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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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peinlich aufgeräumt. Die wenigen persönlichen Besitztümer Sundströms standen pfeilgerade ausgerichtet auf einem Regal über dem Bett, ein paar Bücher und Hefte, dazu ein bisschen Nippes: ein gelbäugiger Uhu, ein gelblich-grauer sitzender Teddybär, auf dessen rechte Fußsohle »Bukowski« und auf dessen linke Fußsohle ein Herz gestickt war, dazu eine Don-Quijote-Statue, eine dünne Gestalt mit einem Kinnbart, die mit einer Hand ein Buch gegen ihren Bauch drückte und in der anderen ein Schwert hielt, das so groß und schwer aussah, als könnte es jeden Moment vom Regal auf das faltenlos gemachte Bett fallen. Auf das Bett, auf dem Sundström jetzt sitzt und Luhta über den Rand seiner Brille hinweg mit einem schiefen Lächeln anschaut. Luhta steht in der Tür.
    »Und woher weiß ich, dass ich dir vertrauen kann?«, fragt Sundström.
    »Weil ich die Wahrheit sage«, antwortet Luhta.
    »Das tun wir doch alle«, sagt Sundström.
    »Die Lieferung ist nicht angekommen«, sagt Luhta. »Pakarinen ist einfach nicht gekommen. Ich hab eine Stunde über die abgemachte Zeit hinaus auf ihn gewartet.«
    »Wenn du die Wahrheit sagst, versuch ich’s mit jemand Neuem.«
    »Ich sag die Wahrheit.«
    »Okay«, sagt Sundström und nickt. »Für Pakarinen finde ich was, was besser zu ihm passt.«
    »Und was?«
    Sundström hat einen braunen Buntstift in der Hand und auf dem Schoß ein Malbuch für Kinder. Er arbeitet gerade an einem Bild von einem Rehkitz, dessen streichholzdünne Beine er schon fertig ausgemalt hat. Luhta hat Sundström durch das Guckloch an der Zellentür schon öfter beim Ausmalen von solchen Bildern zugeschaut. Er ist dann wie ein kleiner Junge in die Arbeit vertieft, hin und wieder schaut die Zungenspitze aus seinem schmallippigen Mund, und auf seinem für den großen Kopf eigentlich zu kleinen Gesicht liegt ein seltsam abwesender Ausdruck, der die äußere Welt vollkommen ausschließt. Fertig ausgemalte Bilder reißt Sundström aus und klebt sie in regelmäßigen Abständen an die Zellenwände. Es sind ausschließlich Bilder von Tieren, und alle sind so gleichmäßig ausgemalt, dass sie eher aussehen wie gedruckt.
    »Pakarinen ist nicht dein Problem. Du erfährst rechtzeitig den neuen Termin und einen neuen Ort.«
    Luhta steht immer noch in der Tür. Er muss es über sich bringen und sagen, was er zu sagen hat.
    »War noch was?«, fragt Sundström, und sein durchdringender Blick schüchtert Luhta ein.
    »Ich kann nicht mehr«, sagt er. Er räuspert sich, seine Stimme klingt dünn und halb erstickt. »Ich hab nicht mehr die Nerven dafür. Ich meine, wir sind doch quitt …«
    »Quitt?« Sundström schüttelt schmunzelnd den Kopf. »Seit wann bestimmst du , wann das Spiel zu Ende ist?«
    »Es gibt hier doch genug Typen, die auf Urlaub rauskommen«, sagt Luhta. Er klingt noch zaghafter als vorher, aber er zwingt sich fortzufahren. »Du suchst dir aus, wen du willst, und ich versprech dir, dass ich persönlich die Ausgangskontrolle übernehme.«
    Sundström malt weiter an seinem Bild. Die Buntstiftspitze bewegt sich jetzt über das Hinterteil unter dem Stummelschwanz des Kitzes. Ein gleichmäßiges Braun füllt Quadratmillimeter für Quadratmillimeter die Fläche. Die Zungenspitze schaut aus Sundströms Mund.
    »Was sagst du zu meinem Vorschlag? Nimm egal wen, nur lass mich in Ruhe.«
    »Ich sage, dass ich mir niemanden aussuchen muss, weil ich mir schon jemanden ausgesucht habe: dich. Du erfährst den neuen Termin und den neuen Ort und machst es genauso wie bisher.«
    »Warum ich? Ich bin im Arsch. Ich spür’s, dass die mich schon verdächtigen. Jaatinen guckt mich nur noch komisch an.«
    »Wir sind alle allen verdächtig, und so muss das auch sein. Trau niemandem außer dir selbst, und manchmal ist sogar das verkehrt. – Vertraust du dir selbst, Luhta?«
    »Was soll das jetzt? Ich versteh nicht …«
    Sundström seufzt und schaut von seiner Arbeit auf.
    »Das musst du auch nicht verstehen. Bisher hat es ja auch gereicht, wenn ich was verstehe.«
    Luhta spürt, wie ihm ein Schweißtropfen vom Haaransatz nach unten rinnt, und wischt ihn mit dem Ärmel seiner Uniform ab. Er hat darauf schon eine Menge Flecken. Sie kommen vom salzigen Schweiß. Luhta ist in letzter Zeit viel zu oft in Sundströms Zelle angetreten.
    »Ich … geh daran kaputt.«
    »Falsches Verb, Luhta: Du gehst nicht kaputt, du bist kaputt, schon lange. Genau darum hab ich dich ausgesucht.« Die letzten Worte hat Sundström wie zu dem Rehkitz

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