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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Scherz, in den real anmutenden Rahmen eines Interviews gesetzt. Doch nach meinen Erfahrungen mit Rufus Mahr im Haus der Kraniche erschienen mir diese Zeilen keineswegs harmlos.
    Plötzlich erinnerte ich mich an die Nachricht. Ich kramte nach meiner Brieftasche und fand den Zettel sofort. Neben dem Monitor befand sich ein silberfarbener Cannon-Scanner. Noch einmal sah ich auf die sinnlose Anhäufung von Buchstaben und legte das schmutzige Stück Papier auf das Scannerglas. Als ich fertig war, schickte ich eine leere Email an mich selbst und hängte den Scan an.
    Das Papierröllchen verstaute ich wieder in meiner Brieftasche, wobei ich es mir nicht nehmen konnte, vorher noch einmal daran zu riechen. Doch der Duft aus Mottenkugeln und Mösensaft war verflogen.
    Ich blickte von meinem Bildschirm hoch. Draußen fing es an, leicht zu nieseln und die kleinen Wassertropfen zerschlugen sich an den riesigen und exhibitionistisch anmutenden Schaufenstern des Cybercafés. Der Laden lag an einer Straßenecke, die ich durch mein Schlafzimmerfenster gerade noch am Ende der Straße sehen konnte. Ich dachte plötzlich daran, dass hier um acht Uhr morgens Banker und Versicherungskaufleute anhielten, um sich die Morgenzeitung von den Automaten zu holen. Nachmittags stand an dieser Ecke ein Zeuge Jehovas und hielt einen Wachturm hoch. Abends konnte man eine Gruppe Afrikaner sehen, die dort Gras, Koks und Amphetamine vercheckte. Das harmonische Zusammenleben des Gemeinwesens war eine Lüge, denn allein diese drei Bevölkerungsgruppen hassten sich gegenseitig wie die Pest. Es waren alles in Wirklichkeit nur Schichten, die in derselben Stadt übereinander gelegt wurden und kaum Schnittstellen besaßen (außer die Bankiers brauchten etwas Koks von den Afrikanern, was aber nicht zu einer gegenseitigen Wertschätzung beitrug).
    Ich kehrte nach Hause zurück und erinnerte mich an die Frau in der Wohnung nebenan. Ich nahm das Kartonrohr einer leeren Klopapierrolle und presste es gegen die Wand meines Schlafzimmers. Ich lauschte durch das Röhrchen, im vollen Bewusstsein, dass ich abgefuckter war, als ich es mir bereits eingestand. Doch alles was ich hörte, mutete wie das Rauschen einer Meeresmuschel an. Erst am Nachmittag, als ich meinem recht armseligen Voyeurismus — oder viel mehr Audierismus — ein da capo gab, hörte ich befremdliche, gedämpfte Geräusche, die wie Peitschenschläge klangen.
    Noch so eine? Es fiel mir schwer das zu fassen. Diese Stadt... Doch bald sollte ich meinen Irrtum erkennen.
    Verwundert ging ich abends in die Stadt, um in einer Pizzeria Pasta zu essen. Auf dem Rückweg zu meiner Wohnung passierten mich die Ereignisse wie ein landendes Flugzeug.
    Vielleicht zweihundert Meter von der Haustür entfernt sah ich die beiden Männer. Sie trugen kurze Motorradjacken und unterhielten sich. Einer von ihnen rauchte eine Zigarette. Sie verfolgten mich nicht etwa — im Gegenteil, ich kam auf sie zu. Als ich an ihnen vorbeikam, rührte sich da etwas in meinem Gehirn. Ein Gedanke, der erst mal diffus und unklar war — aber intensiv. Da war irgendein Detail. Etwas, das nicht stimmte. Oder im Gegenteil, etwas das zu sehr stimmte. Es dauerte jedoch noch weitere zwanzig Sekunden bevor ich es begriff. Einer der beiden Männer trug feinrasierte Bartkotletten. Keine buschigen Teppiche, sondern säuberliche, dünne Striche, die wie dunkle Rinnsale entlang seines Kiefers verliefen. Doch das verstörende war seine Hand, die ich im Vorbeigehen im Augenwinkel sah. Der kleine Finger war vermutlich amputiert und durch eine metallische kleine Prothese ersetzt. Ich hatte diese Hand bereits gesehen, jedoch nie bewusst daran gedacht. Tief in meinem Gedächtnis war ein Bild gespeichert und wartete auf die Erweckung durch ein neues Bild desselben Inhalts. Das Haus der Kraniche. Ich erinnerte mich plötzlich an einen der Söldner, der unten in der Halle des Hauptquartiers, unweit von Hausmeister Mahr stand, mit einer Maschinenpistole in den Händen. Sein Gesicht war mir nicht bekannt — vielleicht hatte er damals zu sehr im Schatten gestanden. Aber ich erinnerte mich, dass seine linke Hand eine Prothese trug.
    Ich wollte gar nicht sehen, ob sie mir folgten. Es bestand eine gewisse Chance, dass diese Männer nicht wussten, wo ich lebte, und jene Straßenecke, an der sie mich abfingen, der äußerste Punkt war, bis zu dem sie mich in den vergangen Tagen bespitzelt hatten. Nun erwarteten sie wohl, dass ich sie zu meiner Wohnung führte, damit sie

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