In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)
nacktem Unterleib und barfuß auf dem kalten, feuchten Beton von einem Fuß auf den anderen tritt. Ihre Hand hält sie verschämt vor ihrem Schoß, doch diese Geste wirkt automatisch und wie geprobt. Herr Mahr kehrt zu der schmutzigen Matratze zurück. Hechelnd beugt er sich schließlich vor, hebt den Slip auf und reicht ihn ihr. Dann öffnet er die massive, rostige Tür und schiebt sie sanft in die Dunkelheit hinein. Er schließt die Tür wieder, sperrt sie zu und geht seiner Arbeit nach.
»Hast du je daran gedacht, es zu melden?«
Wir sitzen in meinem Zimmer, dieser winzigen Zelle im vierten Stock, die ein heimliches Archiv für die besten Comics der Welt ist. Hier führt vom Eingang nur ein kleiner, vier Schritte langer, von hohen Regalen gesäumter Korridor zum Bett.
Manzio hat es sich auf meinem Bett bequem gemacht, während ich mit dem einzigen Stuhl vorliebnehme. Er trägt eine seiner typischen Jogging-Uniformen. Das Oberteil und die Hose sind beide rot und mit einem weißen Streifen entlang der Arme und Beine gesäumt. Mein Kleidungsstil ist hoffnungslos trashig und aus einer Bequemlichkeit heraus irgendwo bei der Grunch-Ära stehengeblieben. Doch Manzio schafft es bei allem, eins draufzusetzen. Sogar bei unserem gemeinsamen schlechten Geschmack im Bezug auf Bekleidung.
»Wie melden? Meinst Bullerei und so?« Er seufzt. »Ich habe mir überlegt, ihn zu töten.«
Ich beobachte ihn schweigend, in der Hoffnung, er möge diese Stellungnahme ein wenig erklären.
»Es hätte etwas sehr poetisches. Voll krass archaisch, Mann. Unschuldige Mädchen aus den Klauen eines Psychopathen zu retten«, fährt er fort. »Aber leider ist es nicht so einfach.«
Ich mustere seinen Gesichtsausdruck und weiß, dass er es ernst meint.
»Es gehen seltsame Dinge da unten vor. Da gibt es Kerle, die nur russisch sprechen. Und ein Haufen Söldner lebt da unten und bewacht alles, was sich hinter der blauen Tür befindet. Und es gibt unbewohnte Appartements in den oberen Stockwerken. Wusstest du, dass es über uns mindestens zwanzig Wohnungen gibt, die leer stehen? Ich habe mal reingeschaut. Sie sehen aus wie Wohneinheiten für Soldaten. Total spartanisch.«
Er legt eine Sonderausgabe der Jungen Giganten beiseite und greift sich seine verwinkelte Glasbong. Er hat sie aus seiner Wohnung mitgebracht. In einem schwarzen Koffer, der mit Schaumstoff ausgelegt ist.
»Unten im Keller leben Söldner?« frage ich vollkommen verwirrt und versuche mir auszumalen, was er da eigentlich sagt.
Manzio lässt den Rauch durch das Wasser rauschen. Es klingt wie eine kleine tragbare Klospülung.
»Ganz seltsamer Scheiß...« Er stellt die Wasserpfeife beiseite und lehnt sich, den Bauch kratzend, zurück. »Dieses Haus ist so fies, das checkst du gar nicht. Das ist Dark Germany in Reinform.«
Ich versuche zu begreifen, was er meint. »Und was geht da vor?«
»Ich habe unten die seltsamsten Sachen gesehen. Männer treffen sich dort und sprechen von einem Krieg. Aber es ist irgendwie nicht politisch. Es kommt mir vor, als wären sie eine Sekte, aber sie reden davon, alle Sekten zu vernichten. Doch als erstes wollen sie die schrecklichste aller Sekten vernichten. Es ist alles ziemlich schräg.«
Ich sehe ihn erstaunt an.
»Woher weißt du so viel über sie?«
Manzio beugt sich vor und starrt mich geheimnisvoll an.
»Ich gehe da schon lange hin.«
»Da runter?«
Er nickt undeutlich.
»Ich weiß nicht warum. Es macht mich einfach so neugierig.«
Er blickt ausdruckslos vor sich hin und schweigt eine Weile.
Ich denke an Rufus Mahr, wie er dort mit seinem wuchtigen, fassförmigen Körper auf diesem dürren, zerbrechlichen Mädchen lag und seine Schenkel gegen ihren Schoß klatschten.
Die Hostien sind alle und so stellen wir einen Topf voller Gummibärchen zwischen uns. Nicht gerade mein Favorit zur Befriedigung von Munchies. Dafür war mir der Geschmack stets etwas zu monoton. Aber wir hatten nichts anderes da. Bei uns beiden war die Wechselbeziehung zwischen THC und den Geschmacksknospen recht ausgeprägt. Der Fressflash kam regelmäßig. Manzio griff in den Topf und brütete, die bunten Gummibärchen langsam zwischen seine Mahlwerkzeuge steckend, vor sich hin. Es war mir unbegreiflich, warum erfolgreiche Dope-Verchecker wie wir nicht einen Kühlschrank voller Fressalien hatten. Am Geld konnte es nicht liegen.
»Ein Geheimbund«, überlegt Manzio. »So wie die Freimaurer. Da war auch Mozart dabei.«
»Was glaubst du, gibt er
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