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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gegen sich. Sieh, sollte das heißen, ihn liebe ich, ihn küsse ich … er ist ein Weißer!
    »Sie haben kein Gewehr bei sich, Sir?« sagte Malanga, als sich Thorwaldsen ihm auf Sprechnähe genähert hatte.
    »Nein!« Thorwaldsens Stimme war voll von Kraft. »Auch keine Pistole. Nichts. Ich erwarte, daß Sie fair sind, Malanga. Vielleicht ist das das einzige, was Sie von Ihrer europäischen Bildung übrigbehalten haben.«
    Malanga schluckte auch das mit eisernem Gesicht. Er nahm eine der Macheten am Griff und warf sie Thorwaldsen zu. Kurz vor seinen Füßen klatschte sie auf den Boden. Die breite Schneide blitzte in der grellen Sonne. Thorwaldsen bückte sich, hob das Buschmesser auf und wog es in der Hand.
    »Damit also?« fragte er gepreßt.
    »Ja.«
    »Fäuste wären mir lieber. Mit Macheten habe ich wenig Übung.«
    »Ich hatte auch keine Übung, aus Fallgruben zu klettern, Sir«, antwortete Malanga höflich. Thorwaldsen nickte.
    »Da haben Sie recht, Doc!« Er umklammerte das breite Buschmesser und holte tief Atem. »Zerhacken wir uns also!«
    Sie standen sich gegenüber, die Macheten in der Hand, und belauerten sich. Vom Jeep herüber scholl ein Aufschrei. Dort hielt Robert seine Schwester Corinna umklammert. Sie wehrte sich, trat um sich und schlug mit den Fäusten auf ihn ein. »Laß mich zu ihm!« schrie sie. »Das ist doch unmenschlich! Laß mich mit Malanga sprechen!«
    Thorwaldsen hörte die Schreie hinter sich. Über sein Gesicht zog ein Lächeln.
    »Corinna hat Angst. Hören Sie … sie will mit Ihnen sprechen, Doc. Aber ich habe es verhindert. Ob sie sich nun um mich oder Sie sorgt, das ist jetzt gleichgültig.«
    »Hat Corinna mich einen Nigger genannt?«
    »Nie!«
    »Würde sie mich lieben können?«
    »Schwer zu sagen.« Thorwaldsen beobachtete die Augen Malangas. Erfolgte ein Angriff, warfen die Augen den Blitz der Entscheidung voraus. »Vielleicht hätte sie es gekonnt, wenn sie Sie in Heidelberg getroffen hätte, als Arzt, als Kollegen. Jetzt, als Führer der Bwambas, die ihre Eltern zerhackt haben, die ihre Geschwister verschleppten, die mordend und brennend durchs Land zogen, haben Sie keine Chancen mehr. Sie sind nicht an Ihrer Hautfarbe gescheitert, Malanga, sondern an Ihrem Volk.«
    »Ich danke Ihnen, Sir.« Malanga machte eine leichte Verbeugung. »Sie wissen nicht, was diese Worte für mich bedeuten. Sie machen mich glücklich. Ich weiß jetzt, daß ich als Mensch akzeptiert werde, daß Herzen stärker sind als Pigmente. Es ist ein schönes Gefühl, Sir. Sie werden es nie nachempfinden können. Daß der Kampf meines Volkes um seine Freiheit mich in den Strudel hineinreißt, ist etwas anderes. Es ist meine Tragik, nicht Ihre. Ihre Tragik ist es, sich nicht wie ein Gentleman benommen zu haben, als es darum ging, einem Hilflosen zu helfen. Das ist unverzeihlich.«
    Malanga hob die breite, blitzende Klinge. Auch Thorwaldsens Machete zuckte hoch. Klirrend stießen sie gegeneinander. Vom Jeep her ertönte wieder ein lauter Aufschrei. Corinna kämpfte mit Robert, der sie mit beiden Armen umklammert hielt.
    »Nicht!« schrie sie. »Nicht! Ihr Verrückten!«
    Malanga sah mit einem langen, wehmütigen Blick hinüber zum Jeep. Es war ein Abschied für immer. Dann sprang er vor, wie ein Panther, der sich auf die Beute schnellt, und hieb gleichzeitig zu. Der Streich traf Thorwaldsen an der linken Schulter und schlug eine tiefe, klaffende Wunde, aus der sofort in einem breiten Strahl das Blut schoß.
    Thorwaldsen schwankte nicht. Sein Gesicht wurde nur bleich, seine Zähne knirschten. Mit ungeheurer Kraft schlug auch er zu. Seine breite Klinge schnitt sich tief in den Oberarm Malangas bis auf den Knochen. Dann standen sie sich wieder gegenüber, schwer atmend. Ihre Körper zuckten.
    »Ich schlage dir den Kopf ab …«, sagte Thorwaldsen keuchend.
    »Ich habe das gleiche vor, Sir …«, entgegnete Malanga.
    Sie hoben die breiten Messer, diese Hauklingen, mit denen man armdicke Äste zerfetzt, und visierten sich gegenseitig an. Sie wußten: Wer zuerst schlug, war der Sieger. Aber er mußte genau schlagen. Den Gegenschlag überlebte er sonst selbst nicht mehr.
    Fast gleichzeitig sprangen sie aufeinander zu. Die Macheten zischten durch die Luft, fielen nieder. Es war ein Aufprall wie der Zusammenstoß zweier Kolosse, sie lagen aneinander, ihr Blut vermischte sich, ihre Körper schienen aufzuschreien … dann fielen sie auseinander wie zwei Hälften einer geteilten Frucht.
    Thorwaldsens Kopf war unversehrt,

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