In der Stille der Nacht - Thriller
Straße in Shettleston, über die sich Pat eines Silvesterabends acht Kilometer weit durch eiskalten, strömenden Regen nach Hause schleppte. Malkis fröhliches Gesicht grinste ihm vom Fahrersitz aus entgegen. »Willst du mitfahren?« Da war er dreizehn gewesen.
Pat lief weiter auf der Stelle bis er das Gefühl hatte, seine Lungen müssten platzen. Die Energie verließ ihn ebenso schnell wie sie ihn überfallen hatte. Er warf sich auf das Autodach, presste sich auf das kalte Blech. Pat drückte sein Gesicht auf das Dach, presste so fest, dass er seine Nase knacken hörte.
Er richtete sich auf, holte tief Luft und hielt den Atem an. Das Marschland roch nach Verwesung, nach totem Gras, das langsam im Wasser schmolz. Ohne einen Gedanken in seinem Kopf drückte Pat auf den Autoschlüssel in seiner Hand, öffnete die Tür und setzte sich auf den Fahrersitz. Er zog die Tür zu und schloss von innen ab, stellte den Sitz auf seine Größe ein und legte den Sicherheitsgurt an.
Er schaltete die Scheinwerfer genau in dem Moment ein, in dem Eddys Gesicht unter dem schiefen Vordach auftauchte. Eddy blieb der Mund offen stehen und als ihn das Scheinwerferlicht traf, riss er die Augen auf. Pat wendete in weitem Bogen und raste davon.
30
Morrow fuhr durch den ruhigen Verkehr nach Hause und wünschte, es wäre mehr los, hoffte, nicht allzu weit vor ihr würde jemand einen Unfall bauen. Niemand tat ihr den Gefallen.
Die Bewohner der Blair Avenue machten es sich nach einem schweren Abendessen vor dem Fernseher gemütlich, Vorhänge wurden zugezogen, Lichter gingen in den oberen Stockwerken an, als sich die einzelnen Familienmitglieder in den Häusern verteilten und sich die Kinder widerwillig an ihre Schulaufgaben setzten. Ein Mann zog einen alten Hund unter gutem Zureden die Straße entlang, berührte ihn am Rücken, um ihm in Erinnerung zu rufen, wo es langging. Drei Teenager beäugten zwei Mädchen, die schwatzend an einer Ecke standen und sich für sie in Pose warfen.
Die Vorhänge waren offen, im Wohnzimmer brannte Licht, aber sie sah kein Flackern vom Fernseher. Sie hatten eine Zeitschaltuhr für das Licht eingebaut. Vielleicht war er gar nicht da.
Sie nahm all ihren Mut zusammen, griff nach dem Autoschlüssel, zog ihn aus dem Schloss und öffnete die Fahrertür. Sie stellte einen Fuß auf den Asphalt, ließ den anderen folgen, knallte die Tür zu, schloss ab und hielt auf dem Weg zum Haus den Kopf gesenkt. Seit heute Morgen hatte er Ordnung im Garten gemacht. Das Unkraut war gezupft und
die lockere Erde war von den Gehwegplatten wieder in die Beete gefegt worden. Auch die Stufen waren sauber.
Sie hatte den Schlüssel ins Schloss gesteckt und die Tür bereits halb geöffnet, als sie das Radio aus der Küche hörte. Falten bildeten sich an ihrem Kinn, Hitze stieg ihr in den Kopf, ließ sie erröten, auf der Schwelle innehalten und tief Luft holen. Das Grauen vor Zuhause. Nicht heute Abend. Nicht er und nicht heute.
Dass sie in ihrem eigenen Haustüreingang stand und nicht weiterwusste, machte sie wütend und sie nutzte die Energie dieses Gefühls, um die Tür ganz zu öffnen und einzutreten. Sie schloss sie vorsichtig hinter sich, ließ die Schultern hängen und den Mantel in die Hände gleiten. Sie warf ihn über das Treppengeländer unten, ließ ihre Tasche fallen, so dass sie im Weg lag und marschierte in die Küche.
Brian saß am Küchentisch und arbeitete an seinem Laptop. Er hatte sie kommen hören, sah bereits zu ihr auf, versteckte seine Verärgerung hinter spitzen Lippen. Das weiße Licht vom Computerbildschirm schimmerte auf seinen Brillengläsern, verwandelte seine Augen in brutale, silbrige Rasierklingen.
»Alex …?«
»Hi.« Sie hatte unbeschwert klingen wollen, aber es kam bleiern aus ihr heraus. Sie ließ ihre Schlüssel auf den Küchentresen fallen. »Wichtiger Fall, bin gestern Nacht gar nicht nach Hause gekommen. Hab vierzig Stunden nicht mehr geschlafen.«
»Hm. Du musst müde sein.«
Die Banalität seiner Bemerkung hätte sie fast zum Lachen gebracht. Er lehnte sich zurück und ließ eine seiner breiten Schultern kreisen, als hätte er Nackenschmerzen. Er sah sie
an, sein Mund zuckte leicht. Geduldig wartete er auf ihre Antwort. »Ja«, antwortete sie in demselben nichtssagenden Ton. »Das bin ich. Wie geht’s dir?«
»Gut. Mal wieder bisschen steif im Nacken. Der Klempner war da, hat sich um den Abfluss im Garten gekümmert.«
Sie sah den Briefstapel auf dem Tisch durch, nur um etwas zu tun
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