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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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der Behauptung, er sei ein alter Affe, fing das Sündenregister des Regimentskommandeurs erst an.
    Mit gellender Stimme schrien die Cafard-Besessenen dieses hohe Lied der Insubordination in die stille Nacht hinein, bis es in den Zelten lebendig wurde. Unter Gelächter und Schimpfen balgten sich die Wachen mit den rabiaten Sängern herum, und aus der Dunkelheit heraus gröhlten johlende Stimmen Beifall.
    Man nahm das nicht sehr ernst. Die »Sänger« wurden zur Abkühlung die Nacht über vor dem Wachzelt an Pflöcken angebunden und mit Tagesanbruch zu ihren Kompagnien geführt – zum Weitermarschieren.
    Als wir nach Sidi-bel-Abbès zurückkamen, waren unsere Uniformen und unsere Gemüter in einem traurigen Zustand...

Legionärsmarotten, Legionswahnsinn.
    Ein unangenehmes Ereignis. – Von den letzten drei Kupferstücken. – Der rumänische Jude aus Berlin. – Monsieur Viaïsse. – Die Legionsatmosphäre. – Die »Cafardbesessenen«. – Ein Doppelgänger Bismarcks. – Krügerles Marotte. – Der Wahnsinn des Legionärs Bauer. – Brutaler Humor. – Eine Tragödie.
    Zwischen die gewaltigen Anstrengungen des großen Manövermarsches und eine schwere Arbeitsperiode, deren Gegenstand die Kloaken der Arabergefängnisse von Sidi-bel-Abbès waren, fiel ein mir unangenehmes Ereignis. Selbst die Zerteilung in allerkleinste Kupferportionen hatte meine wenigen Goldstücke nicht ins Unendliche vervielfältigen können. Eines schönen Tages besaß ich noch drei dickrunde Sousstücke. die zwar groß und schwer waren, aber in all' ihrer Kupfermenge doch nur einen Vermögensrest von zwölf Pfennigen repräsentierten.
    Ich lag langgestreckt auf meinem Bett, müde und ärgerlich, und ließ mich von Guttinger verhöhnen, der als Trommler es nicht nötig hatte, seine wertvolle Arbeitskraft in den Dienst arabischer Kloaken zu stellen. Aber es machte ihm ein bissiges Vergnügen, sich liebevoll nach den unangenehmen Einzelheiten der Arbeit zu erkundigen.
    Der Hohn war bitter! Der Wunsch nach Vergeltung stieg in mir auf, und ich dachte mit grimmigem Humor daran, daß mein Freund Guttinger ein gewisses Interesse an meinen Vermögensumständen haben mußte.
    »Du, Trommler!« sagte ich.
    Guttinger räkelte sich auf seiner Lagerstatt zurecht und murmelte etwas von bevorzugten Söhnen des Propheten – und ob die arabischen Sträflinge denn auch mit mir zufrieden gewesen wären –
    »Trommler, ich hab' kein Geld mehr!«
    Er fuhr von seinem Bett auf und sah mich tödlich erschrocken an.
    »Heh?«
    »Mein Geld ist zu Ende!«
    Guttinger machte ein trauriges Gesicht.
    Er dachte offenbar mit Entsetzen daran, wieviel ungetrunkener Wein noch in den Fässern von Sidi-bel-Abbès lagerte ... Aber mit einemmal klärten sich seine Züge auf. Er hatte einen Ausweg gefunden.
    »Laß dir wieder schicke',« riet er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ach was,« meinte der Trommler mit der fröhlichen Zuversicht der Legion, »sie schicke dir scho' was. 'm Leschionär schicke sie immer was – soll ich dir vielleicht helfe, en recht schöne Brief schreibe?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf. Aber der Trommler ließ so leicht nicht locker. Mit großer Sachkenntnis in den verschiedenen Graden verwandtschaftlicher Beziehungen erkundigte er sich nach meinen Angehörigen. Als ich ihm in abgründiger Bosheit erklärte, sie seien alle so arm wie die Kirchenmäuse, fluchte er ein bißchen auf Arabisch und sagte nachdenklich die Koransure her, in der von den tiefen Pflichten der Freundschaft zwischen braven Männern die Rede ist. So inspiriert befragte er mich eine halbe Stunde lang nach den Freunden meines früheren Lebens. Ich behauptete, sie seien entweder schon gestorben, oder sie litten am Hungertyphus. Der Trommler fand das komisch. Aber er war zartfühlend und ging auf die Sache nicht weiter ein, da er wahrscheinlich glaubte, ich hätte im guten alten Deutschland irgend jemand meuchlings totgeschlagen oder irgendeine Bank beraubt!
    Etwas anderes konnte doch einen »Leschionär« nicht davon abhalten, Brandbriefe zu schreiben! Ich ließ den trommelnden Philosophen in seinem Glauben.
    Er brütete nachdenklich vor sich hin und gab dann das resignierte Urteil ab: » C'est la légion! «
    Nach einer Weile fragte er: »Hascht denn gar nix mehr?«
    Wortlos zog ich meine drei Kupferstücke hervor.
    Da huschte ein leises Lächeln über sein betrübtes Gesicht. »Weischt, die wolle mir noch versaufe!« sagte er weich, mit jener tiefen innerlichen Überzeugung von der

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