Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Settlers waren , südöstlich der High School sehen. Hat sich angehört, als wären alle da draußen.« Als Junge war der Old Settlers-Jahrmarkt am Wochenende für Baedecker drei Tage gewesen, die das Herz des Sommers bildeten und gleichzeitig das letzte freudige Ereignis vor dem niederschmetternden Countdown bis zum Schulanfang. Old Settlers war für ihn die Einsicht in die Entropie gewesen.
    »Ja klar doch«, sagte Ackroyd. »Da wird heute abend viel los sein, mit dem Grillfest der Jaycees und allem. Wir hätten immer noch genügend Zeit hinzufahren, wenn Sie möchten. Im Zelt der American Legion schenken sie bis um elf Bier aus.«
    »Nein, danke, Bill. Ich bin eigentlich ziemlich müde. Ich denke, ich lege mich hin. Sagen Sie Terry gute Nacht von mir, ja?«
    Ackroyd ging voraus nach drinnen und schaltete das Licht über der Treppe ein. »Terry ist zu seinem Freund Donnie Peterson rübergegangen. Die beiden verbringen das Old Settlers-Wochenende gemeinsam, seit sie im Kindergarten waren.«
    Mrs. Ackroyd machte sich zu schaffen und vergewisserte sich, daß Baedecker zusätzliche Decken hatte, obwohl es eine warme Nacht war. In dem Gästezimmer herrschte ein angenehm vertrauter Motelzimmergeruch. Mrs. Ackroyd lächelte ihm zu, schloß leise die Tür, und Baedecker war allein.
    Es war fast stockdunkel in dem Zimmer, abgesehen vom Leuchten seines digitalen Reiseweckers. Baedecker legte sich zurück und starrte in die Dunkelheit. Als die schwach leuchtenden Ziffern 2:32 Uhr anzeigten, stand er auf und ging in den verlassenen Raum mit dem Teppichboden hinaus. Von den oberen Stockwerken war kein Laut zu hören. Jemand hatte ein Licht über der kurzen Treppe angelassen, falls Baedecker noch einmal in die Küche wollte. Statt dessen ging Baedecker zum Zimmer des Jungen, zögerte einen Moment vor der angelehnten Tür und trat dann ein. Das Licht von der Treppe erhellte schwach die pockennarbige Mondoberfläche und die blauweiße, aufgehende Sichel der Erde. Baedecker stand eine Zeitlang da und wollte gerade wieder gehen, als ihm etwas auffiel. Er machte die Tür zu und setzte sich auf Terrys Bett. Einen Moment herrschte nicht das geringste Licht, und Baedecker war blind. Dann gewahrte er Hunderte leuchtender Pünktchen an Wänden und Decke. Die Sterne kamen heraus. Der Junge Baedecker war sicher, daß es der Junge gewesen sein mußte hatte das Zimmer mit Spritzern phosphoreszierender Farbe gesprenkelt. Das Halbrund der Erde erstrahlte in einem milchigen Glanz, der die lunaren Hochebenen und Kraterränder beleuchtete. Baedecker hatte nie eine Mondnacht von der Oberfläche gesehen das hatte kein Apollo-Astronaut , aber er saß auf dem ordentlich gemachten Bett des Jungen, bis sich die Sterne in seine Augen eingebrannt hatten, und er dachte: Ja ja.
    Nach einer Weile stand Baedecker auf, schlich lautlos in sein eigenes Zimmer und schlief.
     
    Die Dämmerung des >Richard M. Baedecker<-Tags kam warm und klar. Auf der Straße vor Ackroyds Haus rauschte der Lärm des samstäglichen Verkehrs. Der Himmel war so blau, daß die Maispflanzen auf den Feldern hinter den neuen Häusern innerlich zu leuchten schienen.
    Baedecker nahm zweimal Frühstück zu sich. Das erste Mal mit Ackroyd und dessen Frau in ihrer geräumigen Küche. Das zweite mit der Bürgermeisterin und dem Stadtrat an einem langen Tisch im Parkside-Cafe. Marjorie Seaton kam Baedecker wie eine Kleinstadtversion der ehemaligen Chicagoer Bürgermeisterin Jane Byrne vor. Er war nicht sicher, wo die Ähnlichkeiten lagen Seatons Gesicht war breit und vom Wetter gerötet, Byrnes dagegen schmal und blaß. Marge Seaton hatte ein offenes, herzliches Lachen, das keine Ähnlichkeit mit Byrnes verkniffenem Kichern hatte, an das er sich erinnerte. Aber die Augen beider Frauen ließen Baedecker an Apatschenfrauen denken, die darauf warteten, daß die männlichen Gefangenen zu ihrer Erbauung ausgepeitscht würden.
    »Die ganze Stadt ist in heller Aufregung, weil Sie hier sind, Dick«, sagte Seaton und strahlte ihn an. »Ich könnt sagen, das gesamte County. Heute werden Leute sogar von Gatesburg hierher kommen.«
    »Ich freue mich schon, sie kennenzulernen«, sagte Baedecker. Er schob seine Bratkartoffeln hin und her. Neben ihm wischte Ackroyd Eidotter mit einem Stück Toast auf. Die Kellnerin, eine kleine Frau mit ausdruckslosem Gesicht namens Minnie, kam jeden Augenblick herbeigeeilt und füllte die Kaffeetassen nach, als hätte sie die gesamte Definition von Kellnerin in die

Weitere Kostenlose Bücher