Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
Vom Netzwerk:
Kameraüberwachung. Ich will nur schnell weg.«
    »Und du, Irma?«, fragte Macho. Irma ging schlurfend, aber ohne Hilfe zwischen ihnen.
    »Ich bin derselben Meinung wie Vesa«, schnarrte Irma. »Je länger ich tatterig tun muss, desto mehr werd ich’s.«
    »Ich will niemanden zwingen«, sagte Macho.
    Den ganzen langen Weg zum Ausgang wartete Vesa darauf, dass sich eine schwere Pranke auf seine Schulter legte. Aber nichts geschah. Der Zollbeamte namens Pera hatte ihnen sogar noch eine sichere Heimfahrt gewünscht, bevor er zu seinen Kollegen zurückgegangen war.
    Draußen blieb Macho auf der Treppe stehen und zündete sich eine Zigarette an.
    »Freundliche Leute, unsere Staatsbediensteten«, lachte er. »Helfen dem Schmuggler, wo sie können.«
    Es war dunkel, und es fiel pappiger Schnee. Irma klappte den Sitz an ihrem Trolley aus und setzte sich seufzend.
    »So still, Vesa?«, fragte Macho, als seine witzige Bemerkung nicht die erhoffte Wirkung zeigte.
    »Wärst du auch, wenn du dabei gewesen wärst.«
    »Es konnte doch gar nichts passieren.«
    »Und warum machst du die Tour dann nicht selber?«, fragte Vesa. »Wozu braucht man dann uns?«
    Macho sah Vesa und Irma an, schüttelte dann langsam den Kopf und blies einen Rauchring in die Luft.
    »Glaubst du, der besoffene Typ gerade war zufällig hinter euch?«, fragte Macho.
    »Wie jetzt?«
    »Das war Jukkis, Kleiner. An seinen Hosenbeinen war ein Hauch Marihuana«, antwortete Macho. »Sicher ist sicher.«
    »Heißt das, du hast gewusst, dass heute noch ein Hund kommt?«, fragte Vesa, der bemerkt hatte, dass Macho die gleichen Worte benutzte wie Kalju. Er hatte den Satz nur zu oft gehört, um noch an ihn zu glauben.
    »Ich weiß alles. Echt alles«, sagte Macho und zwinkerte Vesa zu. »Das solltest du dir merken.«
    »Dieser Jukkis, warum macht er so was mit?«, fragte Vesa.
    »Warum soll er nicht? Er hat kein Risiko. Er muss nicht mal Bußgeld bezahlen für Hosen, die womöglich nur im falschen Trockner waren.«
    »Und was kriegt er dafür?«
    »Vom Zoll nichts, von uns ein paar Gramm.«
    »Bist du jetzt so gut und holst das Auto!«, schnarrte Irma. »Ich frier mir hier den Hintern ab. Ich will mein Geld und nach Hause.«
    »Ja, ja«, sagte Macho und wandte sich zum Gehen.
    Vesa verfolgte, wie er die Treppe zur Straße hinabstieg und auf dem Weg zu den Parkplätzen für Kurzzeitparker die Fahrbahn überquerte. Macho ging locker und stoppte den Taxiverkehr mit einem kurzen Heben der Hand, ohne auch nur einen Blick zur Seite zu werfen.
    »Eines Tages rächt sich das noch«, hörte Vesa Irma leise sagen.
    Irma sah an ihm vorbei zu den Parkplätzen.
    »Alles«, sagte sie.
    Vesa sagte nichts. Es gab nichts zu sagen. Er schloss die Augen und blies alle Luft aus den Lungen. Der Rucksack fühlte sich jetzt eine Spur leichter an. Er hatte es wieder geschafft. Eine Tour weniger. Für den Moment hatte er das Gefühl, dass er es schaffen könnte. Er könnte frei werden. Aus der Stadt, von Kamppi her, hörte man die Sirene eines Krankenwagens. Das Heulen kam eine Weile näher und brach dann unvermittelt ab.
    »Sie sind ins Maria-Krankenhaus gefahren«, sagte Irma. »Immer wenn ich einen Krankenwagen höre, denke ich, dass ich eines Tages auch in einem drinliege. Und was wird dann aus Markku?«

     
    Das Maria-Krankenhaus war 1886 erbaut worden, als die provisorischen Seuchenkrankenhäuser in der Vuorikatu ebenso aus allen Nähten platzten wie das erste kommunale Krankenhaus, das sogenannte Fieberlazarett. Das Maria-Krankenhaus bot Hoffnung für die Arbeiter und die Armen, die in den dicht bebauten Vierteln am Rand der Stadt wohnten, in Einzimmerlöchern mit Kanonenöfen, deren Enge und Elend einen guten Nährboden für Keuchhusten, Lungenfieber, Diphtherie, Scharlach und Ruhr abgaben.
    Seuchen gab es in Helsinki schon lange nicht mehr, aber das Maria-Krankenhaus genoss immer noch eher traurige Berühmtheit wegen des ständigen Staus in seiner Notaufnahme mit Wartezeiten bis zu zehn Stunden. Die Patienten lagen auf den Gängen und wurden dort auch behandelt, von Ärzten und Personal am Rand des Burnouts.
    In dieser Notaufnahme lag Sari. Viitasalo sprang aus dem Taxi und stürmte durch die Tür in die Eingangshalle. Er selbst war vor über zehn Jahren einmal wegen einer Darmspiegelung im Maria-Krankenhaus gewesen. Er hatte splitternackt auf der Seite gelegen, während sechs angehende Ärztinnen abwechselnd durchs Koloskop und in seinen entzündeten Darm schauten.
    Viitasalo lief die

Weitere Kostenlose Bücher