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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Gras.
    Sie stand dort und betrachtete ihn skeptisch. Langsam rutschte seine Hand seitlich ab, auf die Flaschen zu, schlaff, so als wäre er nicht bei Bewusstsein, als wäre er tot. Überdosis.
    Morrow raste durch die Küche, packte den Griff der Doppeltür und riss sie auf, nicht ängstlich, sondern beinahe froh. Froh, weil es etwas zu tun gab. Sie baute sich vor dem Liegestuhl auf.
    Brian trug eine Sonnenbrille und einen Pullover unter dem Morgenmantel. Er hatte Wanderstiefel an und eine Decke über den Knien. Die andere Hand war nicht schlaff. In der anderen Hand hielt er einen Becher mit kaltem Tee. Er sah zu ihr auf, über seine Brillenränder hinweg, versuchte zu lächeln, aber sein Blick hielt nicht stand und er sank auf die Knie, als könnte er es nicht ertragen, sie anzusehen.
    Morrow kauerte neben ihm, packte ihn am Unterarm und sprach in professionellem Ton zu ihm. »Brian, hast du was genommen?«
    Schwerfällig senkte er den Blick und betrachtete ihre Finger auf seinem Arm. Sie berührte ihn zum ersten Mal seit fünf Monaten, seit ihr gemeinsamer Sohn gestorben war. Sie sah auf. Seine Augen waren rotgerändert, aber Brian war nicht traurig oder beherrscht, nicht selbstgefällig oder gereizt, befand sich in keiner seiner sonst so fein nuancierten Stimmungen. Dies war ein Brian, den sie nicht kannte und er sah sie ausdruckslos an, mit hochgezogener
Augenbraue erhob er Einspruch gegen die Dreistigkeit ihrer Berührung.
    Langsam zog sie die Finger zurück, doch sie sahen sich weiter an. Er öffnete den Mund und flüsterte: »Ich kann so nicht weitermachen.«
    Sie versuchte abzulenken. »Du musst dich anziehen für die Arbeit …«
    »Alex«, sagte er, seine Stimme war ruhig und gemessen, als hätte er die ganze Nacht über diesen einen Satz nachgedacht: »Ich hasse den Mann, den du aus mir machst.«

    Der Angler hatte Zeitungspapier auf dem Autositz ausgelegt, eine Plastiktüte aufgerissen, um den Sitz zu schonen und dann Aamir auf den Beifahrersitz gesetzt. Er war sehr freundlich. Er kehrte seinen guten Wintermantel von innen nach außen, wegen des Drecks, schob Aamirs Arme einzeln hinein, zog den Gürtel fest, damit kein Wind hereinfuhr. Er gab Aamir sogar seine Socken für dessen taube Füße.
    Aamir saß im warmen Dunst, der aus der Autoheizung aufstieg und betrachtete die Socken, während seine Füße auftauten. Graue Socken, rote Zehen. Warme Thermosocken, sagte der Mann. Warm.
    Er saß alleine im Wagen. Der Mann machte sich draußen zu schaffen, packte ein, klappte einen Stuhl zusammen, zerlegte seine Angel in ihre Einzelteile und steckte sie in die Hülle.
    Überlegen Sie es sich und ich packe so lange ein, hatte er gesagt.
    Aamir sollte denken. Die Aufgabe, die ihm der Mann gestellt hatte, bestand darin, nachzudenken: Wohin wollen Sie?

    Da war es, neben der Autobahn, an einem großen Kreisverkehr - auf Leute, die sich was daraus machten, wirkte es mit Sicherheit anziehend. Im Fenster standen blitzblank polierte Luxusautos diagonal hinter der gläsernen Fassade aufgereiht, die Sonne funkelte auf dem Lack und lenkte die begehrlichen Blicke der Vorüberfahrenden auf sich.
    Das Gebäude war ein Glaskasten, zwei Stockwerke hoch, ein kanariengelber Lamborghini hing an Drahtschlaufen befestigt zwei Meter über dem Boden, leicht zum Fenster hin geneigt, wie Schmuck in der Auslage eines Juweliers.
    Das Autohaus machte erst um zehn Uhr auf, aber zwei Wagen parkten bereits hinten: ein kleiner blaugrauer BMW-Sportwagen mit Spoilern an der Seite, neben einer ungeliebten Schrottkarre, ähnlich wie ihre eigene.
    Nachdem sie die schlichte Tür in der Wand mit der Aufschrift »Liefereingang« gefunden hatte, klopfte sie und wartete eine Ewigkeit. Wieder und wieder klopfte sie, aber niemand machte auf. Gerade als sie ihr Handy hervorkramte, weil sie dachte, es sei einfacher, die Nummer herauszufinden und dort anzurufen, wurde knisternd eine Stimme über die Sprechanlage vernehmbar.
    »Was?«, fragte eine Frauenstimme, rau und nasal.
    Morrow sah zu der Stelle hoch von der die Stimme kam. Ein grauer Kegel mit einer roten Kugel an einem Ende, war an der Wand über ihrem Kopf befestigt. Eine Kamera mit integrierter Sprechanlage. Sie trat einen Schritt zurück und sah hinein. »Ich bin Polizistin«, sagte sie und fand ihre Stimme zu hoch und bittstellerisch. »Ich möchte den Geschäftsführer sprechen.«
    Stille folgte, dann kam eine Männerstimme, sämig und glatt. »Kann ich Ihnen helfen?«

    Morrow zog ihre Brieftasche

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