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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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war Sieger, aber zahlte nichts aus. Mr. Meyers war ärgerlich.
    «Man muß zweihundert Lire riskieren, um zwanzig zu gewinnen», sagte er. «Zwölf Lire für zehn. Das lohnt nicht. Meine Frau hat zwanzig Lire verloren.»
    «Ich geh mit dir runter», sagte Catherine. Die Italiener standen alle auf. Wir gingen hinunter zum Sattelplatz.
    «Gefällt's dir?» fragte Catherine.
    «Ja. Ich finde, es macht Spaß.»
    «Wahrscheinlich ist es ganz nett», sagte sie. «Aber Liebling, ich kann die vielen Leute nicht aushalten.»
    «Es sind doch gar nicht viele.»
    «Nein, aber diese Meyers und der Mann von der Bank mit seiner Frau und seinen Töchtern -»
    «Er löst meine Sichtwechsel ein», sagte ich.
    «Ja, aber wenn er es nicht täte, würde es ein anderer tun. Diese letzten vier Jungens waren schrecklich.»
    «Wir können ja hierbleiben und das Rennen vom Zaun aus ansehen.»
    «Das wäre herrlich. Und, Liebling, wir wollen auf ein Pferd setzen, von dem wir noch nie was gehört haben und auf das Mr. Meyers nicht setzt.»
    «Schön.»
    Wir setzten auf ein Pferd, das «Leicht für mich» hieß, das als viertes in einem Feld von fünfen endete. Wir lehnten am Zaun und sahen die Pferde vorbeikommen. Ihre Hufe dröhnten, als sie vorbeikamen, und wir sahen die Berge in der Ferne und Mailand jenseits der Bäume und Felder.
    «Ich fühl mich so viel sauberer», sagte Catherine. Die Pferde kamen durch das Gatter naß und schwitzend zurück, die Jockeys beruhigten sie und ritten zu den Bäumen hinauf, um dort abzusteigen. «Möchtest du nicht was trinken? Wir könnten hier was trinken und dabei die Pferde sehen.»
    «Ich werde was holen», sagte ich.
    «Der Junge wird's herbringen», sagte Catherine. Sie hielt die Hand hoch, und der Junge kam aus der Pagoda Bar neben den Ställen heraus. Wir setzten uns an einen runden, eisernen Tisch.
    «Findest du's nicht viel netter, wenn wir allein sind?»
    «Ja», sagte ich.
    «Ich fühlte mich so einsam, als all die Leute da waren.»
    «Hier ist es herrlich», sagte ich.
    «Ja, es ist wirklich ein hübscher Rennplatz.»
    «Es ist hübsch.»
    «Ich will dir aber den Spaß nicht verderben, Liebling. Ich geh mit dir zurück, wenn du willst.»
    «Nein», sagte ich. «Wir wollen hier bleiben und trinken. Dann wollen wir runtergehen und bei der Steeplechase am Wassergraben stehen.»
    «Du bist schrecklich gut zu mir», sagte sie.
    Nachdem wir eine Zeitlang allein gewesen waren, freuten wir uns, die anderen wiederzusehen. Wir genossen die Tage.

09
    Im September kamen die ersten kühlen Nächte, dann wurden die Tage kühl, und die Blätter auf den Bäumen im Park fingen an, die Farbe zu wechseln, und wir wußten, der Sommer war vorbei. An der Front stand es schlecht, und San Gabriele wurde nicht erobert. Die Kämpfe auf dem Bainsizza-Plateau waren vorbei, und Mitte des Monats waren auch die Kämpfe um San Gabriele so gut wie beendet. Man konnte es nicht nehmen. Ettore war an die Front zurückgegangen. Die Pferde waren nach Rom gebracht worden, und es gab keine Rennen mehr. Crowell war auch nach Rom gefahren, um sich nach Amerika zurückschicken zu lassen. Zweimal gab es in der Stadt Meutereien gegen den Krieg und ernste Meutereien in Turin. Ein englischer Major erzählte mir im Club, daß die Italiener auf dem Bainsizza-Plateau und bei San Gabriele hundertundfünfzigtausend Mann verloren hätten. Er sagte, daß sie außerdem noch vierzigtausend auf dem Carso eingebüßt hätten. Wir tranken zusammen, und er erzählte. Er sagte, daß in diesem Jahr hier unten nicht mehr gekämpft würde und daß die Italiener sich mehr vorgenommen hatten, als sie verkraften konnten. Er sagte, die Offensive in Flandern wende sich zum Schlechten, und wenn es weiter so viele Tote gäbe wie in diesem Herbst, würden die Alliierten im nächsten Jahr erledigt sein. Er sagte, wir wären alle erledigt, aber solange wir es nicht wüßten, wäre es gut. Wir wären alle erledigt. Man durfte es nur nicht bemerken. Das Land, das als letztes merken würde, daß es erledigt sei, würde den Krieg gewinnen. Wir tranken noch einen. Ob ich bei irgendeinem Stab sei? Nein. Er ja. Es sei alles Mist. Wir waren allein im Club und saßen zurückgelehnt in einem der großen Ledersofas. Seine Stiefel waren aus blank geputztem, stumpfem Leder. Es waren herrliche Stiefel. Er sagte, es sei Mist. Sie dachten nur in Divisionen und Menschenmaterial. Sie rauften sich alle um Divisionen und trieben sie nur in den Tod, wenn sie sie bekamen. Sie waren alle

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