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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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plötzlich. Ein Schwall von Kriegern ergoß sich über Thorwaldsen und Corinna, riß sie voneinander und schleppte sie nach verschiedenen Richtungen weg. Sie wehrten sich nicht; sie ließen sich abführen, festgehalten von schwarzen Händen, die sich in ihre Arme und Schultern krallten. Noch einmal sahen sie sich an, über die wolligen, dunklen Schädel ihrer Henkersknechte hinweg. Das Gesicht Thorwaldsens zuckte.
    »Kopf hoch, Corinna!« schrie er ihr zu. »Und verdammt, jetzt sage ich es: Ich liebe dich!«
    Er wurde herumgerissen, sank in die Knie und wurde in einer Staubwolke weggeschleift.
    Starr, mit zusammengepreßten Lippen, ging Corinna durch das Lager. Vor einer runden Hütte hielten die Bantus an, vier Krieger kamen durch die Tür nach draußen und hielten dann den Eingang offen. Als letzter kam der junge Leutnant heraus, der mit seinem Trupp den Landrover Malangas aufgestöbert hatte. Höflich, wie vor ein paar Stunden in der Steppe, verbeugte er sich und zeigte auf die Tür.
    »Bitte, treten Sie ein, Miß Sander«, sagte er in seinem harten Englisch.
    Zuerst zögernd, dann mit festen Schritten ging Corinna zur Hütte. Was mich da drinnen auch erwartet, dachte sie, man wird nicht sehen, daß ich Angst habe.
    Ihr Bein stach wieder, die Wunde zuckte. Sie verbiß den Schmerz, unterdrückte sogar ein Humpeln und betrat hocherhobenen Hauptes die Hütte.
    Dann aber verließen sie Haltung und bewundernswerte Kraft, die sie durch Savanne und Sumpf geführt hatten. Sie breitete die Arme aus und stürzte mit einem hellen Aufschrei den beiden Gestalten entgegen, die sich aus dem Halbdunkel der hinteren Hütten lösten und gleichfalls die Arme hochrissen.
    »Corinna!« gellte ein Doppelschrei.
    »Robert – Gisela –«
    Dann prallten sie aneinander, umschlangen sich, preßten sich gegeneinander und weinten und lachten in einem Atemzug.
    Nach zwei Tagen kehrte Malanga vom Vorlager I zurück. Drei Verwundete waren gestorben, die anderen kamen auf geflochtenen Tragen nach. Malanga fuhr in einem Jeep voraus. Trommeln hatten ihm schon gemeldet, was im Hauptlager geschehen war.
    Corinna war angekommen.
    Je näher er dem Lager kam, um so langsamer fuhr er.
    Habe ich Angst vor der nun unausweichbaren Entscheidung, dachte er. Habe ich Angst vor Corinnas Nein zu meiner Frage? Habe ich Angst, in ihren Augen gleichfalls zu lesen: Wie kannst du mich fragen? Du, ein Neger!
    Er umklammerte das Lenkrad so fest, daß die Gelenke seiner Finger knackten.
    Ja, er hatte Angst. Höllische Angst. Angst auch vor sich, daß nach Corinnas Nein alle europäische Erziehung von ihm abfiel wie die Haut einer sich häutenden Schlange und er wieder nichts weiter wäre als ein getretener, verachteter, nach strengem Schweiß stinkender Bantu.
    Kirugu empfing Malanga in seiner Königshütte. Er hatte noch immer sein goldorangenes Gewand an. Es war sein einziger, ihn moralisch aufrichtender Schutz gegen die wilde Wut Budumbas, der seine Niederlage jetzt nur noch mit Blut wegwaschen konnte. Die Spaltung der Bantus in zwei Gruppen löste sich auf; die Anhänger Budumbas bröckelten immer mehr ab; sie sahen, daß der große Zauberer nicht unbesiegbar war, daß zwar die Geister bei ihm waren, aber seine Kraft nicht ausreichte, sie voll zu verstehen. Kirugu wußte genau, daß nun zwischen ihm und seinem Vetter eine Todfeindschaft lag, doch er hatte vorgesorgt: Um seine Königshütte lagerten fünfzig ausgewählte, treue Krieger und bewachten ihn. Es war ein Ring, den Budumba allein nie sprengen konnte.
    »Wo ist sie?« fragte Malanga knapp, nachdem er Kirugu umarmt hatte.
    »Ich habe sie zu den anderen Sanders getan.«
    »Und Budumba?«
    »Er rief das Volk mit Zaubereien auf, sie zu töten. Ich konnte es gerade noch verhindern.«
    Malanga sah starr an Kirugu vorbei.
    »Und der weiße Mann?«
    »Liegt an einen Pfahl gebunden in der Hütte von Leutnant Mgangenga.« Kirugu legte beide Hände auf die Schultern Malangas. »Willst du sie sehen?«
    »Ja.« Malanga seufzte und legte die Stirn an die breite Brust Kirugus. »Es ist furchtbar, Kwame.«
    »Es wird noch furchtbarer sein, wenn du sie gesehen hast.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Sie ist mutig und stolz, schön und gefährlich für dich, mein Junge. Sprich nicht mehr mit ihr.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Ich habe lange über alles nachgedacht.« Kirugu legte den Arm um Malanga wie um einen weinenden, kleinen Jungen, der sich gestoßen hat und nun nach Trost sucht. »Du siehst sie

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