In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)
mich dort erledigen konnten. Ich hatte nicht vor, dem zu entsprechen.
Mit den Händen in den Taschen überquerte ich die Straße und schlug sofort eine andere Richtung ein. Ich wollte sie lieber auf die Reeperbahn locken, denn dort befanden sich unzählige Zeugen für alles, was geschehen mochte.
Als ich mich mit einem möglichst unauffälligen Kopfschwung umsah, stellte ich jedoch fest, dass mir niemand folgte. Ich stand allein in einer dunklen Seitenstraße, an deren Ende die grellen Lichter von St. Pauli pulsierten.
Doch dann quietschten plötzlich Reifen und ein Paar runder Scheinwerfer raste um die Ecke. Zu jenem Zeitpunkt, als die Gesamtheit meines Körpers begriff, dass es nun an der Zeit war, zu rennen, bremste der Wagen nur drei Meter vor mir. Die Türen waren aufgerissen und der Mann mit dem peniblen Bart sprang heraus. Der Fahrer folgte ihm. Ich streckte dem ersten Angreifer meine Hände entgegen, was eine außerordentlich schwache Abwehr darstellte. Dies wurde sofort mit einem trockenen, kurzen und über alle Maße eingeübt wirkenden Schlag auf meinen Brustkorb belohnt. Die Luft schoss aus meinen Lungen. Ich schlug im nächsten Moment auf dem Steinpflaster auf und versuchte panisch einzuatmen. Es gelang mir nicht. Mein Hals und meine Brust bebten bei dem Versuch, die Blockade in meinen Lungen zu lösen und einen Schluck Sauerstoff zu fassen. Während es mir endlich gelang einen tiefen Atemzug zu holen, blitzte in der Hand des anderen Fahrers etwas auf.
Inzwischen packte mich der Söldner am Ellbogen und zerrte mich recht erfolgreich hoch. Sie wollten mich in das Auto verfrachten.
Plötzlich glitt hinter den Rücken der Männer ein Schatten über die Motorhaube des Autos. Dann trat jemand gegen den Unterschenkel des Fahrers. Sein Knie krachte auf das Steinpflaster. Die fremde Gestalt schlug ihm mit dem Ellbogen ins Gesicht, gerade schnell genug, um dann den Faustschlag des zweiten Mannes abzufangen. Der Fahrer blieb bewusstlos liegen und ich sah das seltsame Objekt über den Asphalt rotieren. Es war kein Messer, sondern ein Gegenstand, der wie eine Kreuzung aus einer Pistole und einer Injektionsspritze aussah.
Der neue Spieler warf sich zurück und umkreiste nun den großen Schläger mit den Bartkotletten. Sie stießen zweimal wie Hirsche gegeneinander und wichen wieder zurück. Offensichtlich war der um einen Kopf größere Schläger mit dem Silberfinger stärker. In diesem Augenblick erkannte ich nicht nur, dass mein Retter eine Frau war — sondern auch, dass mein Retter die Frau aus der Nachbarwohnung war.
Der Killer trat nach ihr, verfehlte sie aber. Diesen Missgriff bezahlte er sofort mit einem Gegenangriff auf sein Standbein und einem spektakulären Sturz auf die Straße. Wie ein Panther sprang die Frau hoch und landete mit dem Knie voraus auf der Brust des liegenden Mannes. Ich konnte nicht sehr gut sehen, was als nächstes geschah. Ich hörte Schläge und ein lautes Keuchen. Dann stand sie auf, trat einige Schritte zur Seite, hob etwas vom Boden auf und ging dann zielstrebig auf mich zu.
Es war vorbei. Der Motor des Wagens brummte vor sich hin und irgendein Anwohner schrie aus dem Fenster nach der Polizei. Ich stemmte mich gegen meine Ellbogen und hielt meine Hand vors Gesicht. Die Scheinwerfer blendeten. Ihre Hand streckte sich mir entgegen und zog mich hoch.
»Kein Grund sich in mich zu verlieben«, sagte sie mit lächelnden Augen und ernstem Mund.
Ich wollte so schnell wie möglich weg hier. Wir schlichen uns eilig in unser Haus. Vielmehr zog sie mich am Arm hinter sich her. Dann standen wir vor unseren beiden Wohnungstüren und ich suchte ratlos nach meinen Schlüsseln.
»Komm mit« sagte sie leise, jedoch bestimmt. Erst jetzt konnte ich sie richtig ansehen. Sie trug typische Sportkleidung. Vermutlich war sie joggen. Nachdem, was ich gesehen hatte, musste sie sich bei nächtlichen Ausflügen durch St. Pauli keine Sorgen machen.
Ich folgte ihr in ihre Wohnung, willig wie ein Schaf. Schon im Eingang duftete es nach Frauenparfum und Waschpulver. Sie zog ihre Straßenschuhe aus, und so tat ich es ihr nach.
Das Wohnzimmer überraschte mich, denn es hatte nichts Wohnzimmerartiges. Ich war von dem Überfall recht verstört, doch was ich hier sah, sorgte durchaus für Ablenkung. Als größter Raum in der Wohnung, war es zu einem kleinen Dojo umfunktioniert worden. Ein Sandsack hing von der Decke, entlang der Wand war ein Folienspiegel verklebt und statt eines Teppichs gab es auf dem
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