In der Falle - Leino, M: In der Falle
Rostow geht, in kleinere Mengen aufgeteilt, in verschiedene Lager in der Ukraine«, sagte Sandman und ließ Pfeile von Rostow auf die ukrainische Seite zeigen. »Von Woronesch aus verteilen sie die Partie auf Lager in Weißrussland und in der nördlichen Ukraine. Von Moskau geht ein Teil nach Osten, nach Samara, Ufa, Perm und Nowgorod, und ein Teil in Richtung Westen nach Lettland und Litauen.«
Die russische Westgrenze war inzwischen ein Dschungel von Pfeilen, der kaum noch zu durchschauen war. Viitasalos Augen schmerzten.
»Ein Teil dessen, was in Moskau lagert, bleibt natürlich auf dem dortigen Markt«, redete Sandman unbeirrt weiter. »Wie du vielleicht weißt, verzeichnet Russland jedes Jahr über hunderttausend Herointote. Wir sprechen also nicht von einem kleinen Binnenmarkt.«
Viitasalo nickte, obwohl ihm die Zahl neu war. Millionen von Heroinjunkies gleich hinter der Ostgrenze – hoffnungsvoll in Bezug auf Finnlands Zukunft stimmte das nicht gerade.
»Und nun zu dem, was uns am meisten interessiert, zu St. Petersburg«, sagte Sandman und machte eine kleine Pause, in der er den Kartenausschnitt noch ein Stück weiter verkleinerte. Jetzt tauchten auch die Namen von finnischen Städten auf. »Ein Teil bleibt natürlich auch hier auf dem einheimischen Markt. Aber darüber hinaus haben wir keine Informationen über die Bewegungen des in St. Petersburg gelagerten Heroins.«
»Vielleicht, weil es sich nicht bewegt«, dachte Viitasalo laut.
»Genau.« Liljeberg schnippte mit den Fingern. »Tatsächlich ist es so, dass aus allen von Sandman erwähnten Lagern, egal wie man rechnet, nur ein Bruchteil auf den Markt gelangt. Es ist, als ließe die russische Mafia Unmengen von Heroin schon seit Jahren einfach liegen. Wenn man dem UNODC und Europol glauben will, ist das genau der Grund dafür, dass der Heroinpreis im Straßenhandel dramatisch steigt, obwohl es in Afghanistan zwei Rekordernten hintereinander gegeben hat und der Erzeugerpreis regelrecht zusammengebrochen ist.«
»Ein bisschen wie zu Zeiten der Taliban«, fügte Karila hinzu. »Alles sieht nach Marktregulierung und Preiskontrolle aus.«
»Aber was haben die vor?«, fragte Viitasalo.
»Irgendwann, und wir denken, ziemlich bald, werden die Russen auf einen Schlag gewaltige Mengen Heroin auf die europäischen Märkte werfen«, antwortete Karila. »Wenn dann die Preise einbrechen, sind die anderen draußen. Und die Russen haben so große Lager, dass sie den Bedarf auf den europäischen Märkten für gut zwei Jahre decken können. Das ist für die anderen eine zu lange Zeit. Was uns dann bevorsteht, liegt auf der Hand. Billiges Heroin, die miese Stimmung aufgrund der globalen Rezession, Millionen Arbeitslose, dazu jeden Tag mehr junge Leute ohne Zukunftsperspektive … Verstehst du, was ich sagen will?«
»Es wird Millionen neue User geben, russische Verhältnisse«, antwortete Viitasalo leise.
»Und nach den zwei Jahren können die Russen den Afghanen die Preise diktieren«, fuhr Kousa fort. »Sie können mehr anbauen lassen oder Geld für die Zerstörung der Felder verteilen – sie werden die Märkte regulieren, wie es ihnen am besten passt.«
»Die Afghanen produzieren jährlich circa zweitausendfünfhundert bis dreitausend Tonnen Opium«, ergänzte Liljeberg. »Macht etwa dreihundert Tonnen Heroin. Wenn die Schätzungen über die Mengen, die sie kaufen, stimmen, haben die Russen abzüglich dessen, was sie schon auf den eigenen und den europäischen Markt geworfen haben, noch mindestens sechzig Tonnen Heroin auf Lager.«
»Augenblick!« Viitasalo hob die Hand. »Das ist nicht dein Ernst.«
»Vorsichtig geschätzt«, sagte Liljeberg. »Es könnten auch achtzig Tonnen sein.«
Viitasalo spürte, wie sich ihm der Hals zuschnürte. »Und ein beträchtlicher Teil davon wird über Finnland transportiert?«
»Garantiert.« Kousa nickte. »Wir wissen nur nicht, wann und mit welcher Größenordnung wir rechnen müssen. Wir wissen auch nicht, ob sie es über Land oder über Wasser transportieren wollen. Was wir wissen, ist, dass Finnland eines der Transitländer für die Heroinschwemme sein soll – und dass es bis zu den ersten Transporten nicht mehr lange hin ist.«
»Wenn sie es im TIR-Containerverkehr versenden«, fuhr Karila fort, »wird die Ware über Finnland nach Schweden transportiert und dort in kleinere Partien für Mitteleuropa aufgeteilt. Ist sie erst mal aus Schweden heraus, wird es bedeutend schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, die
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