In der Hitze der Nacht
Süßigkeiten zuwirft. Sie befestigte es mit dem Klipp an ihrem Revers. Könnte trotzdem praktisch sein, falls mich jemand anhält.
Sie folgte etwa eine Stunde lang den Absperrungen und suchte nach einer Telefonzelle, die sie benutzen konnte, aber vor jeder, die sie sah, standen die Leute Schlange, und sie wollte nicht warten. Sie hatte sowieso schon das Gefühl, dass jeder sie anstarrte, und als sie zwei Streifenpolizisten durch die gestopft volle Straße auf sich zukommen sah, wandte sie sich abrupt ab. Ein Trio Studentinnen mit glasigen Augen, geschmückt mit protzigen Perlenketten, rannte sie fast um, bevor sie jemand am Arm packte und an den Straßenrand zog.
Als sie wie angewurzelt stehen blieb und in ein strenges, verschwitztes Gesicht blickte, sprang ihr fast das Herz aus der Brust.
»Hey .« Es war ein Mann mit einer schwarzen Jacke, auf der in weißen Buchstaben Krewe Of Orpheus und Parade Official stand. Er bat sie um das Ausweisschildchen und nahm es aus ihren kraftlosen Fingern entgegen, blickte mürrisch darauf und dann wieder sie an. »Du bist hier falsch und eine Stunde zu spät. Und warum sind deine Haare rot ?«
»Tut mir leid .« Sie suchte nach einer Ausrede. »Der Verkehr war eine Katastrophe. Und ich hatte die Nase voll von Blond .«
»Gute Entscheidung, Rot macht dich viel hübscher. Komm schon, ich gehe auch in die Richtung – ich nehme dich mit .« Er nahm ihren Arm und führte sie zu einem wartenden Auto. »Du hast doch nichts getrunken, oder ?«
»Äh, nein, Sir .«
»Gut. Die Hälfte der Darsteller sind jetzt schon zu betrunken, um aufrecht stehen zu können .« Er öffnete ihr die Autotür.
Ein Helfer brachte sie zu dem Aufstellungsplatz der Parade, wo ein gigantischer Festwagen aus Pappmaché auf den anderen folgte und auf die abendlichen Festivitäten wartete. Hunderte von Darstellern in grellen, glitzernden Kostümen liefen hin und her, halfen sich gegenseitig bei ihrem enormen Kopfschmuck, zupften Federn zurecht und riefen nach den Technikern, damit sie letzte Hand an die verschiedenen Stützen und Drähte der gewaltigen Wagen anlegten.
»Geh rüber in die Kostümierung « , sagte der Helfer und gab ihr einen Schubs in Richtung eines riesigen gestreiften Zelts direkt hinter dem Wagen.
Jeder trug irgendeine Maske, also ging Sable in das Zelt. Bis sie eine Möglichkeit gefunden hatte, mit Hilaire oder Remy in Verbindung zu treten, konnte sie die Verkleidung gut gebrauchen. Sobald sie durch den Zelteingang geschlüpft war, schnappten sie zwei Frauen und nahmen sie in die Mitte. »Größe vierunddreißig, stimmt’s ?« , fragte eine von ihnen, während sie ihr ein Maßband quer über die Brust spannte.
»Sechsunddreißig .« Sie zuckte zusammen, als ihr jemand die Spange aus dem Haar zog, die ihren Pferdeschwanz zusammengehalten hatte. »Hey .«
»Sie hat die richtige Größe « , sagte die zweite Frau zu der ersten, dann fragte sie Sable: »Hast du schon mal einen Reifrock getragen ?«
Eine Stunde später stieg Sable von dem Anprobepodest herunter und war vollkommen verwandelt. Die beiden Frauen hatten sie mühsam in ein grünes Kleid gesteckt, das ein exaktes Abbild von dem war, das Scarlett O’Hara im Film Vom Winde verweht trug. Das Oberteil und der Überrock aus smaragdgrünem Samt setzten sich von dem hellgrünen Unterrock ab. Ihr rotes Haar war unter einer üppigen Perücke mit kastanienfarbenen Locken und einem mit schwarzen Federn und goldenen Quasten geschmückten Hut verborgen.
»Die sitzen zu locker .« Eine der Frauen zog die goldenen Schnüre um ihre Taille fester, die den Vorhangkordeln ähnelten, die Scarlett trug. »So, ich glaube, selbst Rhett Butler wäre beeindruckt .«
Die andere Frau sagte: »Denk dran, egal, was passiert, setz dich in diesem Ding nicht hin. Der Reifen klappt vorne hoch, und ganz New Orleans sieht deine Unterhose .«
Jemand rief vom Zelteingang nach Scarlett.
»Geh mit Gary .« Die Frau zeigte auf einen Mann, der am Eingang des Zelts herumstand. »Er hilft dir auf den Wagen .«
Der Techniker musterte sie von Kopf bis Fuß, bevor er ihr einen riesigen Armvoll bunter Plastikhalsketten überreichte. »Hast du das schon mal gemacht ?«
Sable schüttelte den Kopf und hängte sich die Perlenketten vorsichtig über den Unterarm.
»Okay, an drei Sachen solltest du denken – du winkst, du lächelst, und du wirfst deine Perlen. Vier Sachen – du versuchst, dich möglichst nicht zu bewegen .« Er führte sie zu einem riesigen Festwagen,
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