In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
wodurch sie den Kampf gegen den Krebs als besonders beschwerlich und belastend empfand. Sie musste sich operieren lassen, erhielt ein Brustimplantat und verlor ihre Haare. Danach beschloss sie, Colorado zu verlassen, und ging nach San Francisco, wo sie bei einer alten Freundin, Gretchen Weber, einzog.
»Ich hatte keinen Job und kannte kaum jemanden in der Stadt«, erinnert sie sich. »Die meiste Zeit über starrte ich einfach aus dem Fenster.« Weber war eines der ersten Mitglieder des SFCF und überredete Kearney schließlich dazu, mit ihr ins Studio zu kommen. Wenn Kearney über diese Phase ihres Lebens spricht, erinnert sie sich nicht mehr an viele Einzelheiten, aber eines blieb ihr nachhaltig in Erinnerung: der Tag, an dem sie unter der Anleitung ihres Coaches zum ersten Mal einen Klimmzug ausführen sollte. Ihre Haare, die ihr in der Chemotherapie ausgefallen waren, waren noch immer nicht ganz nachgewachsen, und der Krebs hatte auch an ihrer Muskelmasse gezehrt, aber ihre Kraft kehrte langsam wieder zurück.
»Alle Anwesenden im Studio standen im Kreis um mich herum – die Betreuer, die anderen Sportler, alle redeten mir gut zu, dass ich es schaffen könne«, sagt sie. Und Kearney schaffte es – den ersten Klimmzug ihres Lebens. »Das San Francisco CrossFit half mir dabei, meinem Leben eine neue Wendung zu geben.«
Wenn ich an meine eigenen Erlebnisse zurückdenke, erinnere ich mich daran, wie ich das erste Mal die Internetseite CrossFit.com besuchte. Meine Ehrfurcht vor dem sportlichen Können der vorgestellten Athleten war gepaart mit einer Abneigung gegen den fanatischen Masochismus, der sich im CrossFit manchmal Bahn bricht. Zu trainieren, bis sich die Haut von den Handflächen löst (ein häufiges Problem beim übermäßigen Gebrauch von Langhanteln, Klimmzugstangen und Turnringen), und sich nach dem Workout zu übergeben, gilt bei manchen Zeitgenossen als eine Art Auszeichnung. Für mich war das ein rotes Tuch. Wie dämlich musste man sein, um sich willentlich die Haut von den Handflächen zu reißen? Oder sein Mittagessen zu erbrechen? (Später erfuhr ich, dass ich mit dieser Meinung keineswegs allein dastand. Auch die Trainer, mit denen ich zu tun hatte, versuchten, ihre Sportler von solchen Dingen abzubringen.) Mir imponierte jedoch, wie fit die CrossFit-Sportler waren. Sie bewegten sich so leicht und anmutig.
Obwohl ich nicht annähernd so ein hartes Los hatte wie Kearney mit ihrer Krebserkrankung, ging es mir dennoch schlecht, und ich wusste einfach nicht, wie ich meine Abwärtsspirale anhalten konnte. Ich wollte etwas für mich tun, suchte aber keinen Anschluss. Der Gedanke, neue Leute kennenzulernen, war für mich damals so reizvoll wie alle mittelalterlichen und neuzeitlichen Foltermethoden zusammengenommen. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich den Gemeinschaftssinn, der unter CrossFittern herrscht, aber noch nicht. Ich hatte keine Ahnung, dass es im CrossFit wichtig ist, seine Kurskollegen kennenzulernen – bis es zu spät war und ich mich schon mit einigen angefreundet hatte. In diesem Moment erkannte ich auch, dass die meisten CrossFitter keine Fitnessfanatiker sind, sondern ganz normale, bodenständige Leute, die Wert auf einen aufrichtigen, ehrlichen Umgang miteinander legen.
CrossFit war für mich, so wie damals für Kearney, ein Rettungsanker in einer schwierigen Zeit, in der ich den Boden unter den Füßen zu verlieren drohte. Irgendwann begann ich dann, selbst die Skepsis in den Augen von Außenstehenden zu sehen, wenn ich sie begeistert dazu einlud, selbst einmal zum CrossFit zu kommen. Es war ihnen nicht übel zu nehmen; wie jeden neuen Anhänger einer Bewegung hatte mich der missionarische Eifer gepackt.
Als ich meine Mitgliedschaft im CrossFit Elysium schließlich zum Februar 2012 kündigte, weil ich nach San Francisco ziehen wollte, war ich bedrückt. Das wunderte mich fast ein wenig, da ich nur sechs Monate dabei gewesen war. Nach meinem letzten Workout im Elysium saßen wir noch ein wenig zusammen und unterhielten uns. Ich wurde zu meinem bevorstehenden Umzug befragt. Wie würde ich dorthin fahren? Welcher Box würde ich beitreten? Ich stellte mit Bedauern fest, dass ich Menschen verlassen würde, die mir nahestanden. Ohne damit zu rechnen, hatte ich Freundschaften geschlossen, die mir wirklich wichtig geworden waren. Deshalb fiel es mir schwer, Lebewohl zu sagen.
Wenn Sie an einem Werktag um 16.30 Uhr ins CrossFit Elysium gehen und am Workout dort teilnehmen, wird sich unter
Weitere Kostenlose Bücher