In der Glut der Leidenschaft
lassen, dass das Teegeschäft so aufregend sein könnte.« Temple sah zu, wie drei Mitglieder des Parlaments das Theater verließen und unhöflich genug waren, auf seinen Arbeitgeber zu zeigen.
»Es ist erst aufregend, seit die Kolonisten den englischen Tee in den Hafen von Boston schütteten.« Bein nickte den Männern zu. Sie nickten zurück und lächelten eine Spur zu freundlich. Die Theaterbesucher drängten sich unter dem Baldachin, bis sie die Kutschen bestiegen, von denen sie sicher nach Hause gebracht wurden. Er hatte es nicht eilig. Der Abend war nicht zum erhofften Erfolg geworden, und bei der Enttäuschung darüber war er kein angenehmer Begleiter.
»Ich ... ich fahre nicht mit dir zurück.«
Rein blickte zu Temple und dann zu der Frau in Rot, die den Fächer vors Gesicht hielt. Ihre Augen waren auf Temple gerichtet. Obwohl sie elegant gekleidet war, erkannte Rein den Ausdruck in ihren Augen. Gier. Sie wird Temple bei lebendigem Leib auffressen, dachte er. »Denk daran, was ich dir über deinen Geschmack bei Frauen gesagt habe.«
Temple grinste. »Sie hatte während des ganzen zweiten Aktes ihre Hand in meiner Hose.«
»Und ich dachte schon, du hättest mich im Stich gelassen, weil ich mich nicht ausreichend gewaschen habe.« Da seine Warnung unbeachtet blieb, fügte Rein hinzu: »Achte auf deinen Geldbeutel, Mann, und nimm die Kutsche.«
Das Gefährt mit dem weißen Emblem der White Empress Company auf der schimmernden schwarzen Tür hielt vor ihnen.
»Wirklich?«, fragte Temple.
»Dann seid ihr wenigstens ungestört.« Wie diese Frau Matthews ansah, lag er bestimmt schon zwischen ihren Beinen, bevor sie die nächste Ecke erreichten. »Ich miete eine Kutsche.«
Temple bedankte sich, sprang zur offenen Tür und machte eine galante Handbewegung. Die Frau eilte die Stufen hinunter und blieb vor Rein stehen. Viel zu süßliches Parfum wehte ihm entgegen. Er dachte an Zitronenduft. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und lenkte damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihn.
Die Leute tuschelten, als sie zur Kutsche eilte, aufreizend mit der Hand über Temples Brust strich und einstieg. Das Gefährt reihte sich in den allgemeinen Verkehrsstrom ein.
»Abscheulicher Abend, Rein. Soll ich dich mitnehmen?«, fragte Lord Christian Chandler und deutete auf die sich entfernende Kutsche. Eine junge Frau in opulentem goldenem Gewand hing an seinem Arm.
Rein ließ den Blick zwischen den beiden hin und her wandern. »Ich komme schon zurecht«, sagte er, bot dem Earl ein Zigarre an und lehnte sich wieder an die Säule. Christian stellte seine Begleiterin vor, Lady Brandice Coldsworth, griff nach der Zigarre und wollte sie anzünden. Die Lad y flüsterte ihm jedoch etwas zu und betrachtete Rein dabei unbehaglich. Christian machte ein gereiztes Gesicht, als die Frau sich von ihm löste und zu einer Gruppe von Leuten ging.
»Tut mir Leid, Rein.«
»Ich bin daran gewöhnt, dass ich junge Damen vertreibe.« Er lächelte flüchtig. »Sie ist sehr jung, Christian, sogar für dich.«
Christian sah ihn entgeistert an. »Mann, setz bloß keine Gerüchte in die Welt. Sie ist mein Mündel!« Er sog an der Zigarre. »Sie ist allerdings sehr schüchtern. Ein Sturz vom Pferd hat sie vor kurzer Zeit sehr verstört, und nach dem ganzen Wirbel um Katherine und die Vermutung, dass ein Rebell sie umgebracht hat, verstehe ich sie. Man hat übrigens Katherines Kutscher gefunden. Erschossen und überfahren.«
Rein hatte schon Schlimmeres gesehen, verzog aber trotzdem das Gesicht.
»Ein Jammer«, fügte Christian hinzu.
»Es ist immer schlimm, wenn ein Mensch stirbt, Christian.«
»Hast du irgendwelche Vermutungen?«
»Man muss mit dem Motiv beginnen. Das führt dann zu einem Verdächtigen.«
Rein verspürte ein Prickeln auf der Haut und war sofort alarmiert. Diskret blickte er an Christian vorbei, und sein Herz schlug schneller. Michaela sah zwischen den Leuten zu ihm herüber. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass ihm der bloße Anblick einer Frau solche Freude bereiten könnte.
Er nickte ihr herzlich zu. Sie erwiderte verhalten den Gruß und fasste an das grüne Seidenkleid. Ihre Finger berührten den
Ausschnitt. Rein lächelte in sich hinein. Zwischen den Brüsten trug sie das Messer bei sich. Sie wurde rot, und Bein dachte an die Leidenschaft in dunkler, regnerischer Nacht. Die Erinnerungen verfolgten ihn ständig. Um sich abzulenken und nicht zu einer Hure zu gehen, hatte
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