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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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oder Champagner, dachte sie und preßte die Hände fest aneinander. Ihr dreht euch auf der Tanzfläche, flirtet, lacht, zeigt eure Abendkleider und euren Schmuck – und 250 Kilometer weiter ist etwas geschehen, von dem niemand sprechen will. Vielleicht habt ihr es auch gehört, in Afrika bleibt kein Geheimnis lange geheim, aber ihr tanzt weiter, lacht weiter, trinkt weiter. Was geht es euch an? Der Albert-See ist weit.
    Sie zuckte zusammen, als sich neben ihr eine Gestalt ebenfalls mit den Händen auf die Balustrade stützte und hinuntersah auf Kampala. Aus den Augenwinkeln musterte sie ihn. Ein großer, schlanker Eingeborener mit einem klassisch schönen Bantukopf. Der weiße Smoking hob seine muskulöse Gestalt noch hervor; das Gesicht, zwar dunkel, aber nur mit einer Andeutung von Wulstlippen und breitem Nasenrücken, drückte Intelligenz und Kultur aus.
    »Ein schönes Land«, sagte er, als er bemerkte, wie Corinna ihn von der Seite musterte. Er hatte eine tiefe, melodische Stimme, die ihn sofort sympathisch machte. »Eine Stadt, erbaut auf sieben Hügeln wie Rom. Das Rom Ugandas.«
    »Sie kennen Rom?« Corinna drehte sich um und lehnte sich gegen die Steinmauer. Sie hatte eigentlich keine Lust, Konversation zu treiben, aber die Stimme des Mannes beruhigte sie irgendwie, und außerdem kam man für ein paar Minuten auf andere Gedanken.
    »Ja. Ich war drei Monate dort.« Der elegante Farbige verbeugte sich korrekt. »Julius Malanga … wenn Sie Wert auf meinen Namen legen.«
    »Warum sollte ich nicht? Corinna Sander.«
    »Danke.«
    »Wofür danke?«
    »Daß Sie so freundlich sind, mit mir vor den anderen Weißen zu sprechen.« Er nahm plötzlich ihre Hand, zog sie hoch und deutete einen vollendeten Handkuß an.
    »Ich bin in diesem Land geboren, Mister Malanga.« Corinna versuchte ein Lächeln, und es gelang ihr halb. »Ich liebe es.«
    »Sie wohnen hier in Kampala?«
    »Nein. Im Nordwesten. Wir haben eine Farm bei Kitumba.«
    »Ach.« Julius Malanga drehte sich etwas in den Schatten der Lampen und zeigte auf einen leeren Tisch am Rande der Balustrade. »Ist es unverfroren, Sie an meinen Tisch zu bitten? Oder erwarten Sie jemanden?«
    »Nein. Gehen wir.«
    Sie saßen kaum, als der Oberkellner kam und eine Flasche Champagner brachte. Corinna hatte nicht gesehen, wie Julius Malanga sie bestellte. Er mußte es mit einem stummen Blick getan haben, als er sie zum Tisch geleitete.
    »Ihr Geschmack, Miß Sander?« fragte er, als der Ober die Kelchgläser gefüllt hatte.
    »Welches weibliche Wesen mag keinen Champagner?« Sie legte die Hände um das vor Kälte beschlagene Glas. »Sie sind Stammgast hier?«
    »O nein. Ich bin erst vor drei Tagen aus London gekommen.« Malanga hob das Glas und prostete Corinna zu. Und dann sagte er in einem klaren, akzentfreien Deutsch: »Auf Ihr Wohl!«
    Corinna hustete, sie hatte sich vor Überraschung verschluckt. Als sie wieder sprechen konnte, sah sie in das breite Lächeln des dunklen Gesichtes.
    »Sie sprechen deutsch?«
    »Ich bin zufrieden. Ich habe drei Jahre in Erlangen und Köln studiert. In Köln habe ich meinen Doktor gemacht. Es war eine schöne Zeit in Ihrem schönen, aber kalten Land.«
    »Sie sind Jurist, nicht wahr?« fragte Corinna.
    »Nein, Mediziner. Ich bin ein richtiger, ausgebildeter Medizinmann.«
    »So etwas! Ich studiere seit zwei Jahren in Heidelberg Medizin.« Corinna lächelte zurück. »Welch ein Zufall. Und nun besuchen Sie hier Verwandte?«
    »Nein. Ich bleibe in Uganda.« Julius Malanga griff zur Seite, holte die Flasche aus dem Sektkübel und goß die Gläser nach. »Ich habe in London mein Fachwissen in Chirurgie erweitert und abgeschlossen und bin nun zurückgekommen, um meinem Volke zu dienen.«
    »Das klingt gut«, sagte Corinna. »Meinem Volke …«
    »Es ist ein großes Problem unseres Landes. Wir haben 7,7 Millionen Einwohner, aber nur 600 ausgebildete Ärzte, 2.600 Krankenschwestern und 800 Hebammen. Krankenhäuser gibt es ganze 29 mit knapp 4.800 Betten. Und das bei einer Kindersterblichkeit von 50 Prozent, bei jährlich 110.000 Malariafällen und 80.000 Geschlechtskrankheiten. Man braucht hier wirklich jede Hand. Aber ich quäle Sie mit Zahlen wie ein blinder Computer, der nicht sieht und fühlt, daß eine wunderschöne Frau vor ihm sitzt. Verzeihen Sie. Aber wenn ich über mein Volk spreche, blutet mir sofort das Herz.«
    Malanga verbeugte sich im Sitzen und hob sein Sektglas. Corinna stieß mit ihm an. Stumm tranken sie es aus und sahen dann

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