In der Stille der Nacht - Thriller
wollten?«
Bannerman zuckte mit den Schultern. »Nicht gerade naheliegend, der Ort hier.«
»Vielleicht kannten sie ihn gut.«
»Darauf kann man aber keine Fahndung aufbauen.« Bannerman zeigte auf den Boden. »Keine Spuren.«
Die Frage war ihr unangenehm, aber sie wollte es unbedingt wissen: »Was hat Omar sonst noch gesagt?«
Bannerman sah sie neugierig an, ihr Tonfall überraschte ihn und er wusste nicht, was er zu bedeuten hatte. »Nicht viel. Ich dachte erst, er war’s, aber …«
Schulterzuckend sah sie wieder Richtung Transporter. »Ich dachte auch, er war’s.«
Bannerman, der Zustimmung für Vertrautheit hielt, beugte sich sehr dicht zu ihr und holte Luft. Durch die plötzliche Nähe in Panik geraten, eilte sie zu dem dicken Polizisten, der die Absperrung bewachte.
Er fror und war immer noch nervös, ließ sich von allen Namen, Rang und Herkunft ansagen, schrieb alles ausführlich in sein Notizbuch, als würde er gerade eine Prüfung ablegen. Wahrscheinlich hatte er nicht viel Erfahrung mit der Sicherung von Tatorten. Er musste schon seit Ewigkeiten im Dienst sein, dachte Morrow, er war Anfang dreißig aber sein rötliches Gesicht und sein Übergewicht ließen ihn viel älter wirken. Auf dem Land alterten die Leute schneller.
Weil sie spürte, dass Bannerman hinter ihr näher kam, duckte sie sich unter dem Band hindurch und ging zum Eingang des Feldes, hielt sich auf der anderen Seite, abseits des Wegs, den jeder, der das Feld verlassen wollte, wahrscheinlich nehmen würde. Ein Farmer stand dort mit einem Polizisten, aber sie sah die beiden nicht an. Sie blickte zu Boden.
Das Mondlicht war so hell, dass die Spuren im Frost Schatten warfen: Reifenspuren zeichneten sich ab, ein geparktes Fahrzeug hatte eine rechteckige Fläche vor dem Frost geschützt und war dann davongefahren. Sie sah die Straße entlang, blinzelte und hockte sich hin.
Im Bodenfrost zeichneten sich undeutliche Fußstapfen ab, die von dem Wagen über das Feld führten und wieder zurück, ineinander getreten, einige Abdrücke mit tiefem Zickzackmuster auf den Sohlen, wie Armeestiefel, ungefähr Größe 42, andere mit flacher Sohle, wahrscheinlich von Mokassins, und ein paar Turnschuhe. Enttäuschend aber war,
dass sich vom überfrorenen Boden keine Abdrücke nehmen ließen.
Bannerman sah sie die Erde betrachten und schrie zu dem Polizisten am Absperrband: »Bring den Fotografen her, der soll Bilder machen, bevor die Spuren verschwinden.«
Der Polizist wirkte geschockt und verletzt, als wäre er ermahnt worden und wandte sich ab, um in sein Funkgerät zu sprechen.
Sie sah von den Fußspuren auf und entdeckte die tiefen Rillen der Reifenspuren. Neue Reifen, deutliche Zickzackmuster und tiefe Rillen, was schlecht war. Es war viel leichter, Abdrücke von abgefahrenen Reifen zu vergleichen, Scharten und Abnutzungen am Material konnten ebenso charakteristisch sein wie Fingerabdrücke, nur die fabrikneuen sahen alle gleich aus, und es gab nur wenige unterschiedliche Hersteller.
Bannerman stand hinter ihr und nickte ihrem Gedanken scheinbar beipflichtend zu. Sie verfolgten die Spuren wortlos, zeigten mal hierhin, mal dorthin, schüttelten die Köpfe und murmelten, hielten die Augen auf den Boden gerichtet. Sie folgten den Schritten bis zur Lücke in der Hecke und blickten auf die lange Strecke aufgewühlten Schlamms. Hier rissen die Fußspuren ab, der Boden war einfach zu matschig, aber Teile der Abdrücke waren dafür umso deutlicher erkennbar, eine einzelne Schuhspitze, ein Absatz, die Kante einer Sohle.
Morrow zog daraus so viele Schlussfolgerungen wie möglich: Drei verschiedene Fußpaare kamen auf sie zu, vermischt mit Spuren, die bereits dort gewesen waren, vielleicht von anderen, die gewartet hatten. Sie sah zurück, sortierte die gewonnenen Eindrücke: zwei Paar, die auf sie zukamen,
ein Gewühl von einander überschneidenden Abdrücken, wobei es sich offenbar um dieselben Sohlen handelte. Der Transporter wurde angezündet und auf der Straße fanden sich nur Spuren von neuen Reifen.
Schließlich fragte Bannerman: »Was siehst du da?«
Im Spurenlesen war er gut, das wusste sie, trotzdem wollte er entweder freundlich sein oder ihre Ideen klauen und als seine eigenen ausgeben. Fast hoffte sie, Letzteres träfe zu. »Zwei Täter«, sagte sie. »Dieselben Stiefel. Einen Augenblick lang dachte ich schon, sie hätten sich hier getroffen, aber das ist unwahrscheinlich. Zwei große Männer, ein Fahrer und eine Geisel. Sie hätten
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