In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
Gefahrenbereichs. (Obwohl es immer noch Spielraum für Verbesserungen gab – laut Dr. Sears muss man die entzündlichen Prozesse, die auf Zellebene stattfinden, auf ein Minimum reduzieren, um den Körper zu sportlichen Spitzenleistungen zu befähigen.)
Ich war überzeugt. Es funktionierte. Und schließlich musste ich doch meine lang gehegte Überzeugung revidieren, dass ich essen konnte, was ich wollte, solange ich nur regelmäßig lief. Traurig, aber wahr.
Einmal unterhielt ich mich nach einem Workout im Elysium mit meinem CrossFit-Kollegen Dave Bennett. Wir standen vor dem Haupttrainingsbereich in der Nähe des Eingangs und sprachen über ein Ein-Tages-Turnier in Orange County, das er als Zuschauer besucht hatte, unterbrachen aber unser Gespräch, als ein anderes Mitglied hereinkam. Es war eine Frau im Sportdress, die ihre kleine Tochter in einem Kinderwagen vor sich her schob. Sie warf einen Blick auf das WOD und bemerkte, dass es unter anderem aus Sprints im Freien bestand. Dann fragte sie in die Runde hinein, ob sich jemand dazu bereit erklären würde, in dieser Zeit auf ihre Tochter aufzupassen. Bevor Dave oder ich antworten konnten, hatte sich schon eine kleine Schar Freiwilliger gemeldet. Jeder in Hörweite bot von sich aus an, sich um die Kleine zu kümmern.
Dave warf mir einen Blick zu und lächelte. »Ich habe zwar noch keine eigenen Kinder, aber wenn es so weit ist, würde ich sie jederzeit jedem Kollegen hier anvertrauen.«
Eines war klar: Der Zusammenhalt in der Box war stark. Die Studiobesucher vertrauten einander vorbehaltlos. Manche Mitglieder waren neu und kannten die anderen folglich noch nicht besonders gut, aber das schien keine Rolle zu spielen. Das CrossFit Elysium hatte einen soliden Gemeinschaftssinn entwickelt und jeder stand für den anderen ein.
Das muss natürlich nicht zwangsläufig so sein, die Atmosphäre variiert von Studio zu Studio. An diesem Tag befanden sich rund 80 Mitglieder im Elysium; unverkennbar war es eine eingeschworene Gruppe. Ich fragte mich, ob dieselbe Dynamik auch auf einer höheren Ebene existierte. Würde bei größeren CrossFit-Veranstaltungen derselbe Kameradschaftsgeist herrschen? Es dauerte nicht lange, bis ich die Gelegenheit erhielt, das selbst herauszufinden.
Als ich eines Nachmittags nach Carson fuhr, das südlich von Los Angeles liegt, um an den Reebok CrossFit Games 2011 teilzunehmen, stieß ich im Home Depot Center, dem Sportkomplex, in dem die Games stattfanden, auf einen Bekannten. Ich hatte zwei Wochen zuvor während eines Boston-Aufenthalts im CrossFit Southie mit ihm trainiert, daher war ich doch etwas überrascht, ihn hier zu sehen, über 4800 Kilometer von seiner Heimat-Box entfernt. Wir unterhielten uns über die Games und die große Anzahl an CrossFittern, die aus diesem Anlass aus dem ganzen Land, ja aus aller Welt zusammengekommen waren.
»Ist dir aufgefallen, wie die Leute hier drauf sind?«, fragte er.
»Wie meinst du das?«
»Alle sind nett zueinander. Bei dem ganzen Gedränge, dem Anstehen an den Imbissständen, auf dem Parkplatz, überall. Jeder nimmt Rücksicht auf den anderen. Man geht aufs Klo und wird nicht von Leuten angerempelt, die gerade herausgehen wollen. Sie lächeln und lassen dir den Vortritt. Jeder ist gut gelaunt und gibt sich Mühe, dir behilflich zu sein.«
Das war tatsächlich so. Auch wenn man etwas völlig anderes von Leuten erwartete, die über und über mit Tätowierungen übersät waren und einen Kleidungsstil pflegten, der sich am besten als »AC/DC trifft Aerobic« beschreiben lässt – viele trugen beispielsweise weiße Kniestrümpfe und bunte Minimalschuhe –, die zahlreichen anwesenden CrossFitter verhielten sich durchweg höflich und hilfsbereit.
Vielleicht ist das der Grund, warum Außenstehende, wie ich es früher einmal war, den Eindruck gewinnen, CrossFit müsse so etwas wie ein exzentrischer, masochistischer Fitnesskult sein. Selbst CrossFitter geben zu, dass ihr Sport kultähnlichen Charakter besitzt. In Onlineforen und -diskussionen stößt man in diesem Zusammenhang oft auf die Formulierung »Kool-Aid trinken«, was nicht ganz ernst gemeint ist. Kool-Aid ist ein aromatisiertes, farbiges Getränkepulver, das in den USA Kultstatus besitzt. Die Redewendung bezieht sich jedoch auf die verblendeten Sektenanhänger, die 1978 während des Jonestown-Massakers in Selbstmordabsicht vergifteten Saft tranken. Bei CrossFit gibt es aber keine Gehirnwäsche, es werden auch keine Blumen auf Flughäfen
Weitere Kostenlose Bücher