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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Umhang aus. Ein heller Skorpion fiel in den Sand und flitzte zurück in den feuchten Schatten. Innerlich schaudernd hastete Ramose auf den Weg zurück. Im Gehen kaute er einen Bissen trockenes Brot und spülte es mit einem mageren Mund voll lauwarmem Wasser hinunter. Beides reichte nicht, aber dennoch spürte er, wie er wieder Mut schöpfte. Und da lief auch schon sein Schatten vor ihm her, während Re in Nuts Mund verschwand. Dann war es vollends Nacht und er schritt zielstrebig aus.
    Gemessen an seiner Müdigkeit, war er die dunklen Stunden zur Hälfte durchmarschiert, als die Brise den beißenden Geruch von verbranntem Holz heranwehte. Mit einem Ruck kam er zu sich, denn er war in eine Art Trance verfallen, und blickte nach vorn, wo sich die Wüste stumm und schweigend vor ihm erstreckte. Lange Zeit trabte er mit geschärften Sinnen weiter. Der Geruch nahm zu. Schließlich konnte er ein Gewirr von Kanten sehen, das sich nicht in den harmonischen Fluss der Dünen einfügte, doch es dauerte noch ein Weilchen, bis er dort ankam. Dann stand er da und staunte.
    Kethuna hatte seine Streitwagen verbrannt. Zerstört und rauchend lagen sie in einer großen Mulde, angekokelte Achsen ragten in den Himmel, gesplitterte Deichseln stießen durch aschfarbene Reste von Korbgeflecht, große, zerbrochene Räder, deren Speichen heil aussahen, zerbröselten zu Staub aus heißer Holzkohle, als Ramose mit dem Fuß vorsichtig dagegentrat. Zwölf Divisionen mit fünfundzwanzig Streitwagen pro Schwadron, dachte Ramose. Dreihundert Streitwagen. Hier liegen die Reste von dreihundert Streitwagen. Ihr Götter. Was könnte Kamose damit anfangen! Aber natürlich, darum hat sie der General ja auch angezündet. Er ist in großer Not und weiß, dass er sie nicht einfach stehen lassen kann, weil Kamose sonst Männer ausschickt und sie holen lässt. Was für eine Verschwendung! Dennoch war Ramose trotz seines Schrecks richtig froh und sein Schritt war leichter, als er die jammervolle Zerstörung hinter sich ließ.
    Um die Zeit der zweiten Morgenröte stieß er auf die ersten Leichen. In dem kalten grauen Licht, das Res Nahen ankündigte, sah er sie vor einem Eselkarren übereinander liegen. Von dem Tier war nichts zu sehen, und die Wasserkrüge, die es gezogen hatte, lagen im Sand, doch ehe er die Leichen untersuchte, ging Ramose schnurstracks zu den Krügen. Sie waren nicht nur leer, sondern innen völlig trocken.
    Enttäuscht wandte er sich den Soldaten zu. Diese Männer waren nicht an Durst gestorben. Es war deutlich zu sehen, dass sie sich gegenseitig beim Kampf um das Wasser umgebracht hatten, das für die Pferde bestimmt gewesen war. Die meisten hatten mal hier, mal da Wunden, doch viele waren an den Pfeilen gestorben, die noch immer aus ihrer Brust ragten. Also schafft es Kethuna, einigermaßen Disziplin zu halten, dachte Ramose, während er die Leichen systematisch plünderte. Nicht genug Wasser für sechstausend Mann, ganz zu schweigen von sechzigtausend. Arme Setius. Arme Deltabewohner. Und armer Ramose, schloss er spöttisch, als er den letzten Wasserschlauch beiseite warf. Kein einziger Tropfen für mich. Sie hätten getrost mit dem gegenseitigen Abschlachten warten können, bis sich wenigstens ein paar angestellt und bekommen hätten, was ich so dringend brauche. Ich habe sie umsonst durchsucht. Ich schwitze und bin erschöpft und sie zwingen mich nun zum Weitergehen, bis sie ganz außer Sicht sind, denn Hyänen und Aasgeier warten schon auf den Morgen und den Festschmaus und ich möchte nicht gern rasten, wo ich mir anhören muss, wie die armen Kerle aufgefressen werden.
    Enttäuscht und ergeben ging er dem zunehmenden Gleißen der aufgehenden Sonne entgegen. Nachdem er ungefähr hundertmal zurückgeblickt hatte, merkte er, dass nichts mehr zu sehen war. Er war zu müde, um noch Schutz zu suchen. Der Zorn machte ihn leichtsinnig. Er trank zwei Schluck Wasser aus seiner Ziegenhaut und legte sich hin, wo er stehen geblieben war, zog sich den Umhang übers Gesicht und schlief ein.
    Am Abend aß er einen Bissen, befeuchtete sich den Mund und bedauerte flüchtig seine Voreiligkeit vom Morgen, als sich der Schlauch in seinem Griff schlaff anfühlte. Er war jetzt schon müde und entmutigt. Sein Magen knurrte und begehrte gegen das unbekömmliche Brot auf, und da warf er den Rest lieber weg, denn es machte ihn nur noch durstiger. Hunger beim Marschieren, davor hatte er keine Angst. Lediglich der Wassermangel konnte ihn umbringen.
    Es dauerte

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