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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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wohl von der anderen Seite des irischen Kanals aussah. Er hatte viel zusammengelogen. Vielleicht sah es von dort besser aus als von hier.
    »Weiter so. Wir brauchen gute Männer. Ruf an, akzeptier’s und mach einen Ort für sieben Uhr aus, ich komme heute Abend um fünf von der Fähre. Um sechs am Treffpunkt …« Die Stimme versagte, die Handybeleuchtung erlosch und Eddy sah aufs Display. Das Telefon hatte keinen Saft mehr.

    Aamir hob ein Bein und machte den nächsten Schritt und dann den nächsten und den nächsten, immer auf das Licht zu. Da war Wasser. Wasser, das sich bewegte, ein Meer. Er ging über den unebenen Pfad, stolperte, hob ein Bein nach dem nächsten bis er das Licht erreichte. Eine Taschenlampe. Sie lag auf dem Boden, das kostbare Licht auf dem Asphalt verschwendet. Dahinter stand eine Gestalt in einem guten warmen Wintermantel mit Kapuze, blickte aufs Meer hinaus. Aamir blinzelte und sah, dass der Mann eine Angel hielt.
    Er wandte sich zu Aamir um, die Kapuze bewegte sich nicht, sein Gesicht war zweigeteilt. Der Mann war in Aamirs Alter, so groß wie Aamir, ein Schotte.
    »Um Himmels Willen«, sagte er, »was in Gottes Namen ist denn mit Ihnen passiert?«

32
    Morrow öffnete die Augen einen winzigen Spalt, suchte die roten Zahlen auf dem Radiowecker, war aber auf der falschen Seite aufgewacht und lag Brians Betthälfte zugewandt. Die Daunendecke war ordentlich übereinandergeschlagen und im Kissen war keine Delle. Sie blinzelte noch einmal und rollte sich zur Fensterseite. Der Morgen starrte durch die Vorhänge.
    Laut Wecker war es sieben Uhr achtzehn. Sie konnte ohne weiteres aufstehen. Normalerweise würde sie das tun. Sie würde aufstehen und ihn weitere vierzig Minuten schlafen lassen. Sie hätte das Haus für sich, würde sich irgendeinen Mist im Radio anhören, Toast essen, alleine sein und das Haus verlassen, bevor er aufstand, aber er war schon auf, war da unten, irgendwo im Haus.
    Sie setzte sich, die Decke fiel von ihr ab, Wärme stieg in den kalten Raum. Die Heizung war so eingestellt, dass sie um sieben Uhr fünfzig anspringen würde. Sie mochte die Kälte am Morgen, mochte das frostige Kitzeln auf ihrem Gesicht, wenn sie heißen Tee trank.
    Sie setzte sich auf und blickte voller Abscheu auf die geschlossene Schlafzimmertür. Hier konnte sie nicht bleiben. Sie musste mal. Als ihr bewusstwurde, dass sie kaum die Augen geöffnet hatte und schon wütendwar, schüttelte sie den Rest Wärme von sich ab, stand auf, ging zum Kleiderschrank
und holte etwas zum Anziehen für sich heraus, eine frische Bluse, ein frischer Hosenanzug aus der Reinigung, noch in hauchdünnes Plastik eingeschweißt. Braun, ihr Anzug auf Nummer sicher, der, den sie auch bei Beurteilungsgesprächen trug. Als sie in die Hose und die Jacke schlüpfte, fühlte sie sich stärker, schlauer, gerüstet. Sie zog Socken und Schuhe an und blieb hinter der Tür stehen, ermahnte sich, endlich einfach fertig zu werden und zu gehen, sich nicht aufzuhalten, nicht zu reagieren.
    Im Badezimmer merkte sie, dass sie nach ihm horchte, übervorsichtig, wie bei einer Razzia. Sie wusch sich das Gesicht, nahm die Wimperntusche vom Regal hinter dem Waschbecken, schminkte sich, legte den Kopf in den Nacken und wich ihrem eigenen Blick aus, indem sie auf ihre Wimpern starrte. Die Toilettenspülung klang unverhältnismäßig laut und sie stand dort und sah in den Strudel im Abfluss. Wo auch immer er im Haus sein mochte, jetzt hatte er sie gehört, wusste, wo sie war.
    Als sie in den Flur hinunterging, lief kein Radio. Seine Computertasche war noch da, lehnte ordentlich an der Wand, seine Jacke hing an einem Garderobenhaken an der Tür. Sie ging am Tisch vorbei und sah seine Schlüssel in der Schale, aber er saß nicht in der Küche bei seinem immer gleichen Frühstück, und stand auch nicht an der Arbeitsplatte und schmierte sich sein Brot.
    Verstohlen trat sie wieder zurück in den Flur, tat, als suchte sie etwas in ihrer Tasche und wagte einen vorsichtigen Blick ins Wohnzimmer, doch auch dort war er nicht. Stirnrunzelnd setzte sie Teewasser auf, nahm Brot aus dem Kasten, ließ es in den Toaster plumpsen und drehte sich wieder um. Brian war im Garten, lag mit seinem Morgenmantel
bekleidet in einem der beiden alten Liegestühle, die sie von seinen Eltern geerbt hatten. Das Holz war morsch, und sie hatte sie wegwerfen wollen, aber er hatte darauf bestanden, sie zu behalten. Neben dem Liegestuhl lagen drei leere Bierflaschen einfach so im

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