In der Glut der Leidenschaft
doch nicht sagen, dass er ... dass er sie getötet hat?«
»Wer weiß das schon?« Cassandra zuckte die Schultern. »Er saß einige Zeit in Newgate, bis ein neuer Zeuge auftauchte. Die meisten Leute glaubten, er hätte den Mann bezahlt. Meine Brüder haben mir erzählt, dass er rehabilitiert wurde, aber der Schaden war bereits angerichtet.« Cassandra betrachtete mitfühlend den Mann, der alle anderen mit seiner hohen, dunklen Gestalt überragte. »Der arme Mann.«
Michaela schluckte. Mord. Das konnte sie sich nicht vorstellen. Cassandra war dafür bekannt, dass sie stets übertrieb
Cassandras Bruder näherte sich ihnen. »Ich sehe, dass du wieder Unfug im Sinn hast, Cassandra.«
Sie lächelte ihm zu. »Hättest du eine Ehefrau, würdest du dich nicht mehr so viel um mich kümmern, Adam.«
»Wie soll ich eine Braut finden, wenn du meine ganze Zeit in Anspruch nimmst?« Er tippte ihr lächelnd auf die Nase, und Michaela fragte sich, wie es sein mochte, von so vielen Menschen geliebt zu werden.
»Du hast mit Montegomery Geschäfte gemacht, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte er.
»Erzähl mir etwas über ihn«, bat Cassandra.
»Wohlerzogene Damen sprechen in der Öffentlichkeit nicht über Gentlemen«, wehrte er ab und sah Michaela und seine Schwester an.
»Sie hat gefragt, nicht ich«, verteidigte sich Michaela.
»Ich bin zwar schuldig, aber heute Abend sind wir nicht wohlerzogen.« Cassandra wollte Adam in die Seite kneifen, erwischte jedoch nur Stoff. »Verdammt.«
»Cassandra!«, zischte er.
»Stimmt es, dass er irgendwo auf einer Insel lebt und Plantagen auf Madagaskar und in Mozambique besitzt?«
»Ja, und er verspeist Kinder zum Frühstück.«
Sie trat ihm auf die Zehen, und er ächzte und schob sie von sich.
»Wenn du dich anständig benimmst, lernst du ihn vielleicht kennen.«
Ihre Augen funkelten vor Aufregung.
»Nein.« Die beiden sahen Michaela an. »Nein«, wiederholte sie. »Ich will ihn nicht begrüßen.« Das schaffte sie nicht, ohne wie ein Schulmädchen zu erröten und sich daran zu erinnern, wie er sie geküsst und sie sich an ihn geschmiegt hatte.
»Er ist ein recht umgänglicher Mann, Miss Denton«, meinte Adam und blickte zu Montegomery. »Nun ja, jetzt beschäftigt er sich mit Eurem Onkel.«
Michaela drehte sich hastig um. Rein war in ein Gespräch mit ihrem Onkel vertieft. Ängstlich presste sie den Fächer fester an sich. Sie fühlte sich gefangen, doch als Rein ihr an Onkel Atwell vorbei einen Blick zuwarf und sich mit dem Daumen über die Lippen strich, wusste sie, dass er sich an den Schwur halten würde. Aber welches Versprechen sollte man einem Mann glauben, der des Mordes angeklagt gewesen war?
»Michaela, du machst ein Gesicht, als hättest du einen Geist gesehen.«
Sie blickte zu Boden.
»Du hast doch keine Angst vor ihm, oder?«, fragte Cassandra, und Adam murmelte etwas über den Hang seiner Schwester zu unsinnigen Geschichten.
»Also gut, gehen wir«, sagte Michaela, weil sonst alle gemerkt hätten, dass etwas nicht stimmte. Adam führte sie und seine Schwester zu Rein, der Adam Whitfield mit einem offenen Lächeln und einem herzlichen Händedruck begrüßte.
Onkel Atwell sah Michaela finster an. »Meine Nichte, Sir, Richards Tochter.«
Michaela nickte und streckte die Hand aus. Rein ergriff sie leicht und beugte sich darüber, um einen Kuss auf den Handschuh zu hauchen. Sie hielt den Atem an.
»Rein Montegomery, zu Euren Diensten, Mistress.« Seine Stimme klang leise und sanft und jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken. Randi hatte sich diese Geschichten wahrscheinlich nur ausgedacht. Es war unmöglich, dass Rein solche Gefühle bei ihr auslöste, wenn er ein derartiges Verbrechen begangen hatte.
»Es ist mir ein Vergnügen, Sir.« Sie knickste, und er lächelte
»Fein, fein.« Atwell zog ihre Hand rüde von Montegomery weg. »Lass uns jetzt allein, Kind. Das Gespräch ist vertraulich.«
»Ich würde mich anders ausdrücken«, sagte Rein ärgerlich »Das Gespräch ist beendet.«
»Gut. Dann besucht mich doch morgen Mittag.«
Rein löste den Blick von Michaela und sah den britischen Offizier an. »Ich bin schon verabredet.«
»Ich verlange...«
Rein zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und brachte ihn damit zum Schweigen. »Wir haben dieses Thema schon früher erörtert, Denton. Meine Beziehungen zu England beschränken sich auf die Märkte und erstrecken sich nicht auf das Militär.«
»Ach, kommen Sie, Montegomery«, drängte
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