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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Softdrinks hing immer noch das Schild, dass die Maschine nicht funktionierte. Jetzt hing sogar noch ein zweiter Zettel dran. »Funktioniert wirklich nicht! Maschine BITTE nicht kaputt treten. Merci.«
    Also marschierten sie über die Straße hin zum gegenüber der Schifflände gelegenen Café Bachmann. Das war erst vor Kurzem renoviert worden. Es war richtig hübsch geworden. Die Einrichtung war heller und einladender als zuvor, und man konnte jetzt sogar von außen sehen, wer drinnen saß. Umgekehrt ging das auch. Andi Baumer liebte diese Transparenz. Er war keiner, der in noblen Restaurants in kleinen dunklen Salons ohne Fenster sitzt und mit den Mächtigen krumme Dinge so zurechtbiegt, dass sie gerade scheinen.
    Da Baumer im Bachmann noch kein Stammkunde war, kannte ihn die junge Bedienung nicht. Seine Bestellung nahm sie eher kühl entgegen.
    Meier kam schnell zur Sache. »Also, sagst du mir jetzt endlich, was gopferdammi los ist.«
    »Gopferdammi«, bellte der Kommissar zurück, »ein Kind wurde getötet!«
    Der Gefreite wurde augenblicklich einsilbig. Er blickte links, rechts, wieder links, fühlte sich wie ein neunmalkluger Gymnasiast, der bei einem guten Lehrer den Kürzeren gezogen hat. Er blieb schweigend sitzen.
    Nach einer Weile begann Baumer endlich seine Haltung zu erklären: »Ich will einen Mörder fangen.«
    Der junge Gefreite war eingeschnappt, sagte nichts.
    »Weißt du Meier, das ist nicht einfach. Polizeiarbeit ist nicht immer logisch, ist keine Mathematik.«
    Der Angesprochene blickte mit verbittertem Mund an die entfernte Wand.
    »Manchmal stolpert man richtiggehend über den Mörder. Man sitzt bei einem Kerl, will eigentlich nur einen Kaffee trinken. Und dann erzählt der dir das ganze Leben. Erzählt, wie ihn seine Frau betrogen und er seinen Nebenbuhler erschlagen hat.«
    »Du meinst den Garagenmörder im Hegenheimerquartier.«
    »Ja, der zum Beispiel. Da brauchst du kein Hirn.« Baumer riss ein Zuckerbeutelchen auf, rührte den Inhalt in seinen Cappuccino, den die Bedienung gebracht hatte.
    Meier griff nach seinem Eistee, entspannte sich leicht. Er nahm einen Schluck, schmeckte sogleich die frischen Nana-Minzenblätter und den Zitronenschnitz, die dem hausgemachten Getränk beigegeben waren.
    »Es ist wirklich so«, fuhr der Kommissar fort, »meistens braucht es weniger Hirn bei der Ermittlung, als man denkt.«
    »Das habe ich auch schon gemerkt auf der Nachtpatrouille.«
    »Bauchgefühl braucht es, mein Freund«, sinnierte Baumer und nahm einen ersten kräftigen Schluck. Der Cappuccino war ihm ein bisschen zu stark geraten, vielleicht empfand er den Geschmack aber auch nur so heftig, weil ihm heiß war. Weiterhin gab es keine Anzeichen für eine Abkühlung in Basel. Die Hitze hielt die Stadt im Griff. Hier, nahe beim Rhein, war es beinahe unerträglich. Die Luftfeuchtigkeit war hoch und die Hitze bestialisch.
    »Bauchgefühl«, wiederholte Baumer murmelnd.
    »Und davon hast du reichlich?«
    »Ja, ich denke schon.« Baumer fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe, schleckte den Schaum, der dort hängen geblieben war, genüsslich fort. Dann fügte er an: »Heinzmann hat auch Bauchgefühl. Mehr als wir beide zusammen.«
    Meier schüttelte frustriert den Kopf. »Heinzmann hat einmal zu viel Trouble gemacht.«
    »Keine Angst, Meier«, beruhigte der Kommissar den jungen Polizisten. »Heinzmann kommt wieder zurück.«
    »Ich glaube, er wird geopfert. Schneider wird ein Exempel statuieren.«
    »Kann sein. Der Monsieur will Karriere machen.«
    »Deshalb muss er ja einmal Blut fließen lassen. Er will seine Macht zeigen.«
    »Das ist wichtig«, Baumer schüttelte den Kopf, »aber nicht das Wichtigste. Entscheidend sind für Schneider Erfolge, sonst ist er bald kein anerkannter Chef mehr. Erfolg heißt aber, dass er auch Fälle lösen muss.« Er hob den Zeigefinger. »Und genau dazu braucht er Leute wie mich und Heinzmann – und Gefreite wie dich.« Er kniff ein Auge zu. »Schneider weiß ganz genau, wer die Arbeit macht. Wenn er entscheiden müsste, ob er Beat Rötheli oder Wachtmeister Stefan Heinzmann behalten würde, dann würde er Stefan behalten und Rötheli in die Wüste schicken.«
    »Bist du sicher?«, fragte Meier.
    »Ja.«
    Das verscheuchte die Unruhe des jungen Gefreiten. Er streckte sich. Ein leises Lächeln erschien auf seinen Lippen. Er nahm einen Schluck Eistee und lugte in die Vitrine vom Bachmann. Die Sandwiches machten ihn an. Parisette mit Schinken und Currycreme.

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