In der Hitze jener Nacht
Jeden Tag stürzte sich der kleine Junge in ein neues Abenteuer. Maggie konnte es kaum erwarten, dass Jonas in dieses Alter kam. Selig betrachtete sie ihren Sohn, der gerade versuchte, seinen Zeh in den Mund zu nehmen. Es gab so vieles, worauf sie sich freuen konnte. Aber auch so vieles, was sie verpassen würde, wenn Justice seine Drohung wahr machte und ihr ihren Sohn wegnahm.
Schon stieg die kalte Angst wieder in ihr auf. Maggie atmete tief durch, um sich zusammenzureißen.
„Mags? Bist du noch da?“, fragte Matrice und riss sie aus den Grübeleien.
Ihre ältere Schwester war ein Mensch, der den Tatsachen stets ins Auge sah und Maggie vor dem sprichwörtlichen Abgrund bewahrte, wenn es darauf ankam. Auf sie kann ich immer zählen, sagte Maggie sich. „Ich bin da. Etwas bekümmert und benommen, aber da.“
„Du musst dir keine Sorgen machen.“
„Das sagst du so leicht.“
Matrice lachte. „Liebes, Justice wird nicht vor Gericht ziehen, um dir deinen Sohn wegzunehmen.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Meine Menschenkenntnis und mein Verstand. Aus diesem Grund hast du mich schließlich auch angerufen, oder?“
Das stimmte. Aber Matrice hatte Justices Gesicht nicht gesehen. Seinen entschlossenen Blick …
„Er wird nicht klagen, das verspreche ich dir. Versuch, dich ein bisschen zu entspannen, okay?“
„Du kannst das nicht wissen“, wandte Maggie ein und streckte eine Hand aus, um Jonas sanft über den Kopf zu streichen. Sofort streckte ihr Sohn die Hand nach ihren Finger aus und ließ nicht mehr los. Wahrscheinlich weiß er gar nicht, dass ihm das Herz seiner Mutter längst für immer gehört, dachte Maggie lächelnd.
Seufzend fuhr sie fort: „Justice ist zielstrebig wie kein anderer, schon vergessen? Wenn er sich in den Kopf gesetzt hat, seinen Sohn zu bekommen, dann wird er alles daransetzen, um zu gewinnen.“
„Aber er kann nicht gewinnen, wenn er dich vor den Kopf stößt. Und das weiß er.“
„Vielleicht. Aber er ist so versessen auf Jonas.“
Matrice lachte. „Was doch gar nicht so schlecht ist, Liebes! Du wolltest doch, dass er ein Teil von Jonas’ Leben wird. Das war einer der Gründe, warum du den Job angenommen hast, als Jeff dich gefragt hat. Du wolltest, dass Justice seinen Sohn kennenlernt.“
„Ja …“ Okay, das war der Plan gewesen. „Aber ich wollte nicht, dass er ihn mir wegnimmt.“
„Das wird er auch nicht.“
„Da bin ich mir nicht sicher.“
„Ich schon.“
„Aber warum?“
Ihre Schwester seufzte. „Justice liebt dich, Mags. Er würde dir niemals wehtun, und wenn du mal in Ruhe darüber nachdenkst, wirst du das auch erkennen.“
„Ja, aber …“
„Abgesehen davon: Kannst du dir vorstellen, wie er allein ein Kind großzieht? Das wäre wirklich ein Drama. Mein Tom weiß ja nicht einmal, wie er Danny eine Windel um den Po legen muss, damit sie sitzt!“
„Auch wieder wahr“, sagte Maggie lächelnd und spürte, wie sie sich etwas beruhigte. Sie musste daran denken, wie hilflos und überfordert Justice mit Jonas auf dem Schoß gewirkt hatte. Doch dann kam ihr ein anderer, beunruhigender Gedanke. „Aber er hat Mrs. Carey, und die ist verrückt nach Jonas!“
„Nach dir aber genauso“, entgegnete Matrice. „Diese Frau würde nichts tun, um Justice dabei zu helfen, dich von deinem Sohn zu trennen.“
„Vielleicht nicht“, erwiderte Maggie und schaute aus dem Fenster. „Matrice, ich glaube einfach, dass alles noch schlimmer wird.“
„Ich setze mein ganzes Geld dagegen, Kindchen.“
Justice las einen Bericht, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Er hatte bei den King-Laboren angerufen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, doch sie konnten ihm noch immer keine Antwort geben. Warum zum Teufel dauerte das so lange? Warum teilten sie ihm nicht endlich diese verdammten Testergebnisse mit und beendeten die qualvolle Warterei?
Er lehnte sich zurück. Sein Kopf war voll mit Gedanken. An Maggie und Jonas, der vielleicht sein Sohn war. Und wenn nicht? Dann wird Maggie wieder gehen und Jonas mitnehmen, dachte er. Das Leben auf der Ranch wird wieder einsam und leer.
Wollte er wirklich wieder in dieses traurige Leben zurückkehren? Nein, das wollte er auf keinen Fall.
Im Grunde fürchtete er sich sogar davor, wieder ganz allein auf der Ranch zu leben. Nur mit Mrs. Carey im Haus. Ohne Spielsachen, die überall herumlagen. Ohne das Babygeschrei oder Maggies Lachen, das durchs Haus
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