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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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Kiefer, holte einen Ball aus der Hosentasche und ließ ihn zu Boden fallen. »Komm schauen!«, sagte er.
    Demirchyan zeigte auf das in der Ferne leuchtende Green, auf dem wie zum Zeichen der Kapitulation die weiße Fahne wehte. »Der Ball liegt an einer Stelle, von der aus man ihn unmöglich abschlagen kann. Die Kiefer steht davor. Wenn ich es versuche, könnte es passieren, dass ich mir am Stamm den Schläger beschädige oder mich sogar verletze – gibst du mir recht?«
    »Ja«, antwortete Koljakov. So viel glaubte er vom Golfspiel schon zu verstehen, dass es nicht ganz den Regeln entsprach, Bälle aus der Hosentasche zu holen und an der gewünschten Stelle fallen zu lassen, auch in Russland nicht.
    Demirchyan bückte sich nach dem Ball und schaute sich dessen genaue Lage aus der Nähe an. »Natürlich könnte ich es mit einem kurzen Zwischenschlag mit dem Rücken zur Kiefer versuchen, aber wie sähe das auf der Scorekarte aus? Gar nicht gut«, beantwortete er seine Frage selbst. »Das Schönste am Golf ist, dass man es vor allem gegen sich selbst spielt, nicht gegen andere. Es ist ein moralisches Spiel, und was auf dem Prüfstand steht, ist die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Wenn du betrügst, betrügst du nur dich selbst, nicht die anderen. Das heißt, auf dem Platz bist du für dein Tun ausschließlich dir selbst verantwortlich.« Demirchyan nahm den Ball in die behandschuhte Hand. »Außerhalb des Platzes ist alles anders, darum liebe ich diesen Sport. Verstehst du, Kolja?«
    Koljakov nickte.
    »Fein.« Demirchyan stand auf, lächelte Koljakov zu und warf den Ball mit einem kleinen Schwung des Handgelenks aufs Fairway.
    Koljakov sah, wie der Ball erst ein paarmal aufsprang, dann rollte und schließlich mitten auf dem Fairway liegen blieb. Demirchyan hob die Hand, und der an seiner Karre lehnende Valeri spurtete los. Als Demirchyan sich wieder Koljakov zuwandte, war das Lächeln auf seinem Gesicht verschwunden. »Wir verstehen uns. Vollkommen.«
    Koljakov folgte Demirchyan auf das Fairway. Valeri hatte es schon bis zum Ball geschafft und spähte in Richtung Green.
    »Ausgezeichneter Schlag, Herr Demirchyan. Optimale Lage«, sagte der Caddie.

     
    »Was hab ich dir gesagt: scheißleicht verdientes Geld!«, sagte Pakarinen, als der LKW im Hafen von Turku auf den Platz für den Schwerlastverkehr fuhr. »Fuck, jahrelang hab ich für ein paar mickrige Kröten mit den Bullen Versteck gespielt, und andere kassieren ein Schweinegeld dafür, dass sie hinter einem LKW durch die Gegend gondeln.«
    Vesa musste zugeben, dass es leicht verdientes Geld war. Es war 17.28 Uhr, die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel, und sie hatten ihre Arbeit erledigt. Wenn es ein Risiko gegeben hatte, hatten sie jedenfalls nichts davon gemerkt. Die einzige Abwechslung vom eintönigen Dahinrollen und Pakarinens Sprechdurchfall war ein Halt des bärtigen LKW-Fahrers an der Teboil-Tankstelle in Suomusjärvi, bei dem er einen Kaffee getrunken und ein Sandwich verzehrt sowie seine Blase geleert hatte.
    »Ich sag Macho Bescheid, dass der russische Hippie auf der Fähre ist«, sagte Pakarinen und hob das Handy ans Ohr. »Zeit der Abrechnung.« Er zwinkerte Vesa zu und räusperte sich. »Ja, ich bin’s … Alles okay … Wo? … Ist das nicht schon lange zu? … Aha, ja, natürlich, alles klar.«
    »Und?«, fragte Vesa.
    »Beim Restaurant Lahnajärvi , auf dem Parkplatz, um zehn«, antwortete Pakarinen.
    »Erst? Wie lange fährt man bis dahin? Eine gute Stunde?«
    »Länger, wenn wir unterwegs in Salo essen gehen. Dann fahren wir hin, und den Rest der Zeit kriegen wir auch irgendwie rum«, sagte Pakarinen und stieß Vesa in die Seite.
    »Und was willst du da machen?«
    »Feiern. Wir pfeifen was ein«, sagte Pakarinen, »das haben wir verdient.«
    »Ich pfeif nichts ein«, antwortete Vesa.
    Pakarinen lachte. »Sag bloß. Mann, willst du mich verarschen? Ich hab über zwanzig Jahre Erfahrung auf dem Gebiet. Ich seh von hinten, was mit deiner Nase los ist. Und gleich wirst du mir sagen, dass du die Sache im Griff hast.« Pakarinen zog ein paarmal demonstrativ die Nase hoch und ruckte vor Lachen noch ein bisschen mehr als sonst.
    Vesa antwortete nicht. Man merkte es ihm also an, obwohl er nur gelegentlich etwas nahm. Eigentlich hatte er nur wissen wollen, was es für ein Gefühl war. Genau wie bei der Waffe. Das hieß noch lange nicht, dass er nachgab. Er war nicht drauf und dran, sich von der Strömung forttragen zu lassen, überhaupt

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