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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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fast um die erste Ecke gebogen war, kam ihm eine kleinwüchsige Krankenschwester entgegen. Die schaute ihn verwundert an, blieb kurz stehen, aber beeilte sich dann doch in das Zimmer 22 zu kommen, von wo sie lautes Wehklagen gehört hatte, das aber bereits wieder in sich zusammenfiel, als wäre es durch irgendetwas massiv gedämpft worden.
    Heinzmann blickte kurz zurück und sah die Schwester, wie sie, noch bevor sie ins Zimmer trat, ihr Mobiltelefon ans Ohr führte. Der Wachtmeister beeilte sich wegzukommen. Als er um die Ecke war, rannte er los.

    *
    Auf der Terrasse der Cafeteria beim Klinikum 1 saß Dr. med. Regazzoni unter einem hässlichen Coca-Cola-Sonnenschirm und trank ein Bier mit Citro.
    »Schmeckt das Panaché?«, fragte ihn ein verschwitzter Stefan Heinzmann, der sich mit rotem Kopf an den Tisch setzte, ohne dass Regazzoni ihm dies erlaubt hätte. Nach seiner Flucht aus der Notfallstation atmete Heinzmann schwer, musste zuerst einmal Luft holen.
    Der Gerichtsmediziner setzte das Glas ab und wischte sich einen Schleck weißen Schaums von der Oberlippe. »Nur zu, Wachtmeister. Setzen Sie sich. Macht heute eh jeder, was er will.«
    »Wie meinen Sie das, mein lieber Freund?«, wunderte sich der Wachtmeister über die offensichtlich genervte Stimmung des Tessiners.
    »Na ja, jeder meint, er sei ein Profi …«, nuschelte Regazzoni und nahm einen weiteren Schluck. Dann fuhr er mit ziemlich schwerer Zunge fort: »… und dann wursteln sie wie Volldilettanten.« Er schnalzte verächtlich.
    »Regazzoni, wovon reden Sie eigentlich?«, fragte Heinzmann verblüfft, der aufgestanden war und sich aus dem Automaten nahe der Terrasse einen Plastikkaffee zog. Er hätte sich zwar ohne Probleme frischen Espresso von der Theke holen können, aber Heinzmann hatte sich in allen Nachtschichten, die er gemacht hatte, zu sehr an diesen Kaffee gewöhnt. Außerdem war er billiger. 1 Franken 50 anstatt 3 Franken 80. So sparte er Geld für seine Pension. Eine Pension, die er wohl nie antreten würde. Ein weiterer Vorteil: Wenn ein Alarm kam, konnte er den Plastikbecher einfach mit ins Auto nehmen.
    »Was los ist?«, brummelte Regazzoni, als der Wachtmeister zurückkam und knallte sein Bier auf die Glasplatte des Tisches. »Wie soll ich meine Arbeit machen, wenn mir dauernd irgendwelche Anfänger hineinpfuschen.«
    »Was … ist … passiert, Regazzoni?«, dehnte Heinzmann seine Worte.
    »Wie soll man da verwertbare Spuren sichern?«, machte der Mediziner eine wegwerfende Handbewegung.
    Heinzmann gab es auf. Er zog die Mundwinkel nach unten, nahm einen gehörigen Schluck Kaffee, dann legte er die Hände hinter den Kopf und lehnte sich zurück.
    Regazzoni schüttelte bitter den Kopf, wirbelte eine Hand wie an einer Himmelsleiter entlang nach oben. Er sprach zu sich selbst. »Das ist doch das Wichtigste. Sofort die Leute separieren.« Er ließ die Hand fallen, blickte trübsinnig vor sich hin. Als er das Glas erblickte, packte er es wieder, setzte es an seine spitzen Lippen.
    Gelegenheit für den Wachtmeister, es nochmals zu versuchen. »Erzählen Sie mir jetzt, was passiert ist?«
    »Also gut.« Der Mediziner setzte das Glas ab und beugte sich zu Heinzmann. »Hören Sie zu.«
    Und dann erzählte er seine Sorgen. Er berichtete, wie er in die Notfallstation beordert worden war. In die Notfallstation! Wieso hatten die Deppen die Leiche eingepackt und vom Tatort abtransportiert? Das war doch gegen jede Vorschrift. Tote dürfen nicht sogleich bewegt werden. Nun gut. Manchmal passiert das eben. Besonders wenn ein Kind getötet wird. Da vergisst manch einer die Prozedur. Vielleicht waren die Sanitäter auch von der Mutter und ihrem Leid überfordert. Man vergisst einfach, dass dieses Kind vor allem eine Leiche ist, aus deren Lage man viele Schlüsse hätte ziehen können. Aber nein, man will die Mutter nicht mit irgendwelchen Untersuchungen am toten Kind schockieren, bringt es also ins Spital, wie man es immer mit Schwerverletzten macht. Als wäre noch etwas zu retten gewesen.
    Heinzmann unterbrach Regazzoni nicht in seiner Erzählung. Es stimmte. Das Kind hätte nicht bewegt werden dürfen. Sein Fehler.
    »Eine PCR-Maschine bedienen kann ja jeder, aber…«, fuhr Regazzoni mit immer schwerer werdender Zunge in seinem Bericht fort.
    »Eine PCR-Maschine?«
    »Die Maschine, die DNA-Profile macht, also Untersuchungen des Erbgutes.«
    »Ah, ja«, machte Heinzmann fachmännisch und schüttete ein weiteres Päckchen Zucker in seinen Kaffee.
    »Wie

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