In der Falle - Leino, M: In der Falle
Stille wurde Viitasalo allmählich zu viel.
»Und Sundström?«, fragte Tuomisto plötzlich.
»Nichts Neues.« Viitasalo zuckte die Achseln. »Es spielt auch keine Rolle.«
»Mir ist zu Ohren gekommen, dass auch die KRP hinter ihm her ist«, sagte Tuomisto. »Weißt du irgendwas darüber?«
»Sollen sie. Die KRP kümmert mich einen Scheiß«, platzte Viitasalo heraus. »Ich hab mit dem Fall nichts mehr am Hut. Das hab ich übrigens auch Sundström gesagt. Und dass ich gehe.«
»Und wenn sich herausstellt, dass du mit deinen Schlüssen richtig liegst und die KRP womöglich nur da weitermacht, wo du aufgehört hast, das ärgert dich nicht?«
»Was soll mich da ärgern?«, fragte Viitasalo.
»Dass du gehst und die Kollegen sich für deine Arbeit oder zumindest deine wichtigen Vorarbeiten feiern lassen«, sagte Tuomisto. »Oder machst du dir nichts aus Ruhm und Ehre?«
»Damit hab ich nichts am Hut«, antwortete Viitasalo und wurde rot beim Gedanken, dass die Antwort zumindest in Bezug auf die Ehre näher bei der Wahrheit war, als Tuomisto ahnen konnte. »Ich brauche nur den Respekt vor mir selber zurück, das reicht.«
Tuomisto betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. »Respekt vor dir selber? Und was hat das mit dem Fall Sundström zu tun? Ich meine, das mit deiner Familie kann ich verstehen, aber das versteh ich jetzt nicht.« Tuomisto bezog sich offensichtlich auf seine eigenen Erfahrungen. Er hatte sicher manches Gespräch vorm Spiegel geführt, nachdem seine Kristiina gegangen war.
»Eigentlich geht es zweimal um dasselbe«, sagte Viitasalo und begriff es, noch während er es sagte, zum ersten Mal selbst. »Indem ich den Fall aufgebe, bekomme ich das zurück, was mir am wichtigsten ist.«
Tuomisto nickte. »Darf ich dich fragen, was du tun willst? Oder was ihr tun wollt?«
Viitasalo zuckte die Achseln. »Vielleicht verkaufen wir das Haus und ziehen weg aus Helsinki. Alles ist völlig offen, und genau das fühlt sich so verdammt gut an, so befreiend.« Er überlegte einen Augenblick, dann lächelte er. »Ich für mein Teil will mich um Rosen kümmern.«
»Um Rosen?« Tuomisto staunte. »Ich wusste gar nicht, dass du gärtnerst.«
»Ich auch nicht. Oder ich hatte nur nicht begriffen, dass ich es tun sollte. Jetzt begreife ich, dass es höchste Zeit ist, damit anzufangen.«
Yli-Hemmo wunderte sich, als er das Kennzeichen sah, das ihm per SMS übermittelt wurde. Es gehörte eindeutig zu einem anderen Fahrzeug als dem, das er auf absolut geheimen Befehl der KRP passieren lassen sollte. Die Nachricht war am Morgen, bei Schichtbeginn gekommen, und Yli-Hemmo hatte erleichtert aufgeatmet.
Ihr Vorgesetzter Kuronen hatte sie eingeweiht: Die KRP führe zusammen mit dem Geheimdienst, dem Zoll, dem Grenzschutz sowie von russischer Seite dem St. Petersburger Büro des FSB und dem Viborger Zoll eine geheime internationale Operation durch, die sie hier in Vaalimaa auf keinen Fall vermasseln dürften. Die Frage nach dem Zweck der Operation hatte Kuronen nicht beantworten wollen. Salmenautio hatte danach gefragt, und der Vorgesetzte hatte ihnen bedeutet, dass sie das nicht zu wissen brauchten. Yli-Hemmo war sich sicher gewesen, dass Kuronen selbst nicht Genaues wusste und es nur nicht zugeben wollte. Und erleichtert war Yli-Hemmo deshalb gewesen, weil es plötzlich so aussah, als müsse er sich an nichts Ungesetzlichem mehr beteiligen. Wenn er das Fahrzeug auf höhere Weisung durchwinken sollte, brauchte er nicht mehr für die Bande, die ihn erpresste, durch die Finger zu schauen.
Jetzt wurde Yli-Hemmo wieder unruhig. Er tippte rasch das Kennzeichen aus der SMS in den Computer, und auf dem Bildschirm erschienen die Daten des betreffenden LKW: Spedition, Ladung und Zielort. Sie waren identisch mit denen, die sie von Kuronen bekommen hatten – mit Ausnahme des Kennzeichens. Es gab also zwei LKWs, und beide fuhren für die Kiito Group und hatten Weizenmehl für die Großbäckerei Pågens in Malmö geladen. Yli-Hemmo überlegte, ob er Kuronen Bescheid sagen sollte. Die Polizei verfolgte eindeutig das falsche Fahrzeug. Yli-Hemmo warf einen Blick auf die Monitore, die die Bilder vom Zollgelände übertrugen. Es waren nur wenige LKWs da, die auf die Abfertigung warteten. Letztes Jahr, vor der Rezession, war um diese Zeit am Donnerstagmorgen die Grenze in Richtung Osten schon verstopft gewesen. Die russischen Fahrer hatten das Wochenende in der Heimat verbringen wollen.
Yli-Hemmo zögerte. Seine Moral und seine
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