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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er. Wo kommt er her? Malanga hat nie ein Wort von ihm gesagt. Warum? Er hat ihn mir verschwiegen. Was ist in der Steppe vorgefallen? Warum wanderte Malanga einsam durch den Busch, während der Weiße mit der Frau in Malangas Wagen weiterfuhr? Haben sie ihn ausgesetzt? Ist der weiße Mann der Rivale Malangas in der Liebe zu dieser Frau?
    Auf einmal hatte es Kirugu nicht mehr eilig, Corinna töten zu lassen. Er ahnte, daß sich draußen in der weiten Savanne eine stille Tragödie abgespielt hatte, deren Fortsetzung nun hier im Lager stattfinden mußte. Das alte Drama zwischen Schwarz und Weiß, dachte Kirugu und hatte plötzlich Mitleid mit seinem Neffen. Du liebst sie, und ein Weißer tritt dich weg, nur weil er eine helle Hautfarbe hat. Ist es so, Malanga? Sieh, ich werde das schöne weiße Weibchen leben lassen, damit du für immer von deinem Wahn geheilt wirst. Du bist ein Bantu, auch wenn du in Europa deinen Doktor der Medizin gemacht hast. Für die Weißen bist du immer ein Neger, ein Mensch zweiter Klasse. Du weißt es, aber du willst dieses Wissen nicht aufnehmen. Du wehrst dich dagegen, weil du sie liebst. Darum soll sie weiterleben, damit sie dir eines Tages selbst sagt, welcher Illusion du nachgerannt bist.
    In diesem Augenblick wurden die Gedanken Kirugus durch einen klirrenden Lärm unterbrochen. Von der Zauberhütte her tanzte Budumba heran. Er war in sein Leopardenfell gekleidet, behängt mit bunten Glasketten und klingenden Glöckchen, silbernen Schnüren und gebleichten Totenschädeln von Affen, die aussahen wie die Köpfe von kleinen Kindern. Das Gesicht war durch eine bunt bemalte, holzgeschnitzte Fratze verdeckt, eine Maske, die selbst die nächtlichen Dämonen verscheuchte. Die Füße und Hände steckten in Manschetten aus Federn. Was da herantanzte, unartikulierte Schreie ausstoßend, mit wilden Körperzuckungen und federnden Beinen, war ein grellbuntes, gefiedertes Wesen, eine Fabelgestalt ohne Namen, ein erschreckendes Gebilde abstoßender Häßlichkeit.
    Nabu Budumba umtanzte schreiend Corinna und Thorwaldsen. Die Bantus machten ehrfürchtig vor ihm Platz und bildeten einen weiten Kreis. Kirugu sah mit verkniffenem Gesicht auf den hüpfenden Zauberer.
    Budumba umkreiste ein paarmal Corinna und Thorwaldsen. Unter seiner hölzernen Maske lief ihm der Schweiß in Strömen über den Körper, aber er merkte es nicht. Was er jetzt tat, war ein Akt der Verzweiflung. Mit dem kleinen Lastwagen, das wußte er, war alles gekommen, was Malanga brauchte, um den Stamm auf seine Seite zu bringen, um der größte Zauberer aller Zeiten zu sein, der den kleinen Dämonentänzer Budumba lächerlich machen konnte. Aber jetzt war Malanga weit, der Zauber gehörte noch Budumba allein, und das wollte er nun ausnutzen, wollte vor den Bantus seine Kraft beweisen, die Liebe der Geister, die ihm gehörte.
    Selbst Kirugu zuckte zusammen, als Budumbas schreiende Stimme aufklang. Thorwaldsen verstand nicht, was er brüllte; es war ein Dialekt, den er nicht kannte.
    »Mit ihnen ist das Unglück zu uns gekommen!« schrie Budumba und schüttelte sich, daß alle Glöckchen anschlugen und die Glasketten rasselten. »Die Geister sagen es mir … sie sollen sterben … sterben … bevor die Sonne sich zum Schlafen legt … Überleben sie die Nacht, werden die Bwambas untergehen … Ich höre die Stimmen der Geister … ich höre sie … sie sind um mich … dringen in mich ein … zerfleischen mich. Oh!« Budumba stieß einen grellen Schrei aus. Er fiel zur Erde und wälzte sich wie in Krämpfen. Das hatte er lange geübt. Ein Mensch in Krämpfen galt bei allen primitiven Völkern als ein von den Geistern Besessener. Sie wurden geehrt und gepflegt, denn sie lebten ja schon in der Welt, in die man erst nach dem Tode hineinkam. Selbst im zaristischen Rußland galten die Epileptiker und Halbidioten als ›Männer Gottes‹ und genossen am Zarenhof Sonderrechte. Um wieviel stärker wirkte dann ein Mann wie Budumba auf die Bantus, deren Geisterglaube trotz Missionsschule und reisender Pater unerschütterlich war.
    Ehrfürchtig standen die Bwambas um den zuckenden, sich über die Erde wälzenden Körper. Budumba hatte die Holzmaske vom Gesicht gerissen. Schaum stand ihm vor dem Mund, die Augen quollen wie Kugeln hervor. Sein Leib verkrampfte sich und schnellte dann wieder hoch, die Beine schlugen auf den Boden, die Hände trommelten in den Staub.
    »Tötet sie …!« schrie Budumba heiser. »Tötet sie … tötet sie …!«
    Die Mauer

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