In der Falle - Leino, M: In der Falle
Gespräch beendet.
Jetzt drehte er die Dusche ab und angelte nach dem Handtuch. Es war weiß, weich und glatt und roch schwach nach Zitrone.
Als er mit dem Handtuch um die Hüften ins Zimmer zurückkam, begann sein Handy, das er aufs Bett geworfen hatte, zu klingeln. Er nahm es und warf einen Blick aufs Display. Marketta. Sie hatte es also nicht geschafft, Sari zu besänftigen.
Als das Telefonat vorüber war, ließ sich Viitasalo schwer aufs Bett fallen. An der Wand, die er anstarrte, hing das Gemälde einer stürmischen See, und er meinte das gewaltige Anbranden der Wellen zu hören.
Augenblicke später war er auf den Beinen. Der Koffer lag offen auf dem Bett, und Viitasalo stopfte die herumliegenden Kleider als ein einziges großes Bündel hinein. Er zwang sich, nicht zu weinen. Er hatte es eilig. Das Taxi zum Flughafen Arlanda wartete schon.
Irma hatte sich bei Vesa eingehängt, und er zog den Trolley, als sie über die Passagierbrücke in Richtung Zoll gingen. Eine Rolle des Trolleys quietschte für alle anderen wahrscheinlich kaum hörbar, aber für Vesa so unerträglich laut wie eine Kreissäge, die im faserigen Holz feststeckte. Irma spielte die müde Alte, der es nicht gut ging. Auf der anderen Seite hatte sie sich bei einer Frau der Reinigungskolonne eingehängt, die Vesa um Hilfe gebeten hatte, als Irma nicht von ihrem Stuhl hochkam. Die Frau war wenig begeistert von ihrer Rolle und schaute immer wieder auf die Uhr. Sie hatte vorgeschlagen, die Bordsanitäter zu holen, aber Vesa war es gelungen, sie davon abzubringen. Machos Anruf kam eine Viertelstunde nach ihrer Ankunft im Hafen. Die Wartezeit war lang gewesen, der Anruf kurz wie immer.
»Der Hund hat Feierabend«, sagte Macho, und Irma verkündete plötzlich, ohne zusätzliche Hilfe von Bord gehen zu können. Schließlich sei sie auch nur mit dem Enkel an Bord gekommen.
»Wenn ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann, sollen sie mich gleich auf den Friedhof schaffen und verscharren.«
Die Frau von der Reinigungskolonne und Vesa hatten sich über Irma hinweg angeschaut, und Vesa hatte die Achseln gezuckt und verlegen gegrinst. »Oma ist schon immer so stur gewesen.«
Die Frau hatte geseufzt und trotzdem nicht losgelassen. Wo sie die Sache angefangen hatte, konnte sie sie auch zu Ende bringen.
Die Drogenhunde arbeiteten in kurzen Schichten von zehn bis zwanzig Minuten. Länger hielt ihre Aufmerksamkeit nicht an, und abends gab es meistens nur einen pro Schicht. Macho saß im Ankunftsbereich des Passagierterminals immer auf demselben Platz, auf einer Bank, von der aus er einen guten Blick sowohl auf die automatische Tür für die ankommenden Passagiere als auch auf den Zollschalter gleich dahinter hatte. Die Drogenhunde mit ihren Herrchen kamen jeweils direkt an ihm vorbei.
»Gleich müsst ihr’s allein schaffen, wahrscheinlich werde ich schon vermisst. Bis zum Auslaufen muss alles wieder tipptopp sein«, sagte die Frau von der Reinigungskolonne über Irmas gebeugten Kopf hinweg.
»Sag ich doch die ganze Zeit!«, schnauzte Irma sie an.
»Danke«, sagte Vesa. »Das war gerade mein großer Bruder. Er wartet schon.«
»Ihr könnt ja einen vom Zoll bitten, dass er euch hilft«, sagte die Frau. »Bis dahin kann ich noch mitkommen.«
»Wir schaffen das schon«, antwortete Vesa. »Vielen Dank!«
Irma murmelte etwas vor sich hin, was man nicht verstand, aber freundlich klang es nicht.
Sie waren nicht die letzten Passagiere. Hinter ihnen kam noch ein ungefähr dreißigjähriger ungepflegter Mann, der so betrunken war, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Er schwenkte eine Trage Bier wie eine Aktentasche. Obwohl sie langsam vorankamen, machte der Mann keine Anstalten, sie zu überholen. Vesa hatte den Mann schon auf dem Schiff gesehen. Er hatte zwei Reihen hinter ihnen gesessen und sie mit seinen glasigen Augen angestarrt. Kurz vor dem Zollschalter klingelte Vesas Handy.
»Mein Bruder hat schlechte Nerven«, erklärte Vesa der Frau von der Reinigungskolonne und fischte das Handy aus der Tasche. »Wir kommen«, sagte er.
»Der neue Hund auch«, sagte Macho. »Ein hübscher Labrador. Wahrscheinlich ist er auf der Stückgutseite frei geworden. Die Rezession zeigt sich überall.« Macho lachte wie über einen guten Witz.
»Oma geht’s nicht gut«, sagte Vesa so laut, dass man es in einigen Metern Umkreis hören konnte. Er stand unter Schock. Wenn die Bierdosen nicht so dicht versiegelt waren, wie Kalju behauptete, hatte ihn
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