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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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nicht.

     
    Viitasalo war dieselbe Strecke gelaufen wie im letzten Herbst, nur aus einem anderen Grund: vom Haus in Richtung Wald und dann den Weg entlang, der zwischen Pirkkola und Paloheinä hindurchführte. Am Café war er nach links in den beleuchteten Trimm-dich-Pfad eingebogen und die Schleife entgegen der winterlichen Loipenrichtung gelaufen. Hinter dem Wald war er wieder links abgebogen, hatte einen Bogen um den Golfplatz gemacht und plötzlich bemerkt, wo er war.
    Es war exakt die Stelle am Beginn eines Kieswegs, der von der Mombergintie abging, an der er im Oktober gestanden hatte. Es musste schon nach neun sein, aber es war immer noch nicht ganz dunkel, und es war warm. Der Frühling hatte sich leise angepirscht. Viitasalo erinnerte sich, wie trübsinnig er im Herbst auf die Lichter aus den Einfamilienhäusern geschaut hatte. Er erinnerte sich auch, dass er stehen geblieben war, bis ihn die Kälte zwang, wieder loszulaufen.
    Jetzt war alles anders. Jetzt schaute er glücklich zu den Häusern hinüber. Seit letztem Herbst hatte sich mehr geändert, als er je zu hoffen gewagt hätte. Zusammen hatten sie den dunklen Winter überstanden, jetzt würden sie alles schaffen.
    Viitasalo hatte Lust, die Fäuste zu heben und seine Freude herauszuschreien. Er wollte es gerade tun, als ihn ein lauter Knall zusammenfahren ließ. Es klang, als hätte man nicht weit entfernt etwas gesprengt, ein Stück Fels vielleicht, das einem neuen Haus oder einem Stück Straße im Weg war. Allerdings dämpfte man bei solchen Sprengungen den Knall mit dicken Altgummimatten, und das Geräusch gerade war schärfer gewesen. Er versuchte, es nachträglich zu lokalisieren, und kam zu dem Schluss, dass es rechts vor ihm gewesen sein musste.
    Viitasalo hatte plötzlich das Gefühl, er müsse unbedingt dorthin, der Sache auf den Grund gehen, und er lief los.

     
    Der kleine Prinz ging, die Rosen wieder zu sehen. »Ihr gleicht meiner Rose gar nicht, ihr seid noch nichts«, sagte er zu ihnen. »Niemand hat sich euch vertraut gemacht, und ihr habt euch niemandem vertraut gemacht.«
    Sari hob den Blick, als sie den Deckel des Briefeinwurfs an der Haustür klappern hörte. Sie warf einen Blick auf die Uhr, es war halb zehn. Liina saß im Nachthemd und mit Teddy Pontus auf dem Schoß neben ihr. Liina schaute mit schläfrigen Augen zur Diele.
    »Was war das, Mama?«
    »Wahrscheinlich ein Prospekteverteiler, der nicht gesehen hat, dass wir auch einen Briefkasten an der Straße haben«, antwortete Sari.
    »Was für ein Prospekteverteiler?«
    »Ich weiß nicht. Wenn es auf den Mai zugeht, kommt dauernd irgendwelche Werbung.«
    Liina schob Teddy Pontus neben sich aufs Sofa. »Vielleicht für solche Gesichtsmasken, die du immer kaufst! Oder für Luftballons! Ich geh sie holen, ja?«
    »Lass doch«, sagte Sari, aber Liina flitzte schon in die Diele. »Na, dann hol sie halt«, sagte Sari lachend.
    Sie reckte die Schultern und gähnte, während sie darauf wartete, dass das Mädchen zurückkam. Ihr Blick wanderte zu ihren Händen, die immer noch das Buch hielten. Vorhin hatte Liina gelacht, weil sie so faltig waren, und Sari hatte ihr erklärt, dass sie eines Tages auch solche faltigen Hände haben würde, sogar wenn sie kein Geschirr von Hand spülte, nämlich dann, wenn Liina so groß wäre wie sie jetzt und vielleicht selber Mutter.
    »Nein! Ich will nicht groß werden«, hatte Liina sich gewehrt.
    »Und warum nicht?«, hatte Sari gefragt.
    »Weil sich Erwachsene nie die Nase am Fenster platt drücken«, hatte Liina geantwortet.
    Sari hatte so getan, als müsste sie eine Weile überlegen, dann hatte sie genickt. »Wenn das stimmen würde, wäre es ein sehr guter Grund. Aber es stimmt gar nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Weißt du, wann die Erwachsenen sich die Nasen am Fenster platt drücken: wenn du erst mal so groß bist, dass du morgens mit dem Bus zur Arbeit fährst«, sagte Sari und drückte sich mit dem Zeigefinger die Nasenspitze platt.
    Jetzt kehrte Liina zurück. »Mama, was ist das?«, fragte sie. »Ist das eine Kerze?«
    Sari lächelte dem Mädchen entgegen. Der blonde Pony reichte schon bis zu den Augen, der Blick, mit dem sie darunter vorschaute, drückte Neugier aus. Sari begriff erst nicht, was das Mädchen in den Händen hielt. Dann sah sie den glühenden Faden, der ins Innere eines metallischen Gegenstands führte. Sie hatte noch nie etwas Derartiges gesehen, aber ihr war schlagartig klar, dass der Gegenstand in den Händen des Kindes eine

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