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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Minuten bei den Anwars angerufen. Fahren Sie unter dem Vorwand, das Band abholen zu wollen, hin und nehmen Sie Bob noch einmal unter die Lupe.«

22
    Im Kofferraum spürte Aamir, dass es dort, wo sie hinfuhren, schlimm werden würde. Der Straßenbelag war holprig. Zunächst fuhren sie über aufgesprungenen Asphalt, dann über Schotter, die Reifen knirschten auf den kleinen Steinen, das war kein industriell hergestellter Schotter, sondern viele kleine unregelmäßige Natursteine.
    Der Fahrer bremste sanft ab und fuhr langsamer, damit der Lack nicht beschädigt wurde. Aamir erinnerte sich, dass es ein neues Auto war, das hatte er schon am Vorabend gerochen. Sie krochen die Straße noch knapp zwei Kilometer weiter bis Aamir keine anderen Autos mehr hörte, nur noch den Wind, der vorbeistrich und das entfernte Rauschen des Grases, Vögel.
    Der Wagen hielt. Das Motorengeräusch erstarb. Die Männer im Passagierraum sprachen in kurzen Sätzen. Sie stiegen aus und öffneten den Kofferraum, grelles Tageslicht drang herein. Einer piekste ihn an, damit er ausstieg, zog ihn am Nacken und Aamir stellte sich auf die Füße, spürte den Wind an den Händen und im Genick, kühl und feucht an seinen Beinen und Händen.
    Ein britischer Pass.
    Sie konnten nicht lesen, die Soldaten, sie sahen nur den marineblauen Umschlag und wussten, dass sie offiziell die Erlaubnis hatten, zu stehlen und alles zu tun, wozu sie Lust
hatten. Unterwegs zum Flughafen war es passiert, einen Tag vor Ablauf der neunzig Tage. Seinen älteren Bruder hatten sie zurückgelassen, er wollte das Haus bewachen. Nie wieder hatten sie etwas von ihm gesehen oder gehört. Aamir sah seine Mutter am Straßenrand stehen und schluchzen, der Inhalt ihres Koffers lag verstreut im roten Schmutz der Straße, grüne Hemden, alte Fotos von Verwandten, das bisschen Schmuck, das sie besaß, wurden ihnen abgenommen.
    Sie verschwanden alle hinter dem Laster und Aamir hörte sie: das Schluchzen seiner Mutter und das seltsame Lachen der Männer, sie lachten wie Männer lachen, die einer Stripperin zusehen oder über Sex reden, es war ein ganz bestimmtes Lachen, tief und verlegen. Und noch bevor sie wieder auf die Straße traten, die Reißverschlüsse ihrer Hosen zuzogen und bevor er das Blut sah, begriff er, dass sie seine Mutter gefickt hatten. Aamir saß ganz still im Taxi, starrte vor sich hin, durch den Soldaten hindurch, der auf der Kühlerhaube des Taxis saß und einen Zigarillo rauchte, und wusste, dass man sie töten würde.
    Sie sackte neben Aamir ins Taxi, presste sich den Sari fest auf den Mund und sah ihn nicht an. Einer der Soldaten schloss die Tür hinter ihr, blieb mit dem Oberkörper im Fenster hängen und berührte ihr Haar, weil er es konnte, ließ es zwischen Daumen und Finger hindurchgleiten, als handelte es sich um einen Stoff, den er für seine Frau kaufen wollte.
    Aamir spürte den kalten schottischen Wind und machte sich gefasst, presste das Kinn auf die Brust. Männer wie diese fuhren nicht grundlos aufs Land. Sie würden ihn töten. Er schloss die Augen, um zu beten und von einem tiefen dunklen Ort stieg eine kleine Blase aufrichtigen Gefühls in seine
Brust, ein altes Gefühl, eine afrikanische Staubwolke und der Geruch von Zigarillos. Das Gefühl war eindringlich und frisch, unverfälscht durch die Erinnerung. Dreißig Jahre lang war er vor dieser kleinen Blase davongelaufen, hatte sie mit Gebeten, Arbeit und Sorgen, mit Kindern, Handwerk und Essen verdrängt. Eine Staubwolke von der Straße zum Flughafen von Entebbe. Aamir öffnete die Augen unter dem Kissenbezug. Im Angesicht des Todes war sein letzter Gedanke ehrlich und rein. Das war eine Erleichterung.
    In Schottland zog ihn eine Hand grob am Arm, so dass er über die unebene Straße aus rissigem Beton stolperte, er stürzte vornüber, immer und immer wieder, um ein großes Gebäude herum, das den Wind abhielt, durch eine hohe offene Tür in den Schatten. Drinnen roch es feucht und abgestanden, nach Kälte, Schlamm und Feuchtigkeit. Es klang nach einem hohen großen Raum.
    Sie führten Aamir durch den Eingang, immer tiefer in die Dunkelheit, weg von der Tür und dem Geräusch des Windes. Sie führten ihn jetzt ruhig, über stählerne Bodenplatten, die irgendwie geriffelt waren, damit man nicht ausrutschte, er konnte es durch die Sohlen seiner Pantoffeln spüren. Schweigend führten sie ihn über Holzbretter, die nicht am Boden befestigt waren und unter seinem Gewicht wackelten, einige steile, klirrende

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