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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht mit frommen Lügen füttern, Corinna … ich sehe tatsächlich dunkel.«
    »Dann verstehe ich nicht, wieso man mich wie eine Art Herrin behandelt. Denken Sie an den jungen Leutnant, der sich entschuldigte, daß man uns aus Versehen gefesselt habe.«
    »Bei Ihnen, Corinna, ist das etwas anderes. Ich spreche nur von mir.« Thorwaldsen lehnte sich zurück. »Sie werden selbstverständlich weiterleben. An den Kragen geht es nur mir.«
    »Vielleicht nützt es Ihnen etwas, wenn Sie von Malanga erzählen?« Corinna fuhr herum, ihre großen Augen waren plötzlich noch weiter. »Das ist es, Hendrik! Malanga! Sein Ziel war ja dieses Lager der Bwambas!« Sie wollte aufspringen, aber Thorwaldsen riß sie auf die Kiste zurück. »Wenn Robert und Gisela noch leben … dann sind sie hier … dann sehe ich sie gleich wieder …« Ihre Worte verloren sich in einem Stammeln. Thorwaldsen kaute an der Unterlippe. Er hatte den Arm wie schützend um Corinna gelegt, obwohl er wußte, daß jetzt jeder Mut sinnlos war, daß ihr Leben nur von dem Willen des einen Mannes abhing, der zu einer der geheimnisvollsten Persönlichkeiten Ostafrikas geworden war.
    Licht fiel in das Halbdunkel des Laderaumes und blendete grell. Die Plane an der Tür wurde zur Seite gerissen. Corinna blinzelte in die Sonne und erhob sich. Thorwaldsen folgte ihr etwas gebückt. Er war größer als der Wagenaufbau und mußte den Kopf einziehen.
    Die Bantus rund um den Wagen schwiegen nun. Aus Hunderten von schwarzen Gesichtern starrten abschätzende Augen auf die beiden Weißen, die jetzt mit Hilfe des jungen Leutnants aus dem Lastwagen kletterten.
    Fünf Meter vom Wagen entfernt, unter einem großen Schirm aus geflochtenem Gras, den zwei Bantus an Stangen über ihn hielten, wartete Kwame Kirugu. Er hatte seinen Königsschmuck angelegt und das hemdartige, orangefarbene, mit goldenen Lurexfäden durchwirkte Gewand angezogen, dessen Stoff ihm ein indischer Händler vor drei Jahren verkauft hatte. »In diesen wertvollsten Stoff der Welt kleidet sich der Kaiser von Indien!« hatte der Händler gesagt und Fotos gezeigt, auf denen andere Könige majestätisch auf goldenen Thronen saßen, alle in Prunkgewändern aus diesem Stoff. Daß diese Aufnahmen in einem Zimmer des Londoner Old-James-Theaters aufgenommen waren, die goldenen Throne Bühnendekorationen waren und die Kaiser und Könige gut geschminkte Komparsen des Theaters – woher sollte Kwame Kirugu das wissen? Der Glanz der anderen Könige überzeugte ihn. Er kaufte für einen wahnsinnigen Preis einen Ballen dieses Goldstoffes und ließ sich daraus sein Königskleid machen. Als er zum erstenmal damit unter sein Volk trat, beschienen von der Sonne, die ihre Strahlen in den Goldfäden zurückwarf, und dadurch aussah, als leuchte er selbst, fielen seine Bantus auf die Knie und glaubten, Kirugu habe sich mit der Sonne bekleidet.
    Corinna senkte einen Augenblick die Lider, geblendet von der mächtigen, goldorangenen Fülle Kirugus, und auch Thorwaldsen fand, daß diese Erscheinung unter dem Grasschirm imposant war. Er erkannte sofort den Mann wieder, den er damals in der Savanne auf dem geschnitzten Stuhl gesehen hatte, nachts, getragen auf einer Sänfte aus Bambusstangen. Der König, dessen Krieger einen Weg aus Feuer und Tod quer durch das Land geschlagen hatten.
    Kwame Kirugu betrachtete Corinna genau, als sie vor ihm stand. Die schmutzige, verschwitzte Bluse, die Khakihose, deren linkes Bein abgeschnitten war, damit das noch immer dick verbundene Bein nicht gedrückt wurde, die blonden Haare, der zierliche und doch wohlgeformte Körper – es war ein Anblick, der Kirugu weh tat.
    Ich kann dich verstehen, Malanga, dachte er. Die Schönheit dieser weißen Frau hat dich vom Weg gelockt. Du bist ihr gefolgt wie der Löwe einer Löwin, durch die Steppen und Sümpfe, Regenwälder und Sandwüsten. Du hast nur sie gesehen. Es hätte nicht viel gefehlt, und du hättest dich verirrt für dein ganzes Leben. Du wärest deinem Volk davongelaufen, um in den Armen einer Frau ein Sklave zu werden.
    Corinna sah sich um. Die Ansammlung primitiver Hütten bewies ihr, daß dieses Lager nur für ein paar Tage errichtet war. Einige Gruppen bauten schon wieder ihre Behausungen ab; die Frauen schnallten sich die Hüttenstangen auf den Rücken, schleppten die Säcke und Körbe und zogen die Rinder hinter sich her, auf denen der Hausrat verschnürt war.
    Noch immer schwieg Kirugu und sah Corinna an. Thorwaldsen störte ihn. Wer ist er, dachte

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