Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
Vom Netzwerk:
Spital festgestellt.«
    Rolf Danner mischte sich ein. »Azoglu war also informiert, dass seinem Kind etwas Schlimmes zugestoßen war. Da würde man doch einen äußerst erregten Mann erwarten. Einen der hineilt, einen, der jeden, der ihn anspricht, sofort um genauere Informationen anfleht. Wo ist meine Tochter? Wie geht es ihr?«
    Heinzmann nickte. »Einer, der noch nichts Genaues weiß, würde vor Sorge um sein Kind fast wahnsinnig«, murmelte er und kniff seine Augenlider misstrauisch zusammen. »Ich habe auch schon solche gesehen, die völlig apathisch waren, keinen geraden Satz herausbrachten.«
    »Das war der Azoglu aber beides nicht«, winkte Danner mit seinem Zeigefinger, als wäre der ein Wischblatt eines teuren Mercedes bei Regensturm. »Der Mann war weder erregt, noch weggetreten. Er war ruhig und normal, ganz gefasst, so als wisse er schon lange, dass das Kind tot war, als hätte er sich längstens damit abgefunden.«
    Heinzmann verzog den Mund. »Nur etwa eine halbe Stunde nachdem er ins Spital gerufen wurde? Nie im Leben«, bemerkte er energisch. Er schien wieder bei Kräften zu sein.
    »Hhm«, machte Baumer hingegen nur und gab Gianni Platz frei, damit er die Getränke hinstellen konnte.
    »Was ist mit diesem Azoglu?«, meinte Gianni. »Ist das der Mörder dieses …«
    »Schnauze, Gianni!«, explodierte Baumer.
    Prompt fuhr Gianni mit dem zweiten Tablett an den Oberarm von Heinzmann. In letzter Sekunde konnte er das Tablett noch balancieren und die Tassen darauf halten, aber der halbe Cappuccino von Heinzmann war verschüttet. »Mein Gott, Baumi, was schreist du mich so an?« wimmerte der stets friedliche Gianni.
    »Du hast nichts gehört, verstanden?«, machte Baumer plötzlich auf Beamter.
    Das ließ sich Gianni nicht bieten. »Was verstanden? Ihr Oberschnuuri quatscht doch viel zu laut, hier. Das ist nicht eure Schmierkantine. Was kann ich dafür, wenn das ganze ilcaffè mithört.«
    Jetzt blickten die drei auf und erschraken.
    Die anderen Gäste starrten alle zu ihnen herüber. Nur langsam drehten sie sich wieder weg, taten so, als hätten sie sich überhaupt nicht für das Gespräch interessiert. Sowieso. Sie hatten für heute genug gehört, um im Freundeskreis mächtig angeben zu können. Den Namen von Azoglu hatten sie sich natürlich gemerkt. Das war der Mörder. Sicher war das der Mörder.

    Der Türke ist der Mörder.

    *
    Baumer war unwohl. Die ganze Sache überforderte ihn. Auch Heinzmann schien deutlich neben den Schuhen zu stehen. Das Denken fällt so schwer, wenn das Herz tief bekümmert ist. Immerhin hatte der Kommissar gemerkt, dass er sich bei Gianni für seinen Ausbruch entschuldigen sollte. Heinzmann fand das ebenfalls und hatte es seinem Freund geraten, als sie zusammen mit Danner aufgestanden waren und gehen wollten. Der Kommissar bat seine zwei Kumpel daher, draußen auf ihn zu warten, und drehte sich zu Gianni.
    Andi Baumer nuschelte irgendein Wort der Entschuldigung zum Barista, aber Gianni hatte die Sache bereits vergessen. »Wofür sich entschuldigen, mein Freund?«, hatte er einem seiner Lieblingsgäste bedeutet, dass dies nicht notwendig sei. Im Gegenteil. Gianni strich sich seine Schürze glatt, trat nahe zu Baumer, aber schaute doch ein wenig beschämt an ihm vorbei. »Ich habe auch ein wenig zu dick aufgetragen. Das mit der Schmier …«
    Baumer unterbrach sofort. »Ich habe nichts gehört. Keine Entschuldigung notwendig.«
    »Ja«, strahlte Gianni, »wir sind Freunde, Baumi, gell. Du und ich, wir sind so.« Und er streckte die Zeigefinger aus seinen Fäusten und schlug sie freudig ein paar Mal parallel gegeneinander.
    Andi Baumer nickte. Gianni vom ilcaffè war immer die Liebenswürdigkeit in Person zu ihm und überhaupt zu allen Menschen gewesen. Deshalb wollte er sichergehen, dass wirklich wieder alles gut war zwischen ihm und dem Barista. »Hör zu. Es tut mir wirklich leid. Ich …« Dann wusste er nicht weiter und schaute Gianni einfach tief in die Augen.
    »Ah, bah, ja doch. Das passiert jedem mal.«
    »Weißt du …« Baumer fuhr sich durch die kurzen mahagonifarbenen Haare, die bereits leicht ergraut waren. »Das Mädchen, der Tod, die Hitze … das alles überfordert mich.«
    Gianni legte seine beiden Hände an die Oberarme von Kommissar Baumer, hielt seinen Freund zärtlich und sicher zugleich. Er sagte nichts.
    Beinahe trieb es Kommissar Baumer Tränen in die Augen. »Das ist doch alles nicht normal. Was sind das für Typen, die ein Kind umbringen? Sind das

Weitere Kostenlose Bücher