Glöckchen und Glasperlenketten, hockte Budumba auf dem Boden und sah Malanga lauernd an. Daß man ihn nicht einfach getötet hatte, ließ ihn Schreckliches ahnen.
    Im Gegensatz zu ihm trug Malanga seinen weißen Arztkittel. Das war eine Tracht, die die meisten Bantus in tiefe Ehrfurcht versetzte. Der Gegensatz zwischen Budumba und Malanga war nie augenscheinlicher als jetzt: dort das Mittelalter Afrikas mit Zauberketten und Totenköpfen, hier der schlichte, weiße Kittel, hinter dem das Wissen der Neuzeit, die Wunder des Geistes verborgen waren.
    Zwei Bantus trugen jetzt einen Tisch in die Mitte des Feuerkreises und stellten ihn neben den auf dem Boden hockenden Budumba. Auf weißen Tüchern lagen blitzende chirurgische Instrumente, Wunderwaffen in den Augen der stumm starrenden Bantus.
    Budumba regte sich, als Malanga in den Kreis kam. Seine Augen flackerten vor Angst. Er erhob sich, die Glöckchen klingelten.
    »Was willst du tun?« stammelte er. »Was sollen die Instrumente?«
    Malanga antwortete nicht. Er trat hinter seinen Tisch und wartete. Erst als aus dem Dunkel Stimmen klangen und sich näherten, fiel seine starre Haltung zusammen. Seine Hände wurden unruhig.
    Du bist Arzt, sagte eine Stimme in ihm. Du hast in Köln den Eid des Hippokrates geschworen. Du hast gelernt, zu helfen und zu heilen. Was aber willst du jetzt tun, Malanga? Mit dem Wissen und den Instrumenten, die zur Heilung, nicht zum Töten gemacht wurden?
    Wo bist du, Dr. Julius Malanga?
    Aus dem Dunkel in den Feuerkreis schleppten vier Bantus den gefesselten Thorwaldsen. Verwirrt sah er auf Malanga und die chirurgischen Instrumente. Dann überfiel ihn die Erkenntnis, was hier geschehen sollte. Alles Blut wich aus seinem Gesicht.
    Außerhalb der Feuer lag jetzt eine lähmende Stille über den zweitausend Bantus. Das Schwatzen und Geschnatter hörte auf. Nur das Prasseln der brennenden Holzstöße unterbrach die nächtliche Stille. Corinna, Robert und Gisela, eingeschlossen in ihrer Hütte, standen an der geflochtenen Wand und lauschten nach draußen. Die plötzliche Ruhe war unheimlich. Von den Wachen hatte Robert erfahren, daß der große mganga Malanga beweisen wollte, daß er die Kraft der Götter mitgebracht hatte aus dem fernen Land, aus dem er zurückgekommen war. Und einen Feind wollte er bestrafen. Einen Feind, der die Gesetze der Steppe verletzt habe: Hilfe dem Wehrlosen.
    »Er wird es nicht tun«, stammelte Corinna und drückte die Stirn gegen das Geflecht der Hüttenwand. »Es ist unmöglich. Er ist europäisch erzogen worden. Er ist in einer anderen Welt aufgewachsen.«
    Robert Sander

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