In der Glut der Leidenschaft
zu Boden, die Hände in die Hüften gestützt. Michaela litt mit ihm, stand auf und ging zu ihm. Er nahm sie in die Arme und hielt sie fest.
Rein fühlte sich verraten. Vor allem würde er Christian niemals verzeihen, dass er versucht hatte, Michaela zu töten.
»Nickolas' Falle ...«
»Hat er den Mord an dem Priester gestanden?«, unterbrach Rein.
»Nach einem Verhör«, erwiderte Temple.
»Weiß er, dass ich in der Kirche war?«, fragte Michaela.
Temple überlegte. »Er gab nur wenig zu, Michaela, aber er trug die gleichen Stiefel.«
Das reichte als Beweis. Michaela las es in Reins Augen. »Es tut mir Leid, Rein.«
»Ridgely trug die Stiefel, als wir ihn entlarvten. Christian gab zu, dass er sie einem Stallburschen gegeben hatte.«
Rein schüttelte den Kopf. »Und ich vertraute ihm.«
»Nickolas gab mir das für euch, Michaela.« Temple holte ein zusammengefaltetes Pergament aus der Tasche.
»Ihr braucht Ruhe«, sagte Viva und warf ihrem Bruder einen tadelnden Blick zu. Ransom wollte Temple beim Aufstehen helfen, doch er schaffte es aus eigener Kraft und trat zu Rein.
»Ich würde ihr niemals wehtun, Rein.« Er sah zu Viva. »Nie.« Dann wandte er sich an Michaela. »Ich freue mich, dass Ihr mit ihm glücklich seid.« Er beugte sich zu ihr und flüsterte so laut, dass Rein es hörte: »Obwohl ich nicht begreife, was Ihr an ihm findet.«
»Um das zu verstehen, müsstet Ihr eine Frau sein.«
Temple lachte noch, als er von Aurora und Ran hinausgeführt wurde.
»Wenn ich die Kerle auf dieser Insel abwehren kann, Bruder«, sagte Viva zu Rein, »dann auch einen wilden Seemann.«
Rein lächelte. Er hätte es wissen müssen.
Sobald Michaela allein war, betrachtete sie die Nachricht. Das rote Wachssiegel war noch nicht erbrochen. Steif ging sie zu einem Sessel und ließ sich in die Kissen sinken. Ihre Hand bebte leicht, als sie die Locken über die Schulter strich und den Brief hin und her drehte. Plötzlich hatte sie Angst davor, was darin stehen mochte. Ihr Glück wurde bestimmt gestört, wenn Rein ihr auf die Schliche kam.
»Machst du den Brief nicht auf?«, fragte er.
Sie nickte, tat es jedoch nicht. Einerseits wollte sie ihre alte Tätigkeit wieder aufnehmen, doch andererseits wollte sie bleiben, wo sie war. Sie wollte mit ihrem Ehemann zusammen sein, ihn lieben und sich von ihm lieben lassen. Sie wollte für mehr gebraucht werden, als Tee und Brötchen zu servieren. Jetzt war sie verheiratet. Wie konnte sie Nickolas da noch nützen? Rein lebte nicht in England, sondern kam nur zu Besuch hin. Von nun an hatte sie keinen Zugang mehr zu wertvollen Informationen. Doch ihre Rolle war noch nicht beendet, und das konnte sie nicht ignorieren. Wenn sie sich Frieden wünschte, musste sie ihre letzte Mission ausführen Ein Erfolg ihres Onkels wäre für sie wie ein Scheitern der Revolution gewesen, weil Onkel Atwell ihr schlimmster Feind war.
Sie schob den Daumen unter das Siegel.
Besorgt wartete Rein, während sie das Siegel brach, den Brief entfaltete, ihn überflog und tief einatmete.
»Ich muss nach England, um mit Nickolas zu sprechen.«
»Warum?«
Als sie zögerte, war ihm klar, dass ihm ihre nächsten Worte nicht gefallen würden.
»Die Victoria wird mit einer Ladung Gold in See stechen. Sold für die britischen Truppen und neue Waffen. Nickolas weiß nichts davon.«
Er fluchte. Sie hatte Nick eine Nachricht schicken wollen. Bei der Befreiung aus dem Bordell hatte sie verlangt, er solle sie zu Nickolas bringen. »Du behauptest, dass du mir vertraust, Michaela, aber seit wann verschweigst du schon das alles vor mir?«
»Seit dem Abend nach dem Theater.«
»Meinst du nicht, wir hätten mit dieser Information leichter den Mann finden können, der dich töten wollte?«, fragte er scharf.
»Das hatte nichts mit dem Doppelagenten zu tun«, wehrte sie ab. »Und diese Information konnte ich keinem anderen als Nick anvertrauen.«
»Nicht einmal mir?«
Er wollte Weggehen. Sie sprang auf und hielt ihn am Arm fest. »Nein, nicht einmal dir. Hör mich an! Rein, die Männer, die in diese Sache verwickelt sind, besitzen mehr Macht als wir alle zusammen. Fünf hochrangige britische Offiziere
bereiten einen Angriff auf die Victoria vor, um das Gold zu rauben. Sie werden alle an Bord töten, damit es keine Zeugen gibt. Mein Onkel gehört zu ihnen. Deshalb wollte er von dir ein
Schiff.«
Er sah sie zornig und enttäuscht an.
»Ich konnte dir nicht vertrauen, solange die Möglichkeit bestand, dass
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