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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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jetzt fett. Gerüchte besagten allerdings, sein Schwanz sei nicht dicker als eine Zigarette. »Der Große wird dich jetzt empfangen, Pat.«
    Vor Überraschung ganz benommen, folgte ihm Pat aus
dem Zimmer heraus und die Treppe hoch. Gordon war auch von hinten noch so fett, dass man von einer Stufe unter ihm aus seinen Nacken schon nicht mehr sehen konnte. Oben angekommen drehte sich Gordon zu Pat um und lächelte. »Übrigens schön dich hier zu sehen«, sagte er. Pat fand seltsam, wie er es sagte, so herzlich, als wäre Pat zu ihnen zurückgekehrt. Er ging zur Tür, klopfte zweimal für Pat an und gab den Weg in ein kleines Wohnzimmer frei.
    Wahrscheinlich war es dem Großen gar nicht bewusst, und Pat sah es auch nur, weil er so lange nicht mehr dort gewesen war, aber das winzige Wohnzimmer im ersten Stock war eine exakte Nachbildung des Hauses, in dem er gewohnt hatte. Ein brauner Sessel stand einem identischen zweiten zugewandt, der jetzt nach dem Tod seiner Frau allerdings leer war. Ein kleiner Fernseher stand auf einem Spitzendeckchen auf einer kleinen Holzkommode, die aus dem alten Haus stammte. Die Anrichte zeigte von der Tür weg, so wie in dem alten Zimmer, bevor er das Nachbarhaus gekauft und die Wand hatte einreißen lassen. Überall an den Wänden und versprengt im Raum, fanden sich die Symbole seines Clans, ein großes hölzernes Kruzifix an dem sich ein Messingchristus wand, Gebetstexte standen vor Andachtskerzen, ein gerahmtes Bild von Padre Pio hing an der Wand. Schulfotos der Tochter, mit Zahnlücken lächelnd.
    Der Große war nicht groß, aber breit, wie ein Profifußballer aus einer anderen Zeit, ein Terrier von einem Mann. Er sah Pat von seinem Sessel aus an, wirkte dabei alt aber immer noch vital, immer noch bedrohlich. »Mein Sohn …« Er nickte, lächelte fast, und Pat fragte sich, ob man ihn vermisst hatte. Das war unwahrscheinlich. Der Große hatte viele Neffen und Pats Mutter war schon lange tot. »Was willst du?«

    »Ähm.« Pat stand verlegen an der Tür, die Hände in den Taschen, am liebsten wäre er wieder gegangen. »Tut mir leid, dass ich gekommen bin …«
    Der Große winkte mit der Hand, gab ihm zu verstehen, dass er keine Zeit verschwenden solle.
    »Ich habe draußen einen Mietwagen stehen, den ich loswerden muss und ich brauche ein anderes Auto. Ich wusste nicht, zu wem ich sonst kommen sollte …«
    »Auf deinen Namen gemietet?«
    »Nein.«
    »Welche Marke?«
    »Lexus.«
    Der Große nickte. »Okay, sag Parki, ich hab gesagt, es ist okay, und dass du außerdem ein paar Tausend brauchst.« Er sah Pat erwartungsvoll an.
    »Oh … äh, vielen Dank.«
    »Ja?«
    Irritiert von der Reaktion sah sich Pat um.
    »Nein …?«, half ihm der Große auf die Sprünge, wandte ihm sein Ohr zu, wollte etwas hören. Pat runzelte die Stirn, er kam nicht drauf, was es war.
    »Entschuldigung?«
    Der Große gluckste auf bizarre Weise und sagte Pats Namen einige Male vor sich her. Er seufzte und sah ihn an. »Ich hab’s gewusst.« Er stand auf und ging zur Anrichte, griff hinein und nahm eine Flasche Johnny Walker Black Label heraus. Er schraubte den Deckel ab und schenkte jeweils einen Fingerbreit in zwei staubige Kristallgläser, hörte dabei nicht auf zu lächeln.
    Pat dämmerte es plötzlich, als hätte man ihm einen Schlag auf den Kopf verpasst. Der Große wusste Bescheid.
Er wusste von dem Transporter, den Waffen, dem Kissenbezug und er dachte, Pat wäre das klar gewesen, sonst hätte er ja mehr erzählt oder ihn raten lassen.
    Er reichte Pat ein Glas und führte das andere zum Mund.
    »Wie geht’s?«
    »Wie geht was?«
    »Die Sache. Mit Eddy, wie geht’s?«
    Pat hielt sich das Glas an den Mund und atmete eine Wolke bitteren Whisky ein.
    »Ihr könnt ja später kommen«, sagte der Große, »dann rechnen wir ab.«
    Sie schuldeten ihm Geld. Eddy schuldete dem Großen Geld. So waren sie an den Transporter, die Waffen, die neuen Klamotten und die verfluchte Tarnfarbe gekommen, die er sich, wenn es nach Eddy gegangen wäre, ins Gesicht hätte schmieren sollen. Pat hatte immer versucht, sich von all dem fernzuhalten und jetzt stellte sich heraus, dass sich Eddy die Kohle vom Großen hatte vorstrecken lassen und ihn von Anfang an beschissen hatte.
    »Gehst du denn auch noch brav in die Kirche?«, er sah Pat kritisch an, ernst, nickte als sei es ihm wirklich ein Anliegen.
    Pat kippte den Whisky auf einmal runter, keuchte. »Nein. Ich bin nicht gläubig.«
    Der Große hielt das Glas, trank aber nicht.

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