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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Geschütze in den Wäldern auf jenem Kamm, aber es feuerten nur wenige. Ich beobachtete die plötzlichen runden Wölkchen von Schrapnellrauch am Himmel über einem zerstörten Bauernhof dicht an der vordersten Linie; weiche Wölkchen mit einem gelbweißen Flammenkern. Man sah das Aufflammen, hörte dann das Bersten und sah dann den Rauchball verzogen und dünn im Wind. In den Trümmern der Häuser und auf der Straße neben dem zerstörten Haus, in dem wir stationiert waren, gab es viele eiserne Schrapnellkugeln, aber an jenem Nachmittag wurde unsere Station nicht beschossen. Wir beluden zwei Wagen und fuhren die mit nassen Matten abgedeckte Straße hinunter, und die letzten Strahlen der Sonne fielen durch die Ritzen zwischen den Matten. Bevor wir hinter dem Berg auf der offenen Straße ankamen war die Sonne untergegangen. Wir fuhren die offene Straße entlang, und als sie bei einer Biegung ungeschützt dalag und wir in den viereckigen, gewölbten Mattentunnel einbogen, begann es wieder zu regnen. In der Nacht erhob sich ein starker Wind, und um drei Uhr morgens bei strömendem Regen wurden wir beschossen, und die Kroaten kamen über die Bergwiesen und durch kleine Waldungen und in die vordersten Gräben. Sie kämpften im Dunkeln im Regen, und ein Gegenangriff von verängstigten Soldaten der zweiten Linie warf sie zurück. Es wurde viel geschossen, viele Raketen im Regen und Maschinengewehr- und Gewehrfeuer die ganze Linie entlang. Sie kamen nicht wieder, und es wurde ruhiger, und zwischen den Windstößen und Regenböen konnten wir den Lärm einer großen Schießerei weit weg im Norden hören. Die Verwundeten wurden eingeliefert, manche wurden auf Bahren getragen, manche gingen und manche wurden von Männern auf dem Rücken über das Feld gebracht. Sie waren naß bis auf die Haut und alle verängstigt. Wir füllten zwei Wagen mit Schwerverwundeten, so wie sie der Reihe nach aus dem Keller unserer Station heraufkamen, und als ich die Tür des zweiten Wagens schloß und befestigte, fühlte ich den Regen auf meinem Gesicht sich in Schnee verwandeln. Die Flocken fielen schwer und schnell im Regen.
    Als es Tag wurde blies der Sturm immer noch, aber es hatte aufgehört zu schneien. Der Schnee war geschmolzen, als er auf den nassen Boden gesunken war, und jetzt regnete es wieder. Gleich nach Tagesanbruch gab es einen zweiten Angriff, aber er war erfolglos. Wir erwarteten den ganzen Tag über einen Angriff, aber er kam erst, als die Sonne unterging. Die Schießerei begann im Süden unter dem langen, bewaldeten Kamm, wo die österreichischen Geschütze zusammengezogen waren. Wir erwarteten eine Beschießung, aber sie kam nicht. Es wurde dunkel. Kanonen feuerten von dem Feld hinter dem Dorf, und die wegsausenden Granaten hatten einen gemütlichen Ton.
    Wir hörten, daß der Angriff weiter südlich erfolglos gewesen sei. Sie griffen in jener Nacht nicht an, aber wir hörten, daß sie im Norden durchgebrochen waren. In der Nacht kam der Befehl, daß wir uns auf den Rückzug vorbereiten sollten. Der Hauptmann unserer Station sagte es mir. Er wußte es von der Brigade. Etwas später kam er ans Telefon und sagte, es wäre alles gelogen gewesen. Die Brigade hätte Befehl bekommen, die Linie der Bainsizza unter allen Umständen zu halten. Ich fragte wegen des Durchbruchs, und er sagte, er hätte bei der Brigade gehört, daß die Österreicher durch das 27. Armeekorps in der Richtung auf Caporetto durchgebrochen seien. Im Norden sei den ganzen Tag über eine große Schlacht gewesen. «Wenn diese Scheißkerle sie durchlassen, sind wir geliefert», sagte er.
    «Es sind Deutsche, die angreifen», sagte einer der Sanitätsoffiziere. Das Wort Deutsche war etwas, was einem Angst machte. Wir wollten nichts mit den Deutschen zu tun haben.
    «Es sind fünfzehn Divisionen Deutsche», sagte der Sanitätsoffizier. «Sie sind durchgebrochen, und wir sind abgeschnitten.»
    «Bei der Brigade sagt man, daß diese Stellung gehalten werden soll. Sie sagen, der Durchbruch sei nicht schlimm gewesen, und daß wir vom Monte Maggiore eine Linie über die Berge halten würden. »
    «Wo haben Sie das gehört?»
    «Von der Division.»
    «Der Befehl, daß wir zurückgehen sollen, kam von der Division.»
    «Wir unterstehen dem Armeekorps», sagte ich. «Aber hier unterstehe ich Ihnen. Selbstverständlich werde ich gehen, wenn Sie es mir sagen. Aber sorgen Sie für einen eindeutigen Befehl.»
    «Der Befehl sagt, daß wir hierbleiben sollen. Sie transportieren die

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